Erfurt – Thüringens AfD-Landespartei- und Fraktionschef Björn Höcke schließt eine Kandidatur für die nächste Bundestagswahl im Herbst 2021 nicht aus. „Ich wäre kein Politiker, wenn ich mir das natürlich nicht offenhalten würde“, sagte Höcke am Dienstag im MDR-Sommerinterview. Auf die Nachfrage, ob er es demnach nicht ausschließen würde, 2021 für den Bundestag zu kandidieren, sagte Höcke: „Ausschließen tue ich das nicht.“ Zugleich betonte Höcke, dass er sich in Thüringen gut fühle, aber nicht wisse, „wie das Land 2021 aussieht“.
Schon während der Ausstrahlung des Interviews in einem Livestream kritisierten Beobachter in sozialen Medien, dass der MDR dem Rechtsaußen Höcke damit eine Bühne biete. Er war Mitbegründer und einer der Wortführer des inzwischen offiziell aufgelösten „Flügels“. Der Verfassungsschutz stuft diese Strömung als „gesichert rechtsextremistische Bestrebung“ und Höcke sowie den früheren Brandenburger AfD-Fraktionschef Andreas Kalbitz als „rechtsextremistische Führungspersonen“ ein. Kalbitz wurde inzwischen aus der AfD ausgeschlossen.
Viel Kritik in den sozialen Medien
Auf Twitter kritisierten Nutzer etwa, dass Höcke „seine Schlagworte“ in dem Interview habe unterbringen können oder unwidersprochen Behauptungen habe aufstellen dürfen. Ebenfalls auf Twitter widersprach der MDR dieser Kritik: Der Moderator habe kritische Fragen gestellt, mehrfach nachgehakt und viele Aussagen Höckes richtiggestellt.
Der Direktor des MDR-Landesfunkhauses Thüringen, Boris Lochthofen, erklärte: „Bestimmten Leuten – egal welcher Parteizugehörigkeit – kein Podium geben zu wollen, ist in meinen Augen keine journalistische Kategorie.“ Laut MDR-Pressestelle handelt es sich bei den Sommerinterviews „nicht um einen sommerlichen Plausch, sondern alle eingeladenen Politiker müssen sich kritischen und hartnäckigen Nachfragen stellen“. Ziel sei es, dass sich die Menschen ein Bild von wesentlichen Positionen der politischen Akteure machen können. Die AfD ist im Thüringer Landtag nach der Linken die zweitstärkste Kraft.
Höcke betonte erneut, dass er den Ausschluss von Kalbitz und anderer AfD-Mitglieder falsch finde. „Ich halte diese Parteiausschlussflut für einen schweren Fehler“, sagte Höcke. Man löse Konflikte in einer Partei nicht über Parteiausschlussverfahren. Er halte diesen Weg für gefährlich, „und ich glaube auch, dass die Parteibasis diesen Weg für falsch findet und jemand, der das so forciert, darf sich nicht wundern, wenn dann irgendwann die Konsequenzen von der Parteibasis gezogen werden“, sagte Höcke.
Das könnte Sie auch interessieren:
Ein Sommerinterview mit dem damaligen AfD-Fraktionschef Kalbitz im RBB hatte im Juli für Aufsehen gesorgt. Kritiker hatten der Sendung vorgeworfen, den AfD-Politiker nicht kritisch genug befragt zu haben. Der RBB kündigte später an, die Gesprächsreihe „Politik am See“ einzustellen. (dpa)