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50 Jahre Kommunale NeugliederungNeugliederungsbus für die Eifeler Kollegen

Lesezeit 4 Minuten

Koffer packen hieß es 1972 in Schleiden, als der Kreis Schleiden in den Kreis Euskirchen überging.

  1. Mit dem Aachen-Gesetz, das am 1. Januar 1972 in Kraft trat, wurde das Gebiet des Regierungsbezirks Aachen und des Kreises Euskirchen neu gegliedert.
  2. Wirtschaft, Natur, Entwicklungsstand – in fast jeder Hinsicht unterschieden sich Nord- und Südkreis damals.
  3. Mittlerweile sind 50 Jahre vergangen und die Redaktion beleuchtet in einer neuen Serie die Neugliederung – immer mit der Zukunft im Blick.

Euskirchen/Schleiden – Ein Pendlerbus, einen Zuschuss zu den Fahrkosten und Büros mit eigenem Badezimmer – in der Anfangszeit des neuen Kreises Euskirchen 1972 lief noch nicht alles rund. Vieles war auch noch provisorisch und aus heutiger Sicht skurril. Johannes Adams und Karl Heinen waren damals Auszubildende beim Altkreis Schleiden, Bernhard Siegel war in der Beamtenausbildung in Euskirchen. Die drei erinnern sich anlässlich des 50-jährigen Bestehens des Kreises Euskirchen an die Übergangszeit.

Zweiklassengesellschaft durch Neugliederungsbus

Man könne von einer Zweiklassengesellschaft unter den Kreismitarbeitern in den ersten zehn Jahren nach der Neugliederung sprechen. Es gab diejenigen, die den Neugliederungsbus aus der Eifel nutzen durften, und diejenigen, die zu weit von der Buslinie weg wohnten und deswegen sowieso das Auto nutzen mussten, wie Adams schmunzelnd berichtet.

1972 richtete der neue Kreis Euskirchen extra einen Bus ein, der die Mitarbeiter aus dem Altkreis Schleiden morgens nach Euskirchen brachte und abends wieder in die Eifel fuhr. „Der Bus fuhr von Hellenthal über Blumenthal, Schleiden, Gemünd und Kall nach Euskirchen“, erinnert sich Heinen, der den Shuttle am Anfang oft nutzte. Heinen begann mit 17 Jahren seine Ausbildung bei der Kreisverwaltung Schleiden, doch relativ schnell war der Kreis Geschichte, und er musste täglich von Berescheid nach Euskirchen pendeln.

"Trennungsentschädigung" für die Autofahrer

Adams hatte da weniger Glück, erinnert er sich. Er wohnte damals in Schmidtheim, zu weit entfernt von der Buslinie, um sie nutzen zu können. Stattdessen, so erinnert er sich heute, gab es eine sogenannte „Trennungsentschädigung“ für all diejenigen, die mit dem Auto den Weg bis Euskirchen zurücklegen mussten. „Bei den damaligen Spritpreisen war das noch ganz okay“, so Adams lachend. Für die Schleidener habe es Spritmarken für 50 Cent gegeben.

Schnell bildeten sich Fahrgemeinschaften unter den Kollegen aus der Eifel: „Auf der Fahrt wurde dann auch mal diskutiert, wo die Arbeitsabläufe besser oder schlechter waren“, erinnert sich Adams. „In Euskirchen war aber laut den Kollegen immer alles schlechter.“

Nicht nur die Mitarbeiter mussten nach Euskirchen fahren, auch das Mobiliar zog in die neuen Räumlichkeiten um.

„Die Euskirchener waren dagegen der Meinung, dass es nicht mehr läuft, seit die Schleidener da waren“, unterbricht ihn Siegel in seiner Erzählung. Siegel war in der Kreisverwaltung Euskirchen in der Ausbildung und zum Zeitpunkt der Zusammenlegung im Ausbildungsabschnitt „Jugendamt“. „Wir waren ausgelagert in einer Nebenstelle, im sogenannten Binner-Haus an der Wilhelmstraße, und da kamen nur die ,Alten’ aus Schleiden hin“, so Siegel.

Mit Winterjacke im Büro arbeiten

Freundschaften entstanden erst später. Erst als Siegel zur Zulassungsstelle wechselte, die im ehemaligen Waisenhaus an der Kommerner Straße (heutige Musikschule) untergebracht war, habe er mit jüngeren Kollegen zusammengearbeitet. „Ob aus Euskirchen oder Schleiden – das spielte dann keine Rolle mehr“, so Siegel. Da haben sich auch erste Freundschaften gebildet.

Die Zeit im ehemaligen Waisenhaus war aber vor allem im Winter nicht immer angenehm, erinnert sich Siegel: „Irgendein Rohrbruch war immer. Wenn die Heizung mal wieder ausfiel, saßen wir auch mal einen Tag im Mantel in den Büros.“ Heute, so Siegel, eine Unvorstellbarkeit.

Mittagspause zum Gratis-Baden genutzt

An ungewöhnliche Büros erinnert sich auch Heinen, der im sogenannten Hochhaus an der Peter-Simons-Straße, eine Zeit lang saß. „Dabei hat das Haus, glaube ich, nur sechs Stockwerke“, sagt Heinen lachend. Ursprünglich war das Hochhaus als Wohnhaus mit kleinen Appartements gebaut worden. Aufgrund der Raumknappheit und den vielen Mitarbeitern der Kreisverwaltung bezogen aber Angestellte des neuen Kreises das Haus. „Das hatte dann den Effekt, dass jedes Büro seinen eigenen Balkon und vor allen Dingen seine eigene Toilette hatte“, so Heinen. „Und teilweise auch mit einer Küche und Badewanne ausgestattet war“, ergänzt Adams. „Es soll Kolleginnen und Kollegen gegeben haben“, so Adams lachend, „die die Mittagspause zum Gratis-Baden genutzt haben.“

Können sich noch gut an die Anfänge in Euskirchen erinnern: Johannes Adams, Karl Heinen und Bernhard Siegel (v.l.).

Von Anfang an war das heutige Kreishaus, das ja zunächst nur für den Altkreis Euskirchen geplant und gebaut worden war, nach der Zusammenlegung zu klein für alle Mitarbeiter. Heinen kam so in seiner Zeit viel durch Euskirchen: Nach seiner Zeit bei der Bundeswehr, wo er nach einer Ausbildung den Wehrdienst leisten musste, war er zunächst im ehemaligen Kreishaus des Altkreises Euskirchen an der Kölner Straße, heutige Stadtverwaltung, untergebracht, bevor er in die Peter-Simons-Straße umzog. „Ich habe auch noch am Keltenring, beim Sozialamt glaube ich, gesessen“, so Heinen rückblickend.

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Im Nachhinein sind sie froh um alle Erfahrungen und über die Zusammenlegung der Verwaltungen. „Die Umstrukturierung fiel uns Jüngeren leichter“, sagen die drei Männer. Es habe den Horizont erweitert – dadurch, dass man neue Menschen und neue Gegenden kennengelernt hat. „Euskirchen war für mich als Kind wie die große Weltstadt“, so Adams.