Kommentar zu SchulenQuarantäne-Desaster – Politik rennt Entwicklung wieder hinterher
Köln – Wenn nach sechs Wochen Sommerferien das neue Schuljahr beginnt, ist das wenig überraschend - das ist sozusagen das Naturgesetz einer jeden Schullaufbahn seit Alters her. Genauso wenig überraschend ist es allerdings, dass dann zahlreiche Menschen zusammenkommen, von denen viele in ganz unterschiedlichen Ländern Urlaub gemacht haben, und dass sich diese jungen Menschen nicht zuverlässig und immer mit 1,50 Meter Abstand begegnen. Auch das ist irgendwie ein Naturgesetz.
Und doch agiert gerade die Politik so, als habe man in Zeiten einer Pandemie nicht vorhersehen können, was dann geschieht: dass die Infektionszahlen in raschem Tempo nach oben schnellen.
An Aufforderungen hat es nicht gefehlt, den Fehler vom Vorjahr tunlichst zu vermeiden. Damals war eine von Corona schockierte Welt so beglückt von niedrigen Inzidenzen im Sommer, dass sie an eine zweite oder dritte Welle der Pandemie schlicht nicht glauben wollte. Keine Frage, seither hat sich vieles zum Besseren verändert - vor allen Dingen sind nun viele Menschen geimpft. Nur eben nicht die meisten Schülerinnen und Schüler, denen eine zögerliche Impfkommission im Weg stand, bis dann wundersamerweise doch genug Material zur Verfügung stand, um einen Schutz für die junge Generation doch mit gutem wissenschaftlichen Gewissen zu befürworten.
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Eben diese Generation hat im vergangenen Jahr viele Opfer gebracht, sie hat sich in jeder Beziehung diszipliniert, um die Älteren zu schützen, auch in der Hoffnung darauf, dass dem schlimmen Jahr 2020 ein besseres 2021 folgen würde. Pustekuchen.
Vielleicht ist nicht erwiesen, dass Luftfilter in Klassenräumen sinnvoll sind - man hätte es wenigstens vernünftig testen sollen. Genug Zeit dafür gab es. Auch wenn klar war, dass die Deltavariante hochansteckend ist und Grundschüler im Offenen Ganztag nicht nur still im Unterricht sitzen, sondern nach der Stunde die Köpfe beim Spiel zusammenstecken - man hätte sich auch dafür Lösungen überlegen können. Genug Zeit dafür gab es.
Prinzip Hoffnung funktioniert bei Corona nicht
Aber in der Politik scheint das Prinzip Hoffnung zu reagieren, zumal im Wahlkampf, wenn man den Leuten lieber nicht zu viel zumuten will. Es wird schon nicht so schlimm kommen, heißt die Devise: Erst mal beobachten, wie sich die Dinge entwickeln, wenn man nicht mehr ganze Klassen in Quarantäne schicken will, sondern nur unmittelbare Sitznachbarn.
Leider entwickeln sich die Dinge gerade im Hinblick auf Quarantäne so schnell, dass der Beobachterposten zwar komfortabel für die Beobachter ist, aber auf immer mehr Beobachtete verantwortungslos wirkt.