Böller und Feuerwerk sind nicht nur laut, sondern auch eine enorme Belastung für die Umwelt. Was beim Abbrennen passiert.
SilvesterWeco kündigt nachhaltige Raketen an – Wie wirkt Feuerwerk auf Mensch und Umwelt?
Die einen freuen sich das ganze Jahr darauf, die anderen verteufeln es als umweltschädlich und gefährlich: Beim Feuerwerk scheiden sich die Geister. Doch was wäre, wenn es nachhaltiges Feuerwerk gäbe? Genau das hat der Eitorfer Feuerwerkshersteller Weco angekündigt. Weco will sein gesamtes Sortiment biologisch abbaubar produzieren. Was bedeutet dieser Schritt Richtung Umweltschutz von Weco, Deutschlands einzigem industriellen Feuerwerk-Hersteller?
Weco verspricht nachhaltiges Feuerwerk für Silvester
90 Prozent der Feuerwerkskörper bestünden bereits aus Altpapier und Holz, heißt es in einer Mitteilung des Unternehmens. Das gilt laut des Bundesverbands für Pyrotechnik und Kunstfeuerwerk (BVPK) für die gesamte deutsche Branche. Ziel sei es, Kunststoff vollständig zu ersetzen. „Damit wollen wir unseren Beitrag leisten und mehr Verantwortung im Klimawandel übernehmen“, wird Weco-Geschäftsführer Thomas Schreiber darin zitiert. Allerdings fordert das ab 2027 auch das in diesem Jahr verabschiedete Gesetz für den Einwegkunststofffonds von den Herstellern.
Dafür ersetzt Weco schon beim diesjährigen Sortiment eine Plastik-Kappe auf den Raketenhülsen durch Pappe und verzichtet nach eigenen Angaben auch bei Zündschnurabdeckungen, Verpackungen und Bauteilen wie Standfüßen auf Kunststoff. Die Hälfte der Weco-Produkte bestünden zu 100 Prozent aus natürlichen Rohstoffen und Altpapier. Auch die Emissionen der Raketen und Böller thematisiert der Hersteller: „Fraglos sind Treibhausgase wie Kohlendioxid aus fossilen Quellen klimaschädlich. Beim Abbrand von Feuerwerkskörpern entsteht allerdings nur wenig CO2“.
Was sind ökologisch negative Auswirkungen von Feuerwerk?
Aber ist die Aussage so wirklich korrekt? Das Umweltbundesamt bitte darum, „zur Verminderung der Feinstaubbelastung und des Lärms in der Silvesternacht“ auf Feuerwerk zu verzichten: „Schränken Sie Ihr persönliches Feuerwerk ein oder verzichten bestenfalls sogar ganz darauf“, lautet das Fazit einer in diesem Monat veröffentlichten Broschüre.
Der Müll, der in der Silvesternacht entsteht, ist ein Kritikpunkt des Umweltbundesamts am Feuerwerk. Es bezieht sich auf den Verband kommunaler Unternehmen (VKU), nach dem 1100 Mitarbeitende am 1. Januar allein die fünf größten deutschen Städte (Berlin, Hamburg, München, Köln und Frankfurt am Main) von 191 Tonnen Abfällen befreiten. Der VKU, zu dem auch die Abfallwirtschaftsbetriebe Köln gehören, gibt zur Entsorgung von Raketenresten an: „Abgebrannte Feuerwerkskörper, Mehrschussbatterien und Böller müssen im Restmüll entsorgt werden. Auch Pappröhren, die in Feuerwerkskörpern verarbeitet wurden oder gezündete Mehrschussbatterien aus Pappe gehören zwingend in die graue Tonne.“ Denn in den Feuerwerksresten seien noch immer Chemikalien enthalten.
CO2, das durch Raketen ausgestoßen wird, schätzt auch das Umweltbundesamt als vergleichsweise unerheblich ein: Das Silvesterfeuerwerk sei mit 0,00013 Prozent an den jährlichen deutschen Treibhausgasemissionen beteiligt.
Lärm durch Böller sehen nicht nur Umweltschützer durch ihren Einfluss auf Wild, auch Tierhalter und Ärzte kritisch. Die Stadt Köln richtet deshalb in der Innenstadt eine Verbotszone für Pyrotechnik, die ausschließlich Krach macht, ein.
Der entstandene Feinstaub ist am gefährlichsten
Die Feinstaubbelastung durch Feuerwerk in der Silvesternacht und dem darauffolgenden Tag ist laut Böller-Gegnern am gefährlichsten. Jährlich würden rund 2050 Tonnen Feinstaub (PM10, Partikel mit einem Durchmesser von weniger als zehn Mikrometern) durch das Abbrennen von Feuerwerkskörpern freigesetzt – 1700 Tonnen, also 75 Prozent davon, in der Silvesternacht, schreibt das Umweltbundesamt. „Diese Mengen entsprechen knapp einem Prozent der insgesamt in Deutschland freigesetzten PM10-Menge pro Jahr“, heißt es in der Broschüre.
Das Umweltbundesamt kommt anhand von Auswertungen von Luftdaten zu dem Schluss, dass am ersten Tag des neuen Jahres die Luftbelastung mit gesundheitsgefährdendem Feinstaub vielerorts so hoch sei, wie sonst im ganzen Jahr nicht. Und atmen Menschen Feinstaub ein, gefährdet er die Gesundheit, auch Ärzteverbände warnen davor. Besonders vorbelastete Menschen mit Atemwegserkrankungen kann er schaden.
Problem Feinstaub: Wie gefährlich ist die Belastung wirklich?
Der BVPK gibt zu bedenken, dass die Feinstaubbelastung durch Feuerwerk nur für wenige Stunden bestehe und diese Partikel aus überwiegend wasserlöslichen Salzverbindungen bestehe, deren Toxikologie durch die EU eingegrenzt sei.
Das sagt nicht nur der Pyrotechnik-Verband. Achim Dittler, Leiter des Instituts Gas-Partikel Systeme am Karlsruher Institut für Technologie sagte „Tagesschau.de“ vergangenes Jahr, der Anteil der Feinstaubbelastung durchs Feuerwerk sei mit Blick auf das gesamte Jahr zu vernachlässigen, obwohl die Belastung lokal ein bis zwei Tage hoch sein könne. „Im Vergleich jedoch zu dem, was Menschen in Wohngebieten an viel mehr Tagen im Jahr zum Beispiel durch Holzöfen ausgesetzt sind, spielt die Belastung durch Feuerwerkskörper eine untergeordnete Rolle“, sagte er.
Feuerwerk verkauft hat Weco 2023 wieder „außerordentlich gut“
Die Debatte um den Einfluss von Feuerwerk auf die Umwelt kocht seit einigen Jahre kurz vor Silvester hoch. Das Umweltbundesamt antwortet auf die Frage, ob es ökologisches Feuerwerk gebe, mit einem Nein, weil das Abbrennen der gewünschte Effekt bei Pyrotechnik sei und bei diesem eben Feinstaub freigesetzt werde. Trotzdem bleibt Weco beim Kurs, an den anderen möglichen Stellschrauben Richtung Mensch- und Umweltschutz zu drehen.
Gekauft werden die Feuerwerkskörper so oder so: Nach zwei Jahren coronabedingter Feuerwerkspause verzeichnete Weco schon 2022 wieder deutlich bessere Zahlen. Normalerweise gibt der Handel etwa 20 Prozent der auf Kommission bezogenen Waren zurück an den Hersteller, doch im vergangenen Jahr gab es so gut wie keine Rückläufer, sagte Vertriebsleiter Oliver Gerstmeier der dpa. Auch dieses Verkaufsjahr sei bislang „außerordentlich gut“ verlaufen.