NRW-Krankenhäuser„Nimmt die Dynamik nicht ab, kommen wir an unsere Grenzen“
- Immer mehr Corona-Patienten liegen in den Kliniken, auch in NRW. Wie lange geht das noch gut?
- Ingo Morell, Vize-Präsident der Krankenhausgesellschaft NRW, sagt: Bei der Dynamik wenige Monate. Oder Wochen.
- Wir haben uns mit ihm über die aktuelle Situation unterhalten.
Herr Morell, Sie haben einen Überblick über die Zahlen. Wie entwickelt sich die Corona-Lage in NRW?
Wir erleben einen deutlichen Anstieg bei Covid-Patienten in kurzer Zeit. Am 5. Oktober waren es noch 18 Infizierte in den Häusern meines Trägers, jetzt sind wir schon bei 79, elf davon liegen auf der Intensivstation, acht werden beatmet. Wir haben es also mit einer Vervierfachung zu tun. Nimmt die Dynamik nicht ab, kommen wir binnen Wochen oder weniger Monate an unsere Grenzen.
Können Sie die Kapazitäten noch ausbauen?
Betten sind hoffentlich durch den Ausbau der Kapazitäten nicht so das Problem. Personell wird es schneller eng. Wenn sich Mitarbeiter infizieren, haben wir plötzlich ganze Teams in Quarantäne. So können ganze Bereiche lahmgelegt werden. Da machen wir uns schon gewisse Sorgen für die Zukunft.
Gibt es da Auswege?
Es gibt Ausnahmegenehmigungen für Ärzte und Pfleger, die als Kontaktpersonen eingestuft wurden. Damit dürfen sie trotz Quarantäne mit FFP-2-Masken weiterarbeiten. Zudem haben wir im Frühjahr pensionierte Kollegen angefragt. Da gab es viele positive Rückmeldungen.
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Was ist mit Studenten, die den Kollegen die einfachen Aufgaben abnehmen können?
Das ist nicht so einfach. Im Krankenhaus muss man an allen Stellen die Lage schnell und professionell einschätzen können. Wir können auch an Anlaufstellen für Besucher und Patienten nicht jemanden hinsetzen, der wenig Ahnung hat.
Bislang sind NRW-Kliniken noch nicht so überlastet wie die einiger Nachbarländer.
Das liegt einerseits an den Infektionszahlen, aber auch daran, dass wir noch so viele Krankenhäuser haben. Belgien, die Niederlande und Frankreich haben da schon viel stärker auf große Kliniken konzentriert. In Straßburg zum Beispiel geriet man nach meiner Kenntnis sehr schnell an die Grenzen, weil die umliegenden Krankenhäuser nur 24 Stunden beatmen durften. Anschließend wurden dann alle Patienten nach Straßburg verlegt.