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Wohnen am Kölner DomStadt und Investor einigen sich nach langem Streit

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Die Gebäudereihe „Unter Goldschmied“ von Senats-Hotel (l.) bis zum Roncalliplatz wurde verkauft.

  1. Der Streit um die Neugestaltung des Quartiers am Dom scheint beendet.
  2. 30 Prozent der neu entstehenden Wohnungen sollen als gefördert ausgewiesen werden, so dass dort Menschen mit einem Wohnberechtigungsschein unterkommen werden.
  3. Jenseits der geplanten Wohnungen sollen vor allem Büros und Ladenlokale für den Einzelhandel und die Gastronomie entstehen.

Köln – Sechs Jahre sind vergangen, seit die Pläne zur Neugestaltung des ehemaligen WDR-Karrees südlich des Roncalliplatzes erstmals bekannt wurden. Doch noch immer fristet das Areal zwischen der Sporergasse und den Straßen Am Hof und Unter Goldschmied, das südlich von der Großen Budengasse begrenzt wird, ein trostloses Dasein. Diese Situation soll jetzt ein Ende finden.

Die Stadt hat mit dem derzeitigen Eigentümer – der Gerchgroup aus Düsseldorf – einen städtebaulichen Vertrag geschlossen. Das Dokument regelt, welche Bedingungen der Investor erfüllen muss, damit die Verwaltung ihm schnell eine Baugenehmigung erteilt – auch ohne zuvor langwierig einen Bebauungsplan aufgestellt zu haben.

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Der städtebauliche Vertrag war eine Folge dessen, dass sich die Gerchgroup und die Stadt zunächst uneins darüber waren, was genau auf den Grundstücken südlich des Doms entstehen soll. Zwei Jahre dauerte die Auseinandersetzung, bis die beiden Parteien den Konflikt jetzt lösten. „Die Gespräche waren kontrovers, aber auch kooperativ“, sagte Baudezernent Markus Greitemann im Gespräch mit dem „Kölner Stadt-Anzeiger“. Er sei hochzufrieden, dass es am Ende doch noch zu einer Einigung kam. „Auf Grundlage dieses Vertrages wird unser Ziel, die Schaffung eines urbanen und gemischten Quartiers im Schatten des Doms, nun erreicht“, sagte Oberbürgermeisterin Henriette Reker.

Vorstellungen der Stadt Köln fließen mit in das Großprojekt

Aus Sicht der Stadt und der Ratspolitik ist es als großer Erfolg zu werten, dass die eigenen Vorstellungen in das Großprojekt einfließen werden. Dazu gehört unter anderem, dass der Investor sich verpflichtet hat, 30 Prozent der neu entstehenden Wohnungen als gefördert auszuweisen, so dass dort Menschen mit einem Wohnberechtigungsschein unterkommen werden.

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Die Gerchgroup will zwar in bester Lage lediglich 64 Wohnungen bauen, aber so werden immerhin 19 davon Sozialwohnungen sein. Die Stadtspitze wertet das als Erfolg, denn bislang hat das so genannte Kooperative Baulandmodell – das einen Anteil von 30 Prozent geförderten Wohnungen vorschreibt – nur sehr selten gegriffen. Die Investoren befreiten sich oft mit der Begründung, dass ein Projekt ansonsten nicht wirtschaftlich wäre. So wird etwa beim Bau von 700 neuen Wohnungen auf dem Grundstück des ehemaligen Hochhauses der Deutschen Welle am Raderberggürtel kein 30-Prozent-Anteil realisiert.

Das unter Denkmalschutz stehende Senats-Hotel wird saniert

Beim Laurenz-Carré – wie die Gerchgroup ihr Projekt südlich des Roncalliplatzes nennt – werden jenseits der 64 geplanten Wohnungen vor allem Büros und Ladenlokale für den Einzelhandel und die Gastronomie entstehen. Das benachbarte Senats-Hotel sowie das dazu gehörende Geschäftshaus an der Großen Budengasse 10 und das Grundstück, auf dem sich früher das Musikgeschäft Music Store inklusive des dazugehörigen Parkhauses befand, sind ebenfalls Bestandteil des Großprojekts. Das unter Denkmalschutz stehende Senats-Hotel wird saniert und soll künftig weiter als Hotel genutzt werden. Die Gerchgroup hat im März bereits einen Mietvertrag über 25 Jahre mit dem internationalen Konzern Radisson Hotel Group für das bundesweit erste Radisson Red Hotel geschlossen.

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Vorentwurf für ein Gebäude des Laurenz-Carré

Neben der Verpflichtung zum Bau von Sozialwohnungen hat die Stadt der Gerchgroup eine weitere Möglichkeit zum Eingriff abgerungen. So wird ein Begleitgremium eingerichtet, dem Mitglieder der Architekten-Jury für das Laurenz-Carré angehören werden – unter anderem Baudezernent Markus Greitemann. Die Institution soll sicherstellen, dass beim tatsächlichen Bau – vor allem der Fassaden – eine hohe Qualität eingehalten wird, die dem Standort entspricht. Das Laurenz-Carré befindet sich nicht nur in der Nähe des Weltkulturerbes Kölner Dom – entlang der Straße Unter Goldschmied ist zudem der Kulturpfad „Via Culturalis“ geplant.

Kölner Stadtspitze will kulturelle Vielfalt entsprechend inszenieren

Dabei handelt es sich um einen Straßenzug, der vom Dom bis zur Kirche St. Maria im Kapitol führt. Wer diesen Pfad entlanggeht, soll in Zukunft durch 2000 Jahre Stadt- und Kulturgeschichte geführt werden. Denn entlang der Via befinden sich das Römisch-Germanische Museum, sehr wahrscheinlich das neue Stadtmuseum (Historische Mitte) am Roncalliplatz, das künftige Jüdische Museum mit Archäologischer Zone am Rathaus, das Wallraf-Richartz-Museum, die Kirchenruine von Alt St. Alban und der Gürzenich. Die Stadtspitze will diese kulturelle Vielfalt entsprechend inszenieren, um sich Einheimischen und Besuchern attraktiver als bislang zu präsentieren. Umso wichtiger ist es, Einfluss auf ein Großprojekt entlang der Achse nehmen zu können.

Die Gerchgroup will nach eigener Aussage bis zum Jahresende die ersten Gebäude auf dem Areal südlich des Doms abreißen. Das Unternehmen will dann den städtebaulichen Entwurf des Planungsbüros Kister Scheithauer Groß Architekten umsetzen. Dabei handelt es sich bislang lediglich um ein grobes Konzept und nicht um fertig gestaltete Gebäude. Für deren Gestaltung läuft derzeit ein architektonischer Hochbauwettbewerb – eine für Juni 2019 geplante Jurysitzung wurde im vergangenen Jahr vertagt. Die Stadt und die Gerchgroup wollen jetzt einen neuen Anlauf nehmen und denken angesichts der Corona-Pandemie über eine „innovative Online-Jurysitzung“ nach.