Landwirt Sebastian Bützler hatte Bauern und Politiker auf seinen Hof in Kolvenbach eingeladen, um über Freiflächenphotovoltaik zu sprechen.
EnergiewendeLandwirte und Politiker aus Bad Münstereifel diskutierten über Freiflächen-PV
Redenden Menschen kann geholfen werden. Wie zutreffend das Sprichwort ist, zeigte sich am Donnerstagabend auf dem Bauernhof von Sebastian Bützler in Kolvenbach. Der Landwirt hatte Kollegen und Vertreter der Bad Münstereifeler Politik zum Austausch eingeladen, um die Sorgen und Nöte der Bauern zum Thema Freiflächen-Photovoltaik darzustellen.
Am Ende dieser rund 80-minütigen Diskussionsrunde waren beide Seiten nicht nur wegen eines Regenschauers, bei dem alle in der Garage Unterschlupf fanden, näher zusammengerückt.
Ausschuss in Bad Münstereifel stimmte für Freiflächen-PV-Anlagen
Acht Tage zuvor, beim Stadtentwicklungsausschuss, klang das noch anders. „Die Landwirte sollten sich zunächst an ihre Verpächter wenden“, hatte Ausschussvorsitzender Ludger Müller (CDU) noch betont.
Auf der Tagesordnung hatten Änderungen des Flächennutzungsplans und der Bebauungspläne für Freiflächen-Photovoltaikanlagen bei Hohn (2,4 Hektar, 3 Megawattpeak/Jahr), Nöthen (8,7 Hektar, 8 Megawattpeak/Jahr), Mutscheid (12 Hektar) und Escher Heide gestanden, die vom Ausschuss meist bei Gegenstimme von Thomas Bell (parteilos) und bei Enthaltung von Sebastian Glatzel (SPD) durchgewunken wurden.
Pachteinnahmen für Landwirte sollen extrem hoch sein
„Freiflächen-Photovoltaik ist uns Landwirten ein sehr großer Dorn im Auge“, sagte Bützler. „Wir sind an Flächen gebunden, denn ohne Flächen gibt es keine Landwirtschaft“, so der Bauer weiter. Die Investoren von Freiflächen-Photovoltaikanlagen würden horrende Pachtpreise zahlen. „Damit können wir Landwirte nicht dienen“, so Bützler.
Und er befürchtet, dass auch seine Kollegen den Angeboten erliegen: „Wenn einer anfängt, werden die anderen mitziehen.“ Das bestätigt ein Kollege. Er habe von Investorenangeboten gehört, bei denen die Pachteinnahmen so hoch seien, dass die Landwirte nicht mehr arbeiten müssten.
Bützler macht aber auch noch mal deutlich: „Wir Landwirte haben nichts gegen Erneuerbare Energien, wir haben schließlich fast alle Photovoltaikanlagen auf dem Dach.“ Allerdings werde der Flächendruck steigen, denn es gebe weniger Nutzland für die Bauern. „Und die Firmen wollen nur die Sahnestücke, um den Profit zu maximieren.“ Wenn vor Ort weniger Fläche von Bauern bewirtschaftet werde, könne das zu Problemen mit der Lebensmittelversorgung führen.
Landwirte haben viele offene Fragen wegen Freiflächen-Photovoltaik
Bützler schlägt vor, dass zunächst städtische Flächen wie Parkplätze oder Gebäude für Photovoltaik genutzt würden. Unklar ist den Landwirten außerdem, ob die Stadt von auswärtigen Betreibern Steuereinnahmen erhalte. Die Steuereinnahmen von Landwirten würden schließlich sinken, wenn sie weniger verdienen.
Unbeantwortet ist für ihn auch die Frage: Was passiert nach dem Ablauf der meist 20-jährigen Pachtvertragsdauer? Werden die Anlagen zurückgebaut? Reicht die dafür hinterlegte Bürgschaft aus oder müssen die Anlagen teuer entsorgt werden? Die Grundlast von Photovoltaik sei außerdem nicht gut. Strom werde nur bei Sonnenlicht erzeugt. „Wir müssen also weiterhin Strom teuer einkaufen.“ Bützler schließt mit dem Appell: „Wir Landwirte haben bei der Flut geholfen, das Anliegen ist uns wichtig.“
Ob die Flächen nach der 20-jährigen Pachtdauer wieder der Landwirtschaft zugeführt werden können, kann Martin Spiegelhalter, Kreisgeschäftsführer der Kreisbauernschaft Euskirchen, nicht beantworten. „Das ist nicht gewiss, denn Umweltschutzmaßnahmen und Gesetze ändern sich.“ Er sieht die Gefahr, dass durch die Unruhe am Pachtmarkt ein Streit unter Landwirten entstehen könne.
Ludger Müller erklärt Vorgehensweise der kommunalen Politik
Von politischer Seite waren Vertreter der Fraktionen von CDU, SPD und Grüne nach Kolvenbach gekommen, darunter auch Ludger Müller als Vorsitzender des Stadtentwicklungsausschusses und stellvertretender Bürgermeister. Er versuchte, den Landwirten zu erklären, wie die Politik ihre Entscheidungen treffe. „Es ist alles eine Abwägung. Wir sehen einerseits die Goldgräberstimmung, andererseits können wir auch nicht sagen, wir machen nichts.“
Der Flächenverbrauch in Bad Münstereifel sei „nicht lustig“. Und es gebe ja auch noch Konkurrenz durch Straßen und Neubaugebiete. All diese Interessen müsse die Politik unter einen Hut bekommen. „Wir haben den Anspruch: Wir werden der Flächenkonkurrenz nicht blind folgen“, so Müller und betonte: „Wir sind Vertreter der Bürger und nicht der Investoren.“
Stadtplanerin Carmen Haltenhof habe Potenzialflächen für Freiflächenphotovoltaik ausgearbeitet. „Diese Karte zeigt aber nur, wo es geografisch möglich ist, nicht, ob es da überhaupt eine Pachtmöglichkeit gibt“, erklärt Manfred Manheller (CDU).
Politik denkt über Deckelung oder Anpassung des Leitfadens nach
Und schon begann das Brainstorming der Politik. Thilo Waasem (SPD) schlug vor, den städtischen Leitfaden für die Ansiedlung von Freiflächenphotovoltaik anzupassen. Denn aktuell habe der Stadtrat bei den Entscheidungen noch den Hut auf und man könne nachjustieren. Ludger Müller erachtet eine Deckelung als sinnvoll an, entweder bei der Fläche oder der Leistung. Diese Grenze dürfe nicht überschritten werden. „Dann ist auch der Preisdruck weg“, so Müller. Die laufenden Projekte sollten aber positiv begleitet werden.
„Es ist ein richtiger Gedanke, dass man auf die heimische billige Energie setzt, anstatt sie teuer einzukaufen“, sagte Peter Schallenberg (Grüne). „Wir müssen aber einen Weg finden, wie wir es regional passend machen können. Wir wollen keine Berufsverhinderungspolitik machen“, so Schallenberg weiter.
Die politischen Vertreter waren sich einig darüber, dass sie nachbessern müssen – und das auch in Zusammenarbeit mit den Landwirten. So könnten diese die Potenzialflächen nach landwirtschaftlicher Wertigkeit kategorisieren, um Flächen einzuschränken, schlug Müller vor.
„Schaut doch mal nach, womit ihr kaum Probleme habt. Und wir schauen, wo wir Flächen noch positiv für Photovoltaik begleiten“, so der Ausschussvorsitzende, der zu dem Schluss kam: „Es ist gut, dass wir schon zu einem so frühen Zeitpunkt miteinander reden und die Diskussion nicht über die asozialen Netze führen, wo man sich dann gerne verrennt.“