AboAbonnieren

KunstausstellungBenjamin Nachtwey zeigt in Bad Münstereifel den Zauber der Provence

Lesezeit 3 Minuten
Der Künstler Benjamin Nachtwey steht vor zweien seiner Werke.

Benjamin Nachtwey zeigt in der Galerie Lethert Werke, die auf seinen Reisen in die Provence entstanden sind.

Der Hamburger Künstler stellt in der Bad Münstereifeler Galerie Lethert 30 seiner Arbeiten aus. Im Mittelpunkt steht der Südwesten Frankreichs.

Der Midi, die Region Provence-Alpes-Côte d'Azur im Südwesten Frankreichs, ist das Thema der neuen Ausstellung in der Galerie Lethert mit 30 Öl- und Acrylarbeiten in verschiedenen Formaten des Hamburger Künstlers Benjamin Nachtwey.

Er sei bislang eher ein Maler der Dunkelheit gewesen, sagt der 1962 geborene Benjamin Nachtwey. Er deutet im Obergeschoss der schönen Bad Münstereifeler Galerie Lethert auf tief dunkelblau-violette abstrahierte Großformate in Acryl, die Fragmente einer Pinie zeigen.

Ein Werk ist eine Reminiszenz an Vincent van Gogh

Die Vorlage entdeckte Nachtwey bei einer seiner mehrwöchigen Provence-Reisen in den vergangenen zwei Jahren: Die Pinie steht vor der Psychiatrie von Saint-Rémy-de-Provence, in der einst Vincent van Gogh in seinen letzten Lebensjahren behandelt worden war.

Nachtwey hat bei dieser Reminiszenz an den großen Künstler vor Ort – en plein air (Freilichtmalerei), wie man es nennt – das leicht bläuliche Zeichenpapier und die Rötelstifte ausgepackt und angefangen abzuzeichnen. Detailreich, genau. Das kräftige Rotbraun des Rötels auf dem bläulichen Untergrund: Diese Farbkombination hat dem Augenmenschen und Meisterschüler von A.R. Penck an der Düsseldorfer Kunstakademie sofort gefallen.

Benjamin Nachtwey bildet die Natur in den französischen Alpilles ab

Bei Leonardo da Vincis Zeichnungen habe er erstmals die Kombination entdeckt, so Nachtwey. Bezüge auf die Kunstgeschichte kann, wer will, bei den Arbeiten mitdenken.

Zurück im Atelier, entstand dort das abstrahierte, dramatisch vergrößerte Detail der dunklen Pinie, das fast schon an den „Blow-Up“-Effekt der Pop Art erinnert. Auch bei einigen großen Landschaftsgemälden nach Motiven in den Alpilles, dem Kalksteinhöhenzug in der südwestlichen Provence, ist das zu beobachten: In Öl hat der Künstler auf postkartengroßem Malkarton vor Ort die Natur abgebildet, dann in der Blickachse des Besuchers im großen Ausstellungsraum die großformatige Abstraktion an die Wand hängen lassen.

Nun ist das Farbspektrum auf sanfte Pastelltöne reduziert, die Flächen und Strukturen etwa eines Bachtals zwar noch gerade lesbar, aber scharf voneinander, wenn auch ohne Konturlinien, abgesetzt. „Das geht in die Richtung der Hard-Edge-Malerei, etwa von Robert Motherwell“, so Galerist Peter Lethert.

Das Ergebnis ist natürlich auch gefällig, fast schon plakativ – aber auch heiter, entspannt, teilweise fast beschwingt-rhythmisch. Ein Farbflächenteppich, eben wie der Midi im Sommer auch sei kann.

In Bad Münstereifel sind sanfte Farbübergänge wie im Aquarell zu sehen

Im Erdgeschoss sind im Gegensatz dazu 15 kleinformatige Arbeiten komplexer. Unter anderem diente der 300 Meter hohe Mont Gaussier für Farb- und Lichtstudien. „In der Landschaft sind sogar die Schatten farbig“, wie sich Benjamin Nachtwey begeistern kann. Er hat sich bei diesen Arbeiten die groben Strukturen des Leinenbildträgers zunutze gemacht, die man im Gegenlicht gut erkennen kann.

Der Träger wurde nur mit einem dünnen Binder stabilisiert, dann die verdünnte Acrylfarbe aufgetragen. Die Farbübergänge wirken sanft wie in einem Aquarell, Details verschwimmen. Durch den Struktureffekt des Leinens wirken die Motive unscharf, wie durch einen Schleier gesehen. Die Landschaft ist wie zerzaust, wenn sie während eines Mistralwinds gesehen wurde, die Lichteffekte variieren wie in einer impressionistischen Studie.

So sind Hügel und Wälder mal in flirrendes Sommerlicht getaucht, mal in der Dämmerung fast verschwindend. Die Formen und Strukturen bilden die Bildarchitektur, werden aber nicht auf ihr Volumen reduziert wie bei Paul Cézanne, dem großen Provence-Maler.

Für diejenigen, die den Südwesten Frankreichs wie Benjamin Nachtwey aus dem Sommerurlaub kennen, sind die Bilder in der Galerie Lethert eine schöne Erinnerung. Wer noch nicht da war, den werden der Zauber und die Farbenfreude, die von Arbeiten des Künstlers ausstrahlen, in ihren Bann schlagen.


Ausstellung ist in Bad Münstereifel bis zum 31. Dezember zu sehen

Die Ausstellung Midi mit den Bildern von Benjamin Nachtwey ist in der Galerie Lethert, Wertherstraße 6, Bad Münstereifel bis zum 31. Dezember 2023 zu sehen. Geöffnet samstags 15-18 Uhr und nach Vereinbarung.