Vision für KölnWas Verleger Michael Wienand mit dem Projekt „Kölngold“ plant
Köln. – Herr Wienand, Sie stellen nächste Woche einen „Kölngold“ betitelten Bildband vor, in dem Sie die städtischen Schätze in selten gesehener Pracht vorführen. Wie kam es zu diesem Projekt?
Michael Wienand: Als gebürtiger Kölner hat es mich immer schon geärgert, dass in der Stadt so viele Stellen vernachlässigt, ja geradezu abgenutzt sind. Dabei leben wir in einer der kulturreichsten Städte Deutschlands, die aber in ihrer äußeren Gestalt für meine Begriffe sehr zu wünschen übrig lässt. Das will ich ändern, und das kann sich nur ändern, wenn wir Bürger als Stadtgesellschaft entsprechend Einfluss auf die Politik nehmen. Mein Beitrag dazu ist dieses Buch, weil es zeigt, dass wir in einer Stadt voller Schätze leben, man muss diese nur pflegen und nach Möglichkeit auch vermehren.
Herr Hamann, Sie sind der Hauptautor des Bandes. Man würde das Kölner Gold vornehmlich in den Sammlungen der städtischen Museen vermuten. Ist das so?
Matthias Hamann: Dort ist es offensichtlich. Aber das Gold liegt auch in Privatsammlungen oder im öffentlichen Raum, es findet sich vielleicht in Ideen oder in Stadtteilprojekten. Auch die Maus gehört für mich dazu oder der Taubenbrunnen an der Domplatte. Manchmal liegt das Gold auf der Straße, manchmal muss man danach graben. Auch Kenner werden im Buch auf vieles stoßen, bei dem sie sich fragen: Was ist denn das? Dieses Nebeneinander, in dem sich die vielen Facetten der Stadt zeigen, hat mich gereizt.
Hier geht es um 2000 Jahre Kölner Stadtgeschichte, vergesst die nicht
Sie wollen den Bürgerstolz mit ihrem Schatzbuch wecken. Ist der in Köln denn unterentwickelt?
Hamann: Der Bürgerstolz ist da. Aber der ist oft eine sehr kurzfristige Sache. Man ist stolz auf den Effzeh, wenn er gewinnt, und auf seinen Karneval. Aber es gibt ja Dinge in den Tiefenschichten der Stadt, Dinge, die sehr lange dauern. Und das gilt nicht nur für den Dombau. Wir sagen: Hier geht es um 2000 Jahre Stadtgeschichte, vergesst die nicht. Sondern poliert sie.
Es finden sich im Buch viele Objekte der Stadtgeschichte, aber auch vieles, was von außen und eher zufällig nach Köln gekommen ist. Die Sammlung Ludwig ließe sich hier nennen. Was verbindet diese Dinge?
Hamann: Die Großzügigkeit. Es gibt in Köln ein altes, gut entwickeltes Mäzenatentum, denken Sie an die vielen Museumsstifter. Anderswo gibt es fürstliche oder staatliche Sammlungen, aber dieses bürgerschaftliche Engagement in unserer Stadt ist in Deutschland einzigartig. Eine Schenkung wie die von Peter und Irene Ludwig fällt in Köln auf sehr fruchtbaren Boden. Köln ist attraktiv für Leute, die etwas geben wollen. Das zeigt sich an den steten Schenkungen und Stiftungen, die unsere Museen bekommen, oder auch an den Fördervereinen, aktuell an dem geplanten Fotobuchmuseum der Sammlung Gruber.
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Ist dieses Engagement das eigentliche Gold der Stadt?
Wienand: Das versuchen wir im Buch zu betonen, aber nicht nur dort. Wir haben eine Website aufgelegt, wo eine Vielzahl Kölner Vereine, die sich dem Gemeinwohl widmen, veröffentlicht sind. Wir wollen die Idee des Buches langfristig verankern und dauerhaft Anstöße geben.
Hamann: Man kann das Buch als Schatzhaus lesen oder als Impuls nehmen.
Wienand: Wir müssen auch sehen, wie wir die jungen Menschen mit einfangen. Bei der Sponsorensuche habe ich festgestellt, dass die Jüngeren sich vor allem mit Köln identifizieren, weil das Leben hier so leicht und locker ist. Bei den älteren Unterstützern gab es viele, die sämtliche romanischen Kirchen in Köln namentlich aufsagen können. Aber finden Sie mal einen 25-jährigen, der das kann. Ich frage mich, wie wir an der mangelnden Qualität in der Stadt, sei es in der Architektur oder in der Verkehrsführung, oder der Stadtplanung etwas ändern können in einer Gesellschaft, die sich zunehmend nicht mehr auf das lokale Umfeld bezieht? Diese sehr gut ausgebildeten jungen Menschen sind alle international vernetzt. Das Wohlergehen der eigenen Heimat spielt für sie deswegen eine nicht so große Rolle.
Hamann: Das ist natürlich auch eine Bildungsfrage. Wir haben das Buch sprachlich bewusst so gefasst, dass man es auch ohne Studium versteht. Wir haben die Objekte bewusst über Begriffe und Facetten in die kölnische Lebenswirklichkeit eingebunden, denn wenn sie etwas mit der Stadt, in der ich lebe, zu tun haben, haben sie auch etwas mit mir zu tun.
Sie führen an der Via Culturalis, dem Kulturpfad vom Dom durch die Altstadt bis St. Maria im Kapitol, beispielhaft vor, wie Köln aussehen könnte, wenn all die schönen Pläne, die es ja gibt, tatsächlich umgesetzt werden. Glauben Sie daran, dass es so kommt?
Hamann: Ja, unbedingt. Zur Via Culturalis gibt es einen breiten Konsens, angefangen bei der Stadtspitze bis zu den Anrainern. Alle sind daran interessiert, dass dieser zentrale öffentliche Raum an Wert und Qualität gewinnt. Wir inszenieren diese städtebaulichen Preziosen ja für einen ganz einfachen Gedanken: Wenn es schöner ist, ist es auch schöner. Die Frage für uns ist, wie sich ein solches Modell auf andere Teile der Stadt auswirkt. Wie wird sich die Cäcilienstraße am Ende der Via Culturalis verändern? Gehen die Gleise unter die Erde, kommt Tempo 30 für den Verkehr? Köln ist eine Stadt des Nebeneinanders. Ich glaube, mit der Via Culturalis können wir daraus ein Miteinander machen.
Die Via Culturalis könnte eine Blaupause für die zukünftige Entwicklung sein
Aber könnte die Via Culturalis wirklich mehr sein als eine Insel in der Stadt?
Wienand: Das hängt auch von den handelnden Personen ab und von dem Willen von Rat und Verwaltung, das als richtig und notwendig Erkannte auch durchzusetzen. Wir haben mit Markus Greitemann einen guten Baudezernenten, den sollten wir unterstützen. Bei der Bauqualität geht es ja auch darum, ob ich noch den letzten Meter vermarkten will. Da ist dann die Stadt gefragt, sich gebührend zur Wehr zu setzen. Aber das kann sie nur, wenn sie sich der Unterstützung der Parteien sicher ist. Die Via Culturalis könnte dafür eine Blaupause sein. Oder nehmen Sie den Neumarkt: Man kann ja unterschiedlicher Meinung darüber sein, ob die Bahnen unter die Erde sollen. Aber es braucht doch eine Vision für diesen zentralen Platz in unserer Stadt und daran fehlt es.
Hamann: Ich glaube, das Bewusstsein dafür, dass in Köln etwas geschehen muss, ist groß. Die Frage, wie wir die Innenstadt und auch die Veedel lebenswert machen, taucht in vielen Plänen auf. Das muss als Miteinander gedacht werden.
Sie bürden Ihrem schönen Band aber ganz schön viel auf.
Wienand: Wenn man sich ärgert, muss man auch bereit sein etwas zu ändern. Dazu will das Buch Anstöße geben. Als ich vor kurzem im „Stadt-Anzeiger“ Paul Böhms Idee eines neuen Hauptbahnhofs sah, habe ich ihn sofort eingeladen, sich an „Kölngold“ zu beteiligen. Ob seine Idee jemals umgesetzt wird, weiß ich nicht. Aber er hat einen Vorschlag gemacht, wie man es machen könnte. Von solchen Visionen lebt die Stadt und manche werden auch glücklicherweise umgesetzt.
Michael Wienand leitet den Kölner Wienand Verlag für Kunstbücher. Matthias Hamann ist Direktor des Kölner Museumsdienstes.
KÖLNGOLD - Stadtschätze, herausgegeben von Matthias Hamann und Michael Wienand, 654 Seiten, Wienand Verlag, 45 Euro. Das Buch ist auch als limitierte Prachtband-Ausgabe erhältlich und kostet dann 350 Euro.