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Hart aber fair„Das Virus kommt mit Macht zurück – wer schützt jetzt die Alten?“

Lesezeit 4 Minuten
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Frank Plasberg 

Am Montagabend ging es bei „hart aber fair“ einmal mehr um die Corona-Pandemie. Moderator Frank Plasberg fragte: „Das Virus kommt mit Macht zurück - wer schützt jetzt die Alten?“Die Gäste:

  1. Andreas Westerfellhaus: Pflegebevollmächtigter der Bundesregierung und selber ausgebildeter Krankenpfleger
  2. Nikolaus Schneider: Evangelischer Theologe und ehemaliger Ratsvorsitzender der Evangelischen Kirche in Deutschland
  3. Bernd Meurer: Präsident des Bundesverbands privater Anbieter sozialer Dienste und Betreiber dreier Pflegeheime in Bayern und Rheinland-Pfalz
  4. Nina Böhmer: Krankenpflegerin und Autorin des Buchs „Euren Applaus könnt ihr euch sonst wohin stecken“
  5. Prof. Dr. Uwe Janssens: Intensivmediziner, Chefarzt Intensivmedizin des St. Antonius Hospitals Eschweiler und Präsident der Deutschen Interdisziplinären Vereinigung für Intensiv- und Notfallmedizin
  6. Alex Kienscherf: Ist für seine demenzkranke Frau ins Seniorenheim gezogen, Angst vor Besuchsverbot

Das emotionale Highlight der Sendung kam zum Schluss: Alex Kienscherf, 80, ist für seine demenzkranke Frau in ein Hamburger Seniorenheim gezogen, um sie besser pflegen zu können. „Eine Herzensangelegenheit“, wie er sagt. Mit seiner Entscheidung sei er „sehr glücklich“. Und auch seine Frau habe er durch seinen Umzug merklich beruhigen können.

Sprechen kann Kienscherfs Frau, die beiden sind seit 55 Jahren verheiratet, nicht mehr. Aber er erkenne durch ihre Augen, ob sie in verstanden hat. Oder durch das Lächeln nach einer kurzen Massage. „So unterhalten wir uns ein bisschen“, erklärte der 80-Jährige. „Wenn die Augen nicht folgen, weiß ich, sie hat mich nicht verstanden. Aber es gibt viele Situationen, in denen ich sehe, dass sie bei mir ist. Und das ist immer ein toller Moment für mich.“

„Menschen dürfen nicht alleine sterben“

Kienscherf habe einen Spruch: „Wie im Guten so im Schlechten.“ Er habe gesehen, seine Frau brauche seine Hilfe, um zu erkennen, dass jemand für sie da ist. Solange seine Frau noch lebt, wird Kienscherf im Heim wohnen bleiben, danach zieht er zurück in seine Wohnung. „Der Patient spürt unbedingt, dass ein Angehöriger da ist. Das ist das Allerwichtigste, Angehörige sind unverzichtbar“, betonte Janssens. Es sei eine „zutiefst menschliche Aufgabe, das sicherzustellen“.

Doch geht das? „Menschen dürfen nicht alleine sterben“, forderte Westerfellhaus. Es dürfe nicht passieren, dass es eine Isolations-Situation wie zu Beginn der Pandemie wieder gebe. „Wir müssen erkennen, dass der Schutz vor dem Virus nicht alles ist.“ Intelligente Wege zu finden, sei wichtig. Schneider stimmte zu: „Wir sprechen von Menschenwürde. Doch was ist Menschenwürde? Das heißt auch, nicht alleine sterben zu müssen.“

Diskussion über den Zustand der Pflege

Ein wichtiges Thema bei Besuchen ist jedoch die Ausstattung der Pflegeheime. Und diesen Umstand bemängelte Böhmer. „Egal wo ich bin, ich habe nur eine Maske pro Dienst“, kritisierte die Pflegerin. Sie wisse nicht, wo „die ganzen Masken“ seien. Neben Masken fehlten zudem auch Handschuhe. Böhmers Situation konnte Janssens nicht nachvollziehen. Es dürfe nicht sein, dass Pflegende nur eine Maske pro Dienst hätten. Es sei sehr schwer, eine Kontamination beim Aus- und Anziehen der Maske zu verhindern. Zu Beginn der Pandemie sie niemand vorbereitet gewesen. „Ich hoffe inständig, dass man gelernt hat.“

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Schnell entwickelte sich die Diskussion über das Leben älterer Menschen zu einer Diskussion über den Zustand der Pflege. Dass diese in einem schlechten Zustand ist, da war sich die Gruppe einig. „Man wird hoffentlich Schlüsse ziehen, auch was die personelle und finanzielle Ausstattung von Pflegeheimen angeht“, sagte Janssens. „Das muss geändert werden.“ Man müsse als Gesellschaft eine Struktur schaffen, „dass das nicht mehr passiert“. Doch das werde nicht von heute auf morgen gehen. „Wenn wir in den letzten Jahren etwas verpasst haben, dann die Stärkung der Pflege“, bemängelte Janssens. Es gebe genügend Betten für Intensivpatienten und auch genügend Beatmungsgeräte. Aber: „Ohne die Pflege können wir gar nichts machen.“

Tarifverträge – Ja oder Nein?

Schnell war dann auch die Bezahlung ein Thema. Westerfellhaus bemängelte die teils fehlende Solidarität der Pflegenden und betonte, diese müssten auch mal gemeinsam auf die Straße gehen für bessere Konditionen. Ein Schuldverschieden sollte das allerdings nicht sein. Er machte sich für Tarifverträge stark, von denen Meurer nicht viel hält. Sie seien ein politisches Manöver und verfassungswidrig. „Ein Tarifvertrag für die ganze Republik macht keinen Sinn“, betonte Meurer. Plasberg wollte wissen, warum er dann nicht einfach mehr zahlt als den Tarif. Der sei schließlich nur eine Untergrenze. Eine Antwort hatte Meurer nicht.

Westerfellhaus erklärte, dass der Tarifvertrag zudem mehr regle als nur die Bezahlung. Tariflöhne müssten refinanziert werden, betonte er. Janssens betonte, dass es nicht nur um das Geld gehe. Man müsse den Pflegenden auch mehr Verantwortung geben. „Es ist wichtig, dass nicht wegen jeder Paracetamol ein Arzt gerufen wird. Hier sind auch die Ärzte gefragt, eine Veränderung herbeizuführen.“ Böhmer kritisierte, stark, dass es in der Pflege seit Beginn der Pandemie keine Veränderungen gegeben habe und bemängelte, dass selbst wegen der Einmalzahlungen für Pflegende gefeilscht werde. „Wir haben jahrelang unter schlechten Bedienungen gearbeitet. Wenn man die Wertschätzung ausdrücken will, sollte man wenigstens allen den Bonus auszahlen.“