AboAbonnieren

Sprachwissenschaftler klärt aufJeder Vierte sagt „Kwarantäne“ – ist das richtig?

Lesezeit 3 Minuten
107026371

Die Anwort auf die richtige Aussprache steht nicht im Duden.

  1. Aber bitte mit Stil! In unserer Kolumne „Wie geht’s?“ dreht sich alles um das richtige Verhalten. Ob bei offiziellen Anlässen, beim Essen, im Gespräch oder vor dem Kleiderschrank.
  2. Protokollchefin i.R. Ingeborg Arians, Redakteurin und Modeexpertin Eva Reik, Restaurant-Chef Vincent Moissonnier sowie Sprachwissenschaftler Anatol Stefanowitsch schreiben abwechselnd über das richtige und stilvolle Auftreten.
  3. Diesmal erklärt Anatol Stefanowitsch, wie man das Wort Quarantäne ausspricht. Eine eindeutige Lösung gibt es nicht – aber eine klare Empfehlung.

KölnSeit Monaten hören wir das Wort Quarantäne mit „Ka“ ausgesprochen. Ich spreche dieses Wort aber mit „Qua“ aus, so wie ich es vor Jahren in meiner Krankenpflegeausbildung gelernt habe. Auch andere Wörter, die mit Qu beginnen, werden ja so ausgesprochen – Qualle, Quark, Qualität, Quiz usw. Wieso macht Quarantäne da eine Ausnahme?(Rosmarie Müller-Winterstein)

Um Ihre Frage zu beantworten, könnten wir verschiedene Aussprachewörterbücher zu Rate ziehen. Für Deutschland stellt das Deutsche Aussprachewörtebuch fest, dass „Karantäne“ die einzig richtige Aussprache sei, für die Schweiz verzeichnet es auch die Alternative „Kwarantäne“, und das Österreichische Aussprachewörterbuch lässt „Kwarantäne“ ebenfalls als Nebenform gelten. Wir könnten uns also wenigstens für Deutschland auf die Wörterbücher berufen und darauf bestehen, dass „Karantäne“ die richtige Aussprache ist.

Neuer Inhalt

Anatol Stefanowitsch

Allerdings müssen wir uns fragen, wie die Wörterbücher zu ihren Aussagen kommen. Bei der Rechtschreibung ist das klar: Der Rat für Deutsche Rechtschreibung gibt Empfehlungen, die Kultusministerkonferenz trifft Entscheidungen, und Bund und Länder machen daraus Verwaltungsvorschriften. Die gelten dann streng genommen nur für Schulen und Behörden, aber die Verlage – auch die Wörterbuchverlage – schließen sich weitgehend an. Und weil wir nicht als ungebildet dastehen wollen, orientieren wir uns eben an den Wörterbüchern.

Ein Viertel der Deutschen sagt „Kwarantäne“

Bei der Aussprache ist es komplizierter, denn wir haben ja keinen „Rat für deutsche Aussprache“. Die Wörterbücher verzeichnen hier im Prinzip nur das, was ihre Macher wahrnehmen – also die basisdemokratische Mehrheitsentscheidung der Sprachgemeinschaft.

Das könnte Sie auch interessieren:

Bei dem Wort „Quarantäne“ funktioniert das nicht: Sie sind nicht die einzige, die sich über die Aussprache wundert. Mein Dresdner Kollege Simon Meier-Vieracker hat herausgefunden, dass im Schnitt rund ein Viertel der Deutschen „Kwarantäne“ sagen. Dabei gibt es regionale Unterschiede: Im Nordwesten sind es nur etwa zehn Prozent, im Osten um die vierzig Prozent, und in Bayern sogar die Hälfte. Zu viele, um von einem Fehler zu sprechen. Auch für Deutschland müssten die Wörterbücher beide Varianten verzeichnen. Sprache ist lebendig und vielfältig, und sie hält es problemlos aus, wenn es nicht überall eindeutige Regeln gibt.

Zwei Gründe sprechen für „Karantäne“

Aber für den Fall, dass Sie sich einen eindeutigen Ratschlag erhofft hatten, nenne ich Ihnen zwei Gründe, die dafür sprechen, doch die Form „Karantäne“ zu bevorzugen. Der erste Grund ist der, aus dem wir auch der amtlichen Rechtschreibung folgen: Wir möchten nicht als ungebildet dastehen, und wenn die Mehrheit „Karantäne“ für richtig hält, haben wir weniger zu befürchten, wenn wir es ebenso halten.

„Wie geht’s?“

In unserer Kolumne beantworten vier Experten abwechselnd in der Zeitung Ihre Fragen zum stilsicheren Auftreten in allen Lebenslagen. Ingeborg Arians, Protokollchefin der Stadt Köln a.D., weiß, wie man sich bei offiziellen Anlässen richtig verhält. Journalistin Eva Reik kennt sich bestens aus mit Mode und der passenden Kleidung zu jeder Gelegenheit. Vincent Moissonnier, Chef des gleichnamigen Kölner Restaurants, hat die perfekten Tipps zu Tischmanieren ohne Etepetete. Und Anatol Stefanowitsch, Professor für Sprachwissenschaft, sagt, wie wir mit Sorgfalt, aber ohne Krampf kommunizieren. (jf)

Senden Sie uns Ihre Fragen bitte per Mail an:Stilkolumne@dumont.de

Der zweite Grund ist, dass wir uns damit traditionsbewusst verhalten und in guter internationaler Gesellschaft bewegen: Das Wort Quarantäne existiert in vielen europäischen Sprachen und wird meist mit einem „ka“ gesprochen. Nur im Italienischen, Spanischen, Polnischen und Englischen steht ein „kwa“ bzw. „kua“ am Anfang. Das liegt daran, dass das Wort ursprünglich aus dem Italienischen stammt, wo es „kuarantena“ ausgesprochen wird. Das Spanische, Polnische und Englische haben es von dort übernommen. Die übrigen europäischen Sprachen – auch die deutsche – haben es (manchmal über Umwege) aus dem Französischen entlehnt, wo Wörter, die mit „qu“ geschrieben werden, mit „ka“ gesprochen werden.