Kritik zum „Tatort”Mittelmäßiger Krimi, gelungene Kiez-Studie
Hamburg – Der Sohn der Kiezgröße Egon Pohl (Christian Redl) wurde vor seiner Wohnung von einem Jugendlichen erstochen. Offenbar ein Auftragsmord. Redl beherrschte einst den Kiez, mittlerweile war er ein dementer, alter Mann im Pflegeheim. Geblieben war ihm nur noch ein Bordell, das sein Sohn führte. Doch das wollten sich die Albaner um Krenar Zekaj (Slavko Popadic), die das Viertel inzwischen beherrschten, auch noch unter den Nagel reißen.
Die Auflösung
Die Albaner waren es dann doch nicht. Anders als Thorsten Falke (Wotan Wilke Möhring) und Julia Grosz (Franziska Weisz) zunächst vermuteten, hatte der Clan mit der Ermordung nichts zu tun. Egon Pohl hatte die Stiftung seiner Tochter Carolin Sehling (Deborah Kaufmann) finanziell stets heimlich unterstützt, doch ihr Bruder wollte ihr nun den Geldhahn abdrehen. Gemeinsam mit Bordell-Leiter Roman Kainz (Roland Bonjour) heuerte sie in Rumänien den jugendlichen Drogenabhängigen Matei (Bogdan Iancu) an, um ihren Bruder ermorden zu lassen
Das Thema
Früher war Thorsten Falke auch regelmäßig auf dem Kiez unterwegs, allerdings nicht als Polizist. Zusammen mit seinem Freund schlug er sich die Nächte um die Ohren, er kannte die Menschen, die zwischen Vergnügungssucht, Prostitution und Drogenhandel ihr Leben lebten.
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Nun musste er sein zum Teil nostalgisch verklärten Erinnerungen mit der Realität abgleichen. Von Kiez-Romantik war da zwischen Clankriminalität, (Zwangs-)Prostitution und Sauftourismus nicht mehr viel zu bemerken.
Der Zuschauer war dank der Kameraführung von Kameramann Moritz Schultheiß und der Drehorte mittendrin im Kiez nah dran. Denn Regisseurin Mia Spengler und Schultheiß waren für viele Teile des Drehs ohne Berührungsängste mitten auf die Reeperbahn gegangen – ohne alles abzusperren und Statisten anzuheuern.
Episodenhauptrollen
Bogdan Iancu als jugendlichen Auftragsmörder zu besetzen, war ein Glücksgriff. Der junge Schauspieler spielte seine Rolle mit großer Intensität. Gerade die Szenen, die er mit Michael Thomas hatte, gehörten zu den Höhepunkten des Films.
Auch Thomas war ein Gewinn für diesen „Tatort”. Man nimmt ihm den Kiez-Veteranen, der an der neuen Hackordnung im Milieu verzweifelte und seinem Chef einen letzten Dienst erweisen wollte, ab.
Fazit
Die Krimihandlung, die Drehbuchautor Georg Lippert erdacht hatte, war eher schwach. Dass die Albaner nicht hinter dem Mord steckten, erahnte man früh. Dass die Schwester des Ermordeten keine so weiße Weste hatte, wie es den Anschein hatte, auch.
Als Kiez-Studie funktionierte „Die goldene Zeit” aber ganz hervorragend, weil die Bilder passten, die Charaktere gut besetzt waren und nicht der Versuch unternommen wurde, die alten Zeiten zu verklären. Gewalt und Elend gab es immer schon in St. Pauli.