Bereits kostenlos im Kreis Euskirchen verteiltVisiere aus dem 3D-Drucker
Kreis Euskirchen – Seit diesem Montag ist es soweit: Beim Einkauf in Läden und dem Öffentlichen Personennahverkehr ist für Bürger das Tragen eines Mund- und Nasenschutzes Pflicht.
Für professionelle Anwender wie Ärzte oder Pflegepersonal ist neben dem Mund- und Nasenschutz außerdem die zusätzliche Verwendung einer Visiermaske möglich. Derzeit wird diese wiederverwendbare Schutzausrüstung von der Roderather Hilfsinitiative „Rumänien Sunshine“ produziert und kostenlos verteilt.
Eigentlich ist der Verein für seine Transporte von Hilfsgütern nach Rumänien bekannt. Winfried Dederichs ist Initiator und treibende Kraft der Gruppe, die aktuell 43 Mitglieder hat. Zehn Transporte mit Einrichtung für Krankenhäuser wurden 2019 auf den Weg gebracht. Doch davon ist zur Zeit keine Rede. „Als aus dem Verein die Idee an mich herangetragen wurde, diese Visiermasken herzustellen, war ich sofort begeistert“, sagte Dederichs: „Wenn wir helfen können, dann tun wir es.“
Berufskolleg
Zwei 3D-Drucker sind im Thomas-Eßer-Berufskolleg in Euskirchen im Einsatz, um Kopfbügel für die begehrten Visiermasken herzustellen. „Da derzeit weltweit ein Run auf verfügbare Schutzausrüstung besteht, ist Eigeninitiative gefragt“, so Werner Crommen von der Kreisverwaltung. Als Mitarbeiter des Gesundheitsamtes ist er für die Beschaffung von Schutzausrüstung verantwortlich.
Die Idee, die wiederverwendbaren Vollvisiere mit 3D-Druckern herzustellen, ging von Thomas Schmitz, einem Mitarbeiter der Rettungsleitstelle aus. Sie wurde von Alexander Kloster, Leiter der Task Force Schutzausrüstung beim Kreis, aufgegriffen und umgesetzt. Am Berufskolleg widmete sich Reinhard Antkowiak der Realisierung. Er spielte das Herstellungsprogramm auf und konnte nach kurzer Zeit die ersten Muster der Kreisverwaltung zur Verfügung stellen.
Als Ausgangsmaterial werde ein Bio-Kunststoff auf der Basis von Maisstärke verwendet, so Crommen. Mit einer Overhead-Folie als Gesichtsschutz und einem Gummi- oder Klettband wird die Konstruktion vervollständigt.
Zuerst erhielten die Kreismitarbeiter die Visiere, die im mobilen Abstrichdienst bei Corona-Verdachtsfällen tätig sind. „Diese Visiere bieten insgesamt einen guten Infektionsschutz bei vergleichsweise gutem Tragekomfort“, so Crommen. (sev)
Die Konstruktion der „Face Shields“, wie sie international heißen, ist preisgünstig und unkompliziert. Eigentlich sind dafür nur drei Teile notwendig: die Kopfhalterung, an der eine durchsichtige Folie befestigt wird, und ein Plastikbogen, der die Folie an der Unterseite in Form hält. Kopfbügel und Plastikbogen werden im 3D-Druck hergestellt, die Plastikfolie stammt aus dem Schreibwarenhandel und könnte auch Teil einer Bewerbungsmappe sein. Mit einem Gummiband versehen, kann die Konstruktion dann verwendet werden.
250 Visiermasken, so Dederichs, seien seit März gefertigt worden. Der Entwurf für den Kopfbügel und den Halter stamme von engagierten 3D-Druck-Enthusiasten und könne in einer verfeinerten Version von der Website des tschechischen Druckerherstellers Prusa heruntergeladen werden. „Wir haben am Anfang einiges Lehrgeld bezahlt“, berichtet Dederichs schmunzelnd. Druckgeschwindigkeit und Lagenhöhe seien nicht optimal gewesen, so dass der Druck einer Maske schon mal vier Stunden gedauert habe. Doch inzwischen sei Entwurf derart verfeinert, dass die Druckzeit auf unter zwei Stunden verkürzt sei. Da vier Kopfbügel gleichzeitig gefertigt werden, läuft der Drucker rund acht Stunden. Und auch die Befestigung der passend geschnittenen und gelochten Plastikfolie, die Dederichs vornimmt, klappt mittlerweile ohne Probleme.
Nicht nur das gedruckte Material besteht aus dem Kunststoff PETG, der sonst für Trinkflaschen verwendet wird. Auch die Klarsichtfolie ist aus dem Werkstoff. So sind die Visiere robust und lebensmittelecht.
Materialkosten: 1,50 Euro
Rund 1,50 Euro betragen die Materialkosten für die Vollvisiere, die „Rumänien Sunshine“ übernimmt. Abgegeben werden die fertig zusammengebauten Visiere kostenlos an Arzt- und Zahnarztpraxen, an Altenheime, das Hermann-Josef-Haus in Urft, die St. Nikolausschule in Kall und auch ein Krankenhaus in Ahrweiler. Auch der DRK-Kreisverband Euskirchen hat rund 70 Stück erhalten. Dort werden die Visiere beim Corona-Screening im Drive-In-Zentrum in Mechernich eingesetzt, aber auch vom Blutspendedienst. „Das gibt noch einmal zusätzliche Sicherheit“, so Rolf Klöcker, Geschäftsführer des DRK. Da die Visiere aber nicht als medizinische Hilfsmittel zertifiziert seien, tragen die Mitarbeiter darunter die FFP2-Masken.
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Mittlerweile werde der Druck zurückgefahren. Zum einen seien die Ressourcen langsam aufgebraucht. Gummibänder seien kaum noch erhältlich und auch die Plastikfolie werde zur Mangelware. Darüber hinaus seien Visiere mittlerweile allgemein erhältlich, da einige Firmen sie in Großserie im Spritzguss herstellen. „Da können wir in Geschwindigkeit und Preis nicht mehr mithalten“, so Dederichs.