Temu setzt auf aggressive Werbung und erstaunliche Preise. Das ruft jetzt sogar die Bundesregierung auf den Plan.
Jugendliche gefährdetBundesregierung warnt vor chinesischem Shopping-Portal Temu
Es klingt verlockend, kann aber mit einer bitteren Enttäuschung enden: Chinesische Shopping-Apps werben mit unschlagbar günstigen Preise, aber oft hält die Ware nicht das, was versprochen wird. Insbesondere die Plattform Temu ist seit rund einem Jahr stark auf dem deutschen Markt vertreten. Allerdings ruft deren Geschäftsgebaren nun sogar das Bundesministerium für Verbraucherschutz auf den Plan – mit einer Warnung.
Verbraucherschutz-Staatssekretärin Christiane Rohleder sagte der Deutschen Presse-Agentur, Temu schaffe manipulative Kaufanreize. „Spiele, Glücksräder, Rabatt-Countdowns et cetera suggerieren unglaubliche Rabatte und Schnäppchen“, so Rohleder. Dadurch würden Bedürfnisse geweckt, und das in völlig neuem Ausmaß. Besonders problematisch sei der Fokus auf eine sehr junge Zielgruppe.
Im Digitale Dienste-Gesetz (DSA) der EU sei die manipulative Gestaltung von Online-Plattformen verboten worden. „Daher ist es wichtig, dass diese Regelungen jetzt auch durchgesetzt werden“, so Rohleder. Die Praktiken von Temu seien manipulativ und machten süchtig.
Bereits zuvor hatte das Bundesverbraucherministerium von Ressortchefin Steffi Lemke (Grüne) scharfe Kritik an Temu geübt. Hintergrund hierfür war eine Mängelliste des Verbraucherzentrale-Bundesverbands (VZBV). Die Verbraucherzentrale prüft derzeit rechtliche Schritte gegen Temu.
EU-Gesetz soll gegen China-App Temu wirken
Seit dem 17. Februar 2024 gelten die neuen Vorschriften für alle Plattformen. Das Digital Services Act (DSA) zielt laut EU darauf ab, eine „sicherere und gerechtere Online-Welt aufzubauen“. Verbraucher können illegale Inhalte, Waren oder Dienstleistungen leichter melden. Außerdem müssen Online-Plattformen, die für Minderjährige zugänglich sind, angemessene und verhältnismäßige Maßnahmen ergreifen, um die Privatsphäre, Sicherheit und den Schutz von Minderjährigen innerhalb ihres Dienstes zu gewährleisten.
Temu wird von Verbraucherschützern vorgeworfen, insbesondere Jugendliche durch willkürlich erscheinende Rabatte, fragwürdige Bewertungen und manipulative Designs zu verunsichern.
Verbraucherschützer erwägen Klage gegen Temu
Temu suggeriere Verbraucherinnen und Verbrauchern beispielsweise zudem, dass sich der CO₂-Fußabdruck verringere, wenn die bestellten Waren nicht nach Hause, sondern zu einer Abholstelle geliefert werden. Dabei hätten die Produkte bis zur Zustellung bereits lange Wegstrecken zurückgelegt. Ferner kritisieren Verbraucherschützer, dass Kunden während des Bestellens mit eingeblendeten Hinweisen wie „Beeile dich!“ unter Druck gesetzt würden.
Die Verbraucherzentrale erwägt daher sogar eine Klage gegen Temu, hinter dem der Konzern Whaleco Technology Limited mit Sitz in Irland steht. Ihre Ursprünge hat die Whaleco Technology Limited in China bei der E-Commerce-Plattform Pinduoduo.
Temu wehrte sich gegen die von den Verbraucherschützern erhobenen Vorwürfe: „Viele unserer Verkäufer sind Hersteller, die traditionell stationäre Geschäfte beliefern“, teilte eine Sprecherin mit. Man verwende ihre empfohlenen Preise, die auf denen in den Geschäften basierten, und hebe auf dieser Basis die Einsparungen hervor.
Temu tritt nicht selber als Verkäufer auf
Zum Hintergrund: Temu tritt nicht selber als Verkäufer auf, sondern stellt den Händlern seine Plattform als Marktplatz zur Verfügung. Da es keine Zwischenhändler gibt und direkt zwischen chinesischen Herstellern und deutschen Käufern vermittelt wird, sind die Preise niedrig. Zoll entfällt, da für kleine Pakete, die per Luftpost verschickt werden und einen Wert von 150 Euro nicht überschreiten, keine Gebühren gezahlt werden.
Die Temu-App gehört zu den am meisten heruntergeladenen der letzten Monate. Geworben wird in Suchmaschinen, über Social-Media-Kanäle und über die App selbst.
Neben dem manipulativen Geschäftsgebaren steht Temu auch wegen oft mangelhafter Qualität der Produkte in der Kritik. Bei Kleidung stimmen die Größen nicht, Haushaltsgegenstände sind mangelhaft verarbeitet. Das CE-Zeichen, mit dem sich europäische Hersteller zur Einhaltung von Anforderungen an Sicherheit, Gesundheit und Umweltschutz verpflichten, ist zudem oft nicht vorhanden oder sogar gefälscht. (cme, mit dpa)