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Stundenlange VerzögerungBrückensprengung in Bad Münstereifel wird Geduldsprobe

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Nach der Sprengung der Schienenstränge werden die Reste der Eisenbahnbrücke von einem Bergepanzer aus der Erft gezogen.

Bad Münstereifel/Euskirchen – Die Schnittsprengung des THW an der Eisenbahnbrücke bei Kirspenich war zunächst nur teilweise erfolgreich. Der Grund: eine Schiene gab dem Sprengstoff nicht nach. Dann verzögerten die zweiten Evakuierungsmaßnahmen und Wanderer, die durch die Felder im Evakuierungsbereich spazierten, die zweite Sprengung bis nach 16 Uhr. Erst danach konnte die Evakuierung aufgehoben werden.

Zunächst waren es vier Bewohner aus Kreuzweingarten, die noch evakuiert werden mussten. Dann war es eine Eisenbahnschiene, die dem Sprengstoff nicht nachgeben wollte. Dann waren es ein paar wenige Arloffer, die sich vor der zweiten Sprengung nicht evakuieren lassen wollten.

Brücke brauchte zweite Sprengladung

Zwar vermeldete der Sprengmeister Björn Groß, Zugführer des THW-Ortsverbands Schleiden, gegen 12 Uhr, dass die Sprengung der Schienen an der Eisenbahnbrücke über die Erft erfolgreich war, doch dann erfolgte die Korrektur. Es müsse nachgesprengt werden, teilte die Polizei an den Absperrungen des einen Kilometer umfassenden Evakuierungsradius’ den Einwohnern mit, die wieder zurück zu ihren Wohnungen und Häusern wollten.

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Die beiden jungen Arloffer hatten sich einen Logenplatz für die Sprengung gesucht, die sich dann über Stunden hinzog.

Ein paar wenige Arloffer waren aber buchstäblicher schneller als die Polizei erlaubt und bereits auf dem Weg zu ihren Häusern, bevor die Beamten die Straßen wieder abriegeln konnten. Diese mussten erneut evakuiert werden, was die zweite Sprengung verzögerte. Auf eine derart lange Evakuierung hatte sich das DRK nicht eingerichtet.

Gegen Mittag wurden die Süßigkeiten und Snacks gegen Butterbrote ausgetauscht. Zwischenzeitlich war auch Bad Münstereifels Bürgermeisterin Sabine Preiser-Marian genervt: „Ich gebe keine Prognose mehr ab.“

Sprengung war ursprünglich für 11 Uhr vorgesehen

Ursprünglich war die Sprengung für 11 Uhr vorgesehen. Im Anschluss daran war geplant, dass ein Bergepanzer die etwa 50 Tonnen schwere Brücke aus der Erft zieht. Und danach sollte sofort damit begonnen werden, den Hang unterhalb der Kläranlage zu befestigen.

„Lieber das Haus aufgeräumt“

„Sich hier auf dem Platz einfinden zu müssen, ist im Vergleich zu den vergangen zwei Wochen das geringste Übel“, sagte eine Arlofferin, die auf dem Parkplatz vor dem Hotel „Zur Waage“ einen Kaffee trank.

Mona Schuler lebt seit sieben Jahren in Kirspenich. Sie sagte: „Für viele Menschen ist das hier die erste Chance, mal in Ruhe mit dem Nachbarn zu reden, Dinge zu verarbeiten. Das kann viel wert sein.“

„Der Zusammenhalt ist großartig. Natürlich ist es ärgerlich, wieder das Haus verlassen zu müssen, aber es muss halt sein“, berichtete der Arloffer Christian Baumann: „Wir hätten in der Zeit natürlich lieber weiter unser Haus aufgeräumt.“

„Ich war tatsächlich noch nie in Maria Rast. Das ist zwar jetzt ein trauriger Anlass, aber ich werde mir das Kloster in Ruhe anschauen“, so eine Kreuzweingartenerin. (tom)

Die Schnittsprengung war nötig, weil die Erft vor der Kläranlage in Kirspenich nach dem Hochwasser ein zweites Flussbett gebildet hat. Nach Angaben von THW-Mitarbeiter Dirk Preehl bestand die Gefahr, dass sich zusätzliches Treibgut an den in der Luft hängenden Schienen sammelt und so den Hang an der Kläranlage weiter unterspült.

Es sei ohne Sprengung nicht auszuschließen, dass die Kläranlage, die etwa 90 Prozent des Schmutzwassers aus dem Raum Bad Münstereifel aufarbeitet, in die Erft rutscht, so Preehl. Da die Schienen stark unter Spannung standen, war ein Abtrennen mit einem Schneidbrenner nicht möglich. „Das ist viel zu gefährlich, weil die Schienen die THW-Mitarbeiter töten könnten“, so Preehl.

Wegen Wetterprognose: Verschiebung der Sprengung auf Sonntag

Also habe man sich zur sogenannten Schnittsprengung entschlossen. Ursprünglich sollte die sogar schon am Samstagabend stattfinden. Da die Wetterprognosen für Sonntagvormittag aber keinen Regen angekündigt hatten, entschied man nach Rücksprache mit den Stadtverwaltungen aus Euskirchen und Bad Münstereifel, die Sprengung am Sonntag durchzuführen – auch, weil so mehr Zeit zur Verfügung stand, um die Bewohner in Kreuzweingarten, Arloff und Kirspenich zu warnen und die Evakuierungsmaßnahmen vorzubereiten.

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Das DRK schaffte zwischenzeitlich weitere Sitzgelegenheit für die evakuierten Arloffer heran.

Etwa 2000 Menschen mussten insgesamt evakuiert werden. Viele von ihnen kamen bei Bekannten unter. Im Kloster Maria Rast fanden sich nach Angaben von DRK-Einsatzleiterin Elke Unterstetter knapp 100 Bewohner ein. Auf dem Parkplatz vor dem Hotel „Zur Waage“ in Arloff waren es etwa 110 Menschen. „Die Nonnen haben eine ganz tolle Arbeit geleistet“, lobte Unterstetter.

Etwa 30 Rettungs- und Einsatzkräfte von DRK und THW kümmerten sich auf dem Gelände des Klosters um die etwa 100 Menschen aus Kreuzweingarten. Gegen 9.50 Uhr glich Kreuzweingarten einem Geisterdorf. „Bisher hat alles gut geklappt. Alle zeigen sich kooperativ“, sagte ein Mitarbeiter des Euskirchener Ordnungsamts.

Evakuierung von Patienten verzögert Sprengung der Brücke

Doch dann verzögerte sich die Sprengung, weil noch zwei Liegendpatienten in Kreuzweingarten in Sicherheit gebracht werden mussten. Sie wurden – genau wie die anderen Patienten, die sich nicht selbstständig in Sicherheit bringen konnten – nach Maria Rast oder in umliegende Seniorenzentren gebracht.

„Wir haben hier verschiedene Räume. Einen extra für Menschen, die Symptome einer möglichen Corona-Infektion zeigen“, erklärte Unterstetter. Vor der Registrierung wurde bei jedem Evakuierten Fieber gemessen. Erst dann durften sie das Gelände des Klosters betreten.

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Durch die zeitlichen Verzögerungen konnten am Vormittag noch etwa 50 Schafe und Lämmer von einem Spezialtransporter aus Arloff gefahren werden. Als der Transporter gegen 10.10 Uhr auf die Bahnhofsstraße einbiegen wollte, sorgte das zunächst für Kopfschütteln. Schließlich war das Areal eigentlich schon seit 70 Minuten gesperrt. Die Aktion sei mit der Polizei abgesprochen, sagten sowohl Fahrer als auch der Einsatzleiter der Polizei.