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Corona-KriseViele Verbraucher überschuldet – so läuft eine Privatinsolvenz ab

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In Folge der Corona-Krise haben sich viele Unternehmen überschuldet. Konjunkturexperten befürchten ab Herbst einen deutlichen Anstieg der Firmenpleiten um bis zu 20 Prozent.

Berlin/Düsseldorf/Köln – Vor einer Privatinsolvenz sollten sich Verbraucher nicht scheuen: Das Ziel ist schließlich, wieder schuldenfrei zu werden. Auch ohne Coronakrise geraten jedes Jahr viele Privatpersonen in die Überschuldung, so waren es im Januar 2020 laut Creditreform deutschlandweit 6,92 Millionen Verbraucher. Je früher sie reagieren und sich Hilfe suchen, desto schneller werden sie ihre Geldsorgen wieder los. Wie genau eine Privatinsolvenz abläuft, was gepfändet wird und wie viel Geld Verbraucher in dieser Zeit verdienen dürfen, erklären Experten.

Wann ist der Zeitpunkt gekommen, an dem man sich Hilfe suchen sollte?

„Je früher Betroffene zu einer Schuldnerberatung gehen und sich beraten lassen, desto besser“, sagt Frank Wiedenhaupt von der Bundesarbeitsgemeinschaft Schuldnerberatung. Also etwa schon, wenn sie ständig in den Dispo rutschen oder ihr Einkommen so gesunken ist, dass sie die Miete nicht mehr zahlen können.

„Wichtig ist, darauf zu achten, dass es sich um eine anerkannte Schuldnerberatung handelt“, betont Christoph Zerhusen von der Verbraucherzentrale Nordrhein-Westfalen. Anerkannt sind unter anderem die Schuldnerberatungen der Verbraucherzentralen und der Wohlfahrtsverbände. Daneben können zum Beispiel Anwälte Schuldnerberater sein.

Was passiert bei einer Schuldnerberatung?

„Beim ersten Gespräch wird eine Bestandsaufnahme der Einnahmen, Ausgaben und Schulden gemacht“, erläutert Roman Schlag vom Caritasverband für das Bistum Aachen. Der Berater prüft, ob der Wohnraum und die Energieversorgung des Schuldners gesichert sind, das Geld zum Leben reicht und ob Sozialleistungsansprüche bestehen.

Erste Wahl ist dann die außergerichtliche Einigung: Den Gläubigern wird die Situation geschildert und vorgeschlagen, dass der Betroffene seine Schulden in einem bestimmten Zeitraum in Raten abzahlt.

Wann muss ein Verbraucher Privatinsolvenz anmelden?

Die außergerichtliche Einigung scheitert, wenn auch nur ein Gläubiger ablehnt, dass die Schulden in einem bestimmten Zeitraum in Raten abgezahlt werden. „Dann bleibt dem Betroffenen nichts anderes übrig, als beim zuständigen Gericht seine Verbraucherinsolvenz als Schuldenbereinigungsverfahren zu beantragen“, erläutert Schlag. Auch dabei hilft der Schuldnerberater. „Die Kosten des Verfahrens liegen bei bis zu 3000 Euro und gehen zu Lasten des Schuldners“, so Schlag.

Wie lange dauert ein Insolvenzverfahren?

Seit Jahresbeginn dauert eine Privatinsolvenz drei Jahre, nach dieser Dauer werden Verbraucher von ihren Restschulden befreit. Zuvor dauerte das Verfahren in der Regel sechs Jahre und wurde nur unter bestimmen Voraussetzungen verkürzt. Bei einer Reform des Insolvenzrechts im Oktober 2020 wurde die Verfahrensdauer nun regulär reduziert, den Anstoß hatte eine neue EU-Richtlinie gegeben. Das sei eine überschaubarer Zeit, sagt Christoph Zerhusen, Experte für Verbraucherinsolvenzrecht der Verbraucherzentrale NRW. Er hofft, dass das einen Anreiz für überschuldete Verbraucher darstellt. Eine Welle von Insolvenzanträgen zeichne sich aber nicht ab.

Welche Regeln gelten für die Zeit der Insolvenz und stimmt es, dass alles verpfändet wird?

Während des Insolvenzverfahrens pfändet ein Insolvenzverwalter als Treuhänder so viel verwertbares Vermögen wie möglich und zahlt den Ertrag an die Gläubiger aus. „Pfändbar sind zum Beispiel Schmuck des Schuldners oder teure Fahrzeuge“, sagt Zerhusen. Doch keine Sorge: Ein Auto, mit dem ein Betroffener zwingend zur Arbeit fahren muss, bleibt. Gleiches gilt beispielsweise für eine einfache Armbanduhr oder den Ehering.

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Neue Schulden darf der Schuldner während des Insolvenzverfahrens nicht machen. „Ist er arbeitslos, muss er sich nachweisbar um einen zumutbaren Job bemühen“, sagt Wiedenhaupt. Heiratet er, zieht um oder ändern sich die Lebensverhältnisse aus anderen Gründen, muss der Schuldner dies dem Gericht und dem Insolvenzverwalter mitteilen.

Wie viel Geld bleibt dem Verbraucher noch zum Leben?

In der sogenannten Wohlverhaltensphase muss der Schuldner mit einem Mindestsatz an Gehalt auskommen. Der Rest fließt an die Gläubiger. Über wie viel Geld der Verschuldete verfügen darf, hängt unter anderem davon ab, wie viele Kinder er zu versorgen hat. Der Wert geht aus der Pfändungstabelle hervor, die das BMJV veröffentlicht. Die folgenden Werte gelten bis Ende Juni, eine neue Tabelle ist noch nicht öffentlich.

Ein paar Beispiele: Ein kinderloser Schuldner muss einen Teilbetrag seines Gehalts abgeben, wenn er mehr als 1180 Euro netto im Monat verdient. Bei einem Nettolohn von 1500 Euro würden beispielsweise 224,99 Euro im Monat gepfändet. Ein Schuldner mit zwei Kindern, der 2200 Euro netto verdient, müsste 140,20 Euro monatlich abgeben. Verdient er weniger als 1870 Euro, fällt er unter die Pfändungsfreigrenze und muss davon nicht noch etwas abgeben. Für Schuldner mit einem Kind liegt diese Grenze bei 1630 Euro monatlichem Nettolohn, die er pfändungsfrei verdienen darf, mit drei Kindern bei 2120 Euro und für vier Kinder bei 2370 Euro. Bei fünf oder mehr Kindern sind es 2620 Euro.

Die notwendige Bescheinigung stellt die Schuldnerberatungsstelle aus. Damit die Pfändungsfreigrenzen eingehalten werden, braucht der Schuldner aber unbedingt ein Pfändungsschutzkonto, kurz P-Konto. Dafür beantragt er bei seinem Kreditinstitut, das Girokonto in ein P-Konto umzuwandeln.

Das Ziel des Insolvenzverfahrens: Nach Abschluss der Wohlverhaltensphase wird der Schuldner von seinen Restschulden befreit – er wird schuldenfrei. (bbm/dpa/tmn)