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Weihnachtsbörse für FlutopferChristbaumschmuck, Krippen und Co. zu verschenken

Lesezeit 4 Minuten

Sie helfen sich gegenseitig: Katharina Kann (l.) hat Judith Weichsel über das gemeinsame Projekt der Weihnachtsbörse zufällig Tischdecken geschenkt. Alex Ponickau hat Weichsel auf die Idee dazu gebracht und selbst Weihnachtsschmuck erhalten.

Bad Münstereifel – Weihnachten im Flutjahr: Gerade in der Adventszeit werde vielen Betroffenen schmerzlich bewusst, wie viel ihnen die Katastrophe genommen habe, sagt Judith Weichsel, evangelische Pfarrerin in Bad Münstereifel. „An vielen Gegenständen hängen Erinnerungen, gerade am Weihnachtsschmuck, den teils noch die Oma besessen hat“, sagt sie: „Vieles, was man immer so gemacht hat, müssen die Menschen dieses Jahr anders machen.“

Flutopfer sollen ein Weihnachten mit Tradition feiern

Tradition gehöre aber zu Weihnachten dazu. „Da muss man doch irgendwas machen können“, habe sie sich gedacht. Bei einer Fluthilfe-Veranstaltung habe sie einen alten Bekannten wiedergetroffen: Alex Ponickau, ihr ehemaliger Klassenkamerad. Seine Familie mit fünf Kindern hat ihr Haus durch die Flut verloren. Die Erft fließe in Bad Münstereifel direkt unter dem Gebäude durch, das teils eingestürzt sei. „Wir mussten uns in der Nacht zum Nachbarn retten und von da aus beobachten, wie unser Haus zerstört wurde“, sagt er. Jetzt ist die Familie nach Holzmülheim gezogen: „Ich bin ganz ehrlich, ich weiß auch nicht, ob ich da noch mal hätte wohnen können.“

„Alex hat mir erzählt, dass seiner Familie der Weihnachtsschmuck fehlt. Sie mussten alles wegschmeißen. Ich habe gesagt: Wünsch dir einfach mal was“, erzählt Weichsel. Ponickau ergänzt: „Wir wollten wieder alten Schmuck mit einer Geschichte. Etwas Neues kaufen ist nicht das Gleiche.“ Auf der Heimfahrt habe Weichsel das Thema nicht mehr losgelassen. In Rücksprache mit der Diakonie sei die Idee entstanden, eine Weihnachtsbörse zu organisieren.

Sie organisiert alles vom Computer aus: Judith Weichsel wollte, dass die Hilfsaktion coronakonform stattfindet.

„Es geht um mehr als nur den Schmuck. Es geht darum, Kontakte zu knüpfen. Und die Bedürfnisse von allen Betroffenen zu erfüllen“, sagt sie: „Auch wenn nur der Keller vollgelaufen ist: Man ist betroffen. Allein, weil man jeden Tag erinnert wird, was passiert ist, wenn man durch die Innenstadt läuft.“ Es gebe es dann, das Bedürfnis zu helfen.

Die Weihnachtsbörse findet komplett online statt. Die dafür eingerichtete Webseite funktioniert ein wenig wie E-Bay-Kleinanzeigen: Nutzer legen sich ein Konto an und können selbstständig Angebote inserieren. Betroffene können ihre Weihnachtswünsche formulieren und sie dort veröffentlichen. „Wenn es passt, dann passt es“, sagt Weichsel. Dann müssen Nutzer unter einem Inserat nur noch auf die Schaltfläche „Kontakt“ klicken und alles Weitere wird individuell abgesprochen. Auch aktuell erhalten Betroffene dort noch Weihnachtsdeko, Geschenke und Christbaumschmuck.

Tischdecken von der Kollegin

Nach anfänglichem Zögern hat auch Weichsel in einem Inserat nach Tischdecken gefragt. „Erst dachte ich, so schlimm getroffen hat es mich nicht“, sagt sie. „Aber ich sollte mit gutem Beispiel vorangehen und Hilfe annehmen“, so die 44-Jährige. Als sich dann herausstellte, dass die Deckchen von ihrer Kollegin Katharina Kann stammen, sei die Freude groß gewesen. „Ich dachte mir, warum kriege ich eine E-Mail von der Judith? Das hätten wir auch einfacher lösen können“, berichtet Kann.

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Auch Ponickau beschreibt die Erfahrungen mit der Börse als ergreifend: „Was die Leute alles schicken – wirklich toll. Auch mit persönlichen Grüßen und Texten, wem der Schmuck gehört hat.“ Auch viel Selbstgemachtes sei dabei. „Wir haben einen Weihnachtsstern bekommen, den jemand selbst zusammengesteckt hat“, so der 44-Jährige. Auch wenn die Familie versuche, die Festtagstraditionen beizubehalten, könne sie die Flut nicht ausblenden: „Für uns ist es ein besonderes Weihnachten. Wir sind alle noch da.“ Deshalb stehe das Fest für ihn auch unter einem besonderen Stern, dass man zusammen sei. Als er davon erzählt, fließen ein paar Tränen. „Viele haben Angehörige verloren“, sagt Weichsel. Die werden fehlen am Weihnachtsabend. Und, so Weichsel: „Nach einer Krise ist es oft so, dass man erst anpackt und später kommt die Ruhephase, wo man anfängt, zu verarbeiten. Deshalb ist es gerade umso wichtiger, zu helfen.“ Auch mit Kleinigkeiten: „Wenn man schon vieles verloren hat, dann trifft es einen umso mehr, wenn wieder eine Kleinigkeit schiefgeht.“ Gerade Kinder betreffe das, weshalb die Gemeinde gemeinsam mit der Diakonie psychologische Beratung anbiete.

Auch Ponickaus Familie nehme das in Anspruch. „Das war nicht einfach. Es erfordert Mut, Hilfe anzunehmen“, sagt er. Für seinen Sohn Tom sei gerade die Hilfe im Kleinen wichtig: Zu Weihnachten wünscht sich der Zweitklässler ein ferngesteuertes Auto. Das alte habe die Flut mitgenommen. „Ich bin mir ziemlich sicher, dass das Christkind Bescheid weiß und und noch ein Auto hat“, sagt Ponickau lächelnd.

ekir.weihnachtsboerse.de