Züge in NRW sind immer wieder zu spät. Wir erklären, was bei Baustellen gilt, wann Fahrgäste Geld bekommen und Taxi oder ICE nutzen können.
Regionalzug fahrenWelchen Nachteil man bei Verspätungen mit dem Deutschlandticket hat
Ob Baustelle oder die berühmte „Verzögerung im Betriebsablauf“: Gründe für verspätete Züge gibt es reichlich. Fahrgästen stehen dann einige Rechte zu. Nicht nur im Fern-, sondern auch im Nahverkehr. Ob ICE, RE oder S-Bahn: Wir erklären, was Pendlerinnen und Pendler einfordern können. Und wann sie mit Nahverkehrsticket den ICE nutzen dürfen.
Welche Entschädigungen stehen Bahnfahrenden zu?
Ist die Verspätung groß genug, haben Bahnfahrende im Prinzip drei Möglichkeiten: Sie setzen ihre Reise fort und beantragen eine Entschädigungszahlung. Alternativ können sie eine vergleichbare Reiseverbindung nutzen und sich die zusätzlichen Kosten (teilweise) zurückholen. Oder sie treten von der Reise zurück. Wie die Entschädigungen genau aussehen, kommt auf den Einzelfall an.
Seit Anfang Juni gilt der Anspruch auf Entschädigung nur noch, wenn die Bahn selbst Schuld ist an der Verspätung. Bei außergewöhnlichen Umständen oder dem Verschulden Dritter muss die Bahn nicht zahlen. Zu diesen Dritten zählen laut Verbraucherzentrale allerdings weder Unternehmen, die dieselbe Infrastruktur nutzen (zum Beispiel andere Bahnunternehmen), noch die Betreiber dieser Infrastruktur (zum Beispiel die DB Netz AG, die sich um das Schienennetz kümmert). Auch bei Streiks steht weiterhin eine Entschädigung zu.
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Was gilt im Fernverkehr?
Sind IC oder ICE derart verspätet, dass Fahrgäste mit mindestens 60 Minuten Verspätung am Zielbahnhof ihrer Fahrkarte ankommen, bekommen sie 25 Prozent des Fahrpreises erstattet. Bei mehr als 120 Minuten sind es sogar 50 Prozent. Wer eine Bahncard 100 hat, bekommt eine pauschale Entschädigung.
Ist schon früh absehbar, dass das Ziel mit einer mehr als einstündigen Verspätung erreicht wird, können Reisende eine alternative, vergleichbare Verbindung nutzen. Wollen sie die Fahrt lieber abbrechen, bekommen sie den anteiligen Reisepreis erstattet. Auch „Kosten für die Fahrt zurück zu Ihrem Start“ könnten sie sich zurückholen, schreibt die Verbraucherzentrale.
Wie kann ich eine Entschädigung beantragen?
Bei der Deutschen Bahn muss ein Fahrgastrechte-Formular ausgefüllt werden, bei Online-Tickets geht das auch über das Benutzerkonto. Wurde der verspätete Zug nicht von der Deutschen Bahn betrieben, geht der Anspruch an ein anderes Unternehmen. Für einige Regionalzüge in Nordrhein-Westfalen, wie den Rhein-Ruhr-Express, ist dies die National Express Rail GmbH.
Laut Verbraucherzentrale müssen Ansprüche innerhalb von 3 Monaten nach Ablauf der Geltungsdauer des Fahrausweises geltend gemacht werden.
Bekomme ich auch im Nahverkehr eine Entschädigung für Verspätungen?
Ja, für Fahrten im Nahverkehr greifen bei Verspätungen oder Ausfällen die Fahrgastrechte – wie im Fernverkehr.
Welche Entschädigungen stehen Pendlerinnen und Pendlern zu, die eine Zeitkarte, zum Beispiel ein Monats-Abo, besitzen?
Die Verbraucherzentrale weist darauf hin, dass Pendlerinnen und Pendler mit einer Monatskarte „bei einer Verspätung von mindestens 60 Minuten Geld zurückbekommen.“ In der 2. Klasse sind das 1,50 Euro.
Weil Entschädigungsbeträge von weniger als 4 Euro allerdings nicht ausgezahlt werden, müssen Verspätungen am Ende eines Monats gesammelt eingereicht werden. Zudem ist die Entschädigung auf maximal 25 Prozent des monatlichen Abopreises der Fahrkarte begrenzt.
Darf ich auch den ICE oder IC nutzen, wenn Regionalexpress oder S-Bahn verspätet sind?
Zeichnet sich ab, dass Reisende ihr Ziel mit einem Nahverkehrszug mit mehr als 20 Minuten Verspätung erreichen, ist die Nutzung des Fernverkehrs erlaubt. Aber: Reisende müssen vor Fahrtantritt trotzdem ein Ticket für diesen Zug kaufen. Erst im Nachgang können sie dann eine Erstattung beantragen. Außerdem dürfen keine reservierungspflichtigen Züge genutzt werden.
Aber Vorsicht: Bei „erheblich ermäßigten“ Fahrkarten ist die ICE-Nutzung nicht erlaubt. Dazu zählen unter anderem Ländertickets oder auch das Quer-durchs-Land-Ticket. Ob ein Ticket „erheblich ermäßigt“ ist, steht in den Tarifbestimmungen.
Darf ich bei Verspätung auch mit dem Deutschlandticket den ICE nutzen?
Und auch das Deutschlandticket zählt zu den „erheblich ermäßigten“ Fahrkarten. In den vergangenen Monaten hatte es hier noch eine Ausnahmeregelung gegeben, Inhaberinnen und Inhaber des Deutschlandtickets durften bei entsprechender Verspätung ebenfalls den ICE nutzen und das Geld zurückfordern. Diese Ausnahmeregelung gilt seit dem 15. August nicht mehr.
Die Deutsche Bahn schreibt dazu auf ihrer Website: „Da das Deutschland-Ticket gesetzlich im § 3 der Eisenbahnverkehrs-Verordnung (EVO) als Angebot mit erheblich ermäßigtem Beförderungsentgelt definiert ist, erfolgt auch im Fahrgastrechtefall keine Erstattung von Fahrgeldern für die Benutzung von Fernverkehrszügen.“
Mobilitätsgarantie NRW: Welche besonderen Regeln gelten in Nordrhein-Westfalen?
Dank der Mobilitätsgarantie NRW greift die Regelung der „erheblich ermäßigten“ Fahrkarten in Nordrhein-Westfalen nicht. Reisende mit allen Verbundtickets in NRW und Tickets des NRW-Tarifs können bei entsprechender Verspätung innerhalb einer Stunde auf andere Verkehrsmittel umsteigen. Allerdings: Die mindestens 20 Minuten Verspätung gelten nicht am Ziel, sondern bei der Abfahrt. Und nur, wenn innerhalb dieser 20 Minuten keine andere Verbindung genutzt werden kann. Bei Verzögerungen während der Fahrt und Verpassen des Anschlusses greift die Mobilitätsgarantie nicht.
Wer die Mobilitätsgarantie NRW in Anspruch nimmt, muss den E-Scooter, das Taxi oder den ICE zunächst selbst bezahlen. Im Nachgang kann dann beim jeweiligen Zugunternehmen eine Entschädigung beantragt werden. Ab 5 Uhr gibt es bis zu 30 Euro zurück, nachts ab 20 Uhr bis 60 Euro. Fernverkehrstickets werden vollumfänglich erstattet. Für einen Antrag auf Erstattung haben Betroffene 14 Tage Zeit.
Erst Monatsticket, dann ICE: Wie beantrage ich eine Entschädigung, wenn ich mit verschiedenen Fahrkarten gefahren bin?
Werden für eine Strecke zwei unterschiedliche Fahrkarten genutzt, die nicht zusammen gekauft wurden, wird die Reise in zwei Fahrten aufgeteilt. Für eine einzelne dieser Fahrten kann eine Entschädigung beantragt werden, nicht aber für die gesamte Reise. Wer durch eine Verspätung bei der Fahrt mit dem Monatsticket den ICE verpasst, kann nur für die Fahrt mit dem Monatsticket eine Entschädigung einfordern.
Wie weise ich nach, dass ich mit einem Zug fahren wollte, der verspätet war?
Laut Deutscher Bahn ist ein Nachweis für die Verspätung eines Zugs nicht notwendig, „da sämtliche Zugverspätungen oder Ausfälle in den Informationssystemen elektronisch erfasst und ausgewertet werden.“
Besitzen Reisende keine Fahrkarte, die explizit für ihren verspäteten Zug ausgestellt wurde (zum Beispiel ein Monatsticket), empfiehlt es sich jedoch, zu belegen, dass sie von der Verspätung betroffen waren. Das geht mit Dokumenten, die die Absicht der Fahrt belegen, das kann auch ein Selfie vom Bahnhof sein. Ebenfalls sinnvoll: ein Screenshot des Live-Fahrplans in der DB-Navigator-App.
Was gilt bei Streckensperrungen durch eine Baustelle?
Bei Baustellen, wie der Streckensperrung zwischen Köln und Düsseldorf, gibt es in der Regel Ersatzfahrpläne. Diese sind dann auch die Grundlage für die Verspätung, die regulären Fahrpläne gelten nicht. Am Beispiel des Deutschland-Tickets erklärt die Deutsche Bahn: „Im Falle einer baustellenbedingten Streckensperrung, die in die Fahrplaninformationen eingearbeitet ist, ist das Deutschland-Ticket in Zügen des Fernverkehrs nicht gültig.“