Kräuterpädagogin Christiane Alexa vermittelte in Bad Münstereifel viel Wissenswertes – auch zur Furcht vor dem Fuchsbandwurm.
KräuterwanderungDiese Köstlichkeiten birgt das erste Grün im Bad Münstereifeler Kurpark
„Das trifft ja alle Klischees“, stellte der einzige männliche Teilnehmer der Kräuterwanderung im Kulturhaus Theater 1 in Bad Münstereifel fest. Sogleich ergänzte eine der neun übrigen Teilnehmerinnen die Beobachtung: „Mein Mann fragte mich heute Morgen: Muss ich da auch mit?“ Alle Frauen lachten. Er musste nicht.
Sehr ungezwungen ging dann die Wanderung hinauf zum Kurpark vonstatten. Die Teilnehmerinnen freuten sich auf die Entdeckungen, die sie erwarteten. Die erste Pflanze, auf die man stieß, war das Wiesenlabkraut. „Jetzt ist die richtige Erntezeit“, erklärte Kräuterpädagogin Christiane Alexa. Vor 30 Jahren hat die gelernte Pädagogin ihre Kenntnisse um den Bereich der Kräuter durch ein Zusatzstudium ergänzt. Man merkt ihr an, wie sie es liebt, das erworbene Wissen an andere weiterzugeben.
Manche Pflanzen werden nach der Blüte unbekömmlich
„Wiesenlabkraut schmeckt nach Erbse und Mais und kann roh im Salat oder gedünstet gegessen werden.“ Dann ging sie ins Detail, warum manche Pflanzen im Frühjahr noch essbar sind, aber nach der Blüte unbekömmlich werden. Die heilsame Wirkung wurde beleuchtet, und es wurde über Pflanzengifte gesprochen: „Jakobs-Greiskraut enthält Alkaloide, die sich im Körper anreichern. Für Kühe, Pferde und Menschen kann das gefährlich werden.“
So durchstreifte die Gruppe zwei Stunden lang den Kurpark. Mal fiel der wilde Schnittlauch auf, der gleich für die spätere Mahlzeit eingesammelt wurde. Dann ging es weiter zum Haselnussstrauch. Die männlichen Blütenstände sind essbar. Mit Schokolade überzogen oder in Erdnussöl frittiert schmecken sie angeblich wunderbar, wie eine Teilnehmerin bestätigte. Frisch vom Zweig gepflückt, enthält er noch Bitterstoffe.
Davon überzeugte sich die Gruppe persönlich. Ein phänologischer Kalender wurde hervorgeholt, und Alexa erklärte daran, wie sich in den vergangenen 70 Jahren die Wuchsperioden heimischer Pflanzen um vier Wochen Richtung Januar verschoben haben. Die Haselnuss ist für den Kalender eine Schlüsselpflanze. Die Kräutergruppe konnte sich so auch ohne Temperaturangaben von der Klimaveränderung überzeugen.
Am Strauch der Kornelkirsche war das Staunen groß. Die meisten hätten nicht gedacht, dass man sowohl Blüten als auch Früchte essen kann. Überhaupt ließ die Gruppe erkennen, dass in vieler Hinsicht Unsicherheit und Ängste davor zurückschrecken lassen, Pflanzen aus der Natur zu pflücken und zu verzehren.
Kräuterpädagogin Christiane Alexa arbeitet gegen das Halbwissen
Nicht nur die möglichen Gifte halten ab, sondern auch das Halbwissen über den Fuchsbandwurm. Alexa konnte die Befürchtungen beseitigen: „Es gibt nur 50 bis 60 Fälle von Erkrankungen mit Fuchsbandwurm in Deutschland pro Jahr – und die meisten betreffen Jäger und Landwirte.“ Die Pädagogin hat sich selbst viele Jahre Sorgen um eine Infektion gemacht, bevor sie sich sachkundig machte. Fazit: „Es ist sehr unwahrscheinlich, sich anzustecken.“
Für die Teilnehmerin Tanja Fernando hat sich der Tag gelohnt: „Ich bin hier, weil ich mich gerne selbst versorgen möchte. Kräuter sind heilsam. Ich bin erst vor kurzem in die Gegend gezogen und will auf diesem Weg Leute und Umgebung kennenlernen. Hier sind Menschen mit gleichen Themen und Hobbys.“ Und Elke Schön stellte fest: „Mein Mann ist nicht da, und da mach' ich was für mich.“ Die Kräuterwanderung wurde in vielerlei Hinsicht ein bereicherndes Erlebnis.
Zurück am Ausgangspunkt, dem Kulturhaus Theater 1, wurden die gesammelten Kräuter und Blüten zu leckeren Aufstrichen verarbeitet. Danach lauschten alle der lustigen und lehrreichen Lesung von Christiane Remmert über die kulturelle Bedeutung des Haselnussstrauches durch die Jahrtausende. „Schlag dein Kind nicht mit einem Haselnusszweig, sonst wird es krumm“, zitierte sie mittelalterliche Legenden, Vorurteile und Aberglauben. Dazu gab es Heckenpunsch, ein Heißgetränk aus Früchten und Kräutern.
Die Expedition ins Reich der Frühjahrspflanzen endete mit einer Begrüßung des Frühlings. Dazu hatte Alexa verschiedene getrocknete Zweige von Beifuß, Dost, Lavendel und Salbei mitgebracht. Mit einem Baumwollfaden wurden die Ästchen zu kleinen Räucherstäbchen zusammengebunden und anschließend angesteckt. Ein herrlich duftendes Ritual, um den Frühling willkommen zu heißen und das eigene Wohlbefinden zu stärken.