AboAbonnieren

VerkehrskonzeptPolitik stimmt mehrheitlich für Fußgängerzone in Bad Münstereifel

Lesezeit 4 Minuten
Soll Fußgängerzone werden: die Orchheimer Straße. Oder doch nicht?

Soll Fußgängerzone werden: die Orchheimer Straße. Oder doch nicht?

Der Mobilitätsausschuss in Bad Münstereifel diskutierte über das vorgestellte Verkehrskonzept und stimmte ihm mit Änderungen zu.

Ein Schmunzeln konnte sich Karl Michalowski nicht verkneifen. Seine SPD-Fraktion hatte schon vor der gut besuchten Bürgerinformationsveranstaltung am vergangenen Donnerstag angekündigt, dass sie die Pläne, die Orchheimer Straße und die Marktstraße zur Fußgängerzone zu machen, nicht befürworte. Und so schaute Michalowski amüsiert zu, als am Dienstag im Mobilitätsausschuss, dem nur eine Handvoll Bürger beiwohnten, plötzlich einige Fußgängerzonen-Verfechter von CDU und UWV ins Wanken gerieten und diese kurzzeitig sogar infrage stellten.

Stein des Anstoßes war die Frage, wer mit seinem Fahrzeug in diese Fußgängerzone fahren darf. Bei der Versammlung am Donnerstag sei das vielleicht missverständlich rübergekommen, sagte Svenja Gest vom Büro Isaplan. Deshalb präzisierte sie noch einmal: Die Fußgängerzone darf, mit Ausnahme des Lieferverkehrs zu bestimmten, noch festzulegenden Uhrzeiten, nur von Berechtigten mit Ausweis befahren werden. Und das ist man nur, wenn man in der Fußgängerzone einen Stellplatz oder eine Garage hat. Sonstige Anwohner der als Fußgängerzone ausgewiesenen Flächen sind das nicht, die der Seitenstraßen erst recht nicht. Eine Ausnahme könnte man wohl während der ausgewiesenen Lieferzeiten machen, so Svenja Gest.

Wir sind grundsätzlich dafür, dass alle Anwohner und Anlieger jederzeit reindürfen.
Andreas Bühl (UWV)

Das schmeckte Andreas Bühl (UWV) und Bernhard Ohlert (CDU) nicht. Bühl, der nach der Vorstellung des Konzepts noch mitteilte, dass seine Fraktion diesem in Gänze zustimme, meinte nun, dass man den Anwohnern nicht vorschreiben könne, wann sie einzukaufen hätten, und sah das Konzept als gescheitert an. „Wir sind grundsätzlich dafür, dass alle Anwohner und Anlieger jederzeit reindürfen“, so Bühl. Auch Ohlert war der Meinung, dass Anwohner jederzeit durch die Fußgängerzone fahren dürften, „sonst stimme ich nicht zu“.

Damit sprach er aber nicht für die gesamte Fraktion. Denn Ludger Müller hatte zuvor klar ausgedrückt: „Ein Pkw gehört nicht in eine Fußgängerzone, auch nicht parkend.“ Er sei für eine strikte Regelung, um die Aufenthaltsqualität zu erhöhen. „Für die Massierung der Gastronomie in der Werther Straße gibt es ja einen Grund.“ Deshalb war Müller dafür, das Konzept wie vorgestellt umzusetzen.

Plädoyer für Fußgängerzone

Svenja Gest warb ebenfalls dafür, und zwar als ehemalige Anwohnerin einer Fußgängerzone in Troisdorf und nicht als Verkehrsplanerin, wie sie explizit ausdrückte. „Ich durfte nie einfahren. Meine Einkäufe musste ich zu Fuß erledigen. Aber das hat super funktioniert. Man gewöhnt sich daran.“ Der Vorteil, dass es keinen Verkehr gebe, habe überwogen. Auf Bad Münstereifel gemünzt meinte sie: „Wir wollen was für die Stadt tun, für deren Erscheinungsbild.“ Deshalb müsse ein Umdenken stattfinden.

Das Plädoyer fruchtete. Auch CDU und UWV stimmten für das Konzept, allerdings mit einigen Veränderungen. Dagegen waren die SPD, deren Mitglied Michael Braun als Kernstadtbewohner von Diskussion und Abstimmung wegen Befangenheit ausgeschlossen war, und der fraktionslose Linke Thomas Bell.

SPD will verkehrsberuhigte Zone ausweiten

Der SPD war die Einführung einer Fußgängerzone „zu bürokratisch“, wie Michalowski es ausdrückte. Allein die Ausweisung der Berechtigungsscheine sei mit hohem Arbeitsaufwand verbunden. „Und vor dem Schilderwald graut es mir“, so Michalowski. Hinzu komme, dass eine Kontrolle der neuen Regelungen nicht gewährleistet sei. „Die Polizei hat Besseres zu tun“, vermutet er. Deshalb möchte seine Fraktion die Zufahrtsregelung wie bisher beibehalten, allerdings mit einer früheren Schließung schon am Nachmittag. Stattdessen solle der verkehrsberuhigte Bereich auf die gesamte Kernstadt ausgedehnt werden. Svenja Gest nannte dann aber auch die Konsequenz, dass die Werther Straße, die schon Fußgängerzone ist, wieder befahrbar würde.

Eine weitere Befürchtung äußerte Wolfgang Sassenscheidt (Grüne). Durch den Wegfall der Hol- und Bringzone auf der Marktstraße rechnet er mit einer Verlagerung in die Heisterbacher Straße, die stadteinwärts zur Einbahnstraße wird. „Da halten dann morgens die Muttitaxis und verursachen einen Stau bis zur Nöthener Straße“, sagte er. Laut Gest seien zu Beginn Kontrollen und Information wichtig.

Ein vernunftbegabter Mensch fährt auch nur einmal am verkaufsoffenen Sonntag in die Fußgängerzone.
Ludger Müller (CDU)

Ein paar Anregungen aus der Bürgerinformationsveranstaltung hatte die Verkehrsplanerin schon umgesetzt. So könnte es die Möglichkeit von Stellplätzen an der Marktstraße und vor dem St.-Michael-Gymnasium geben, und zwar außerhalb der Geschäftszeiten, an Sonn- und Feiertagen. Verkaufsoffene Sonntage sollten aber wie Geschäftstage genutzt werden. „Ein vernunftbegabter Mensch fährt auch nur einmal am verkaufsoffenen Sonntag in die Fußgängerzone“, sagte Ludger Müller.

Auch der Vorschlag, dass Bewohner des Johannisquartiers (Johannisstraße, Entenmarkt, Kettengasse, Braugasse) nicht wie vorgesehen über die Marktstraße und den Markt dorthin gelangen, sondern über die Alte Gasse, sei in Betracht zu ziehen. Genauso seien Kurzzeitparkplätze vor der Apotheke an der Kölner Straße und auf der gegenüberliegenden Straßenseite denkbar.

Einnahmen durch Sondernutzungen

Die Aussage, dass die Stadt auf mehrere Zehntausend Euro Parkgebühreinnahmen verzichte, relativierte Gest. Schließlich stiegen die Einnahmen durch neue Parkzeiten an der Großen Bleiche und an der Feuerwache. „Und es gibt auch Einnahmen durch Sondernutzungen in der Fußgängerzone, etwa durch Außengastronomie“, ergänzte Bernhard Ohlert.

Deutlich machte der Ausschuss, dass man spätestens ein Jahr nach der Umsetzung des Konzepts prüfen wolle, wie es funktioniere. Und Ausschussvorsitzender Martin Mehrens (CDU) meinte: „Ich denke, wir haben nicht zum letzten Mal darüber diskutiert.“