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Invasive ArtKrebsplage zwingt Kreis Euskirchen zu besonderen Maßnahmen

Lesezeit 6 Minuten
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Ein stattliches Exemplar eines invasiven Signalkrebses hat Johannes Schneider bereits in der Ahr gefangen.

Blankenheim-Ahrdorf – Um die massenhafte Ausbreitung des invasiven amerikanischen Signalkrebses in der Ahr und ihren Zuläufen zu stoppen, will der Kreis Euskirchen an zwei Stellen Flusskrebssperren bauen lassen. Die Kosten solcher Sperren werden auf rund 189.000 Euro geschätzt. Sie würden als Naturschutzprojekt zu 80 Prozent gefördert. Doch Fischereipächter an der Ahr sehen das Vorhaben skeptisch.

Mit der Frage, wie der heimische Edelkrebs am besten zu schützen ist, beschäftigt sich unter anderem das Edelkrebsprojekt NRW seit 2013. Jetzt hat sich auch der Kreisausschuss des Themas angenommen, denn der „Eifelhummer“, von dem es 2013 landesweit noch 135 Exemplare gab, ist vom Aussterben bedroht – und das nicht durch Angler oder Gourmets, sondern durch einen Verwandten.

Signalkrebs durch Aussetzung oder Flucht eingewandert

Der aus den USA stammende und sich – möglicherweise nach künstlicher Aussetzung oder Flucht aus Zuchtteichen – massenhaft vermehrende Signalkrebs macht dem heimischen Edelkrebs das Überleben schwer: Er wächst schneller, hat eine höhere Vermehrungsrate und ist aggressiver.

Ausgewachsene Tiere, wie sie Johannes Schneider aus Mechernich schon in der Ahr gefangen hat, können bis zu 19 Zentimeter groß werden. Signalkrebse übertragen außerdem die Krebspest, die für den Eifeler Artgenossen tödlich ist. Auch fressen Signalkrebse, die keine natürlichen Feinde haben, Kleintiere oder Fischlaich. Um die Artenvielfalt der Ahr und ihrer Zuflüsse zu schützen, soll die invasive Ausbreitung gestoppt werden.

Kreis Euskirchen hat Studie erstellen lassen

Im Auftrag des Kreises hat ein Ingenieurbüro eine Machbarkeitsstudie erstellt. Eine Übersichtskarte zeigt, dass das Vordringen des Signalkrebses die Mittelahr aufwärts bis oberhalb von Antweiler gelungen ist. Ein zweites, inselartiges Vorkommen gibt es am Schafbach unterhalb von Ripsdorf.

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Johannes Schneider (v.l.), Franz Nolden, Michael Merz und Heinz Rütz sehen die Pläne kritisch.

Dazwischen ist Signalkrebs-freies Gebiet. Hier kommt in den Zuläufen von Michelbach und Ahbach noch der heimische Edelkrebs vor. „Es kann nicht sein, dass, um eine Art zu bekämpfen, ein ganzes Artensystem in der Ahr und den Bächen zur Ahr zerstört wird“, sagt Franz Nolden, zweiter Vorsitzender der Arbeitsgemeinschaft Ahr und Angelrevierpächter im Bereich Fuchshofen.

Revierpächter halten Sperren für wenig sinnvoll

Nolden, dazu Johannes Schneider, Heinz Rütz aus Dahlem – Revierpächter bei Dorsel – und Michael Merz aus Eichenbach stehen bei Ahrdorf an der Brücke über den Ahbach, der wenige Meter weiter in die Ahr mündet. In diesem Ahrabschnitt hat Merz sein Angelrevier gepachtet. Die vier Edelkrebsfreunde wissen die Ahr zu schätzen: Sie ist zum Beispiel bezogen auf die Bachforellenbestände mit der Kyll eines der wichtigsten Fließgewässer der Eifel.

Sie stellen sich vor, was an zwei Brücken vom Kreis geplant ist: Betoneinbauten und Stufen, teilweise senkrechte Wände, die das Überschwimmen des Signalkrebses in Ah- und Michelbach verhindern, es Fischen und Kleingetier aber ermöglichen.

Sperren müssten unter Brücken gebaut werden

Nach derzeitigem Kenntnisstand, so der Kreis zur Begründung des Antrages, der einstimmig vom Kreisausschuss befürwortet wurde, könne der Schutz vor der invasiven Art nur durch solche „fischpassierbare Krebssperren“ erreicht werden.

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Eine Flusskrebssperre soll auch unter der L167-Brücke über den Ahbach bei Ahrdorf gebaut werden.

Da Krebse über kurze Landpassagen solche Sperren umwandern könnten, müssten die Einbauten unter Brücken erfolgen, wo möglichst glatte, fugenlose Seitenwände dies verhindern. Zudem muss eine gewisse permanente Fließgeschwindigkeit des Wassers über die Sperre gewährleistet sein, um Fischen den Sprung zu ermöglichen.

Können wandernde Fische genug Anlauf nehmen?

Abgesehen davon, dass es Fotos von rückwärts schwimmenden Flusskrebsen gibt, die die Sperren überwinden, halten Lenz, Schneider, Rütz und Merz von solchen Überlegungen nichts. „Eine solche Sperre muss für andere Arten zu hundert Prozent durchlässig sein“, so Merz. „Wir glauben, dass solche Sperren für flussaufwärts wandernde Fische ungeeignet sind. Sie können nicht genug Anlauf nehmen, um die Stufen zu überwinden“, warnt Rütz.

Heimische Krebse schützen

Das Projekt

Mit dem Edelkrebsprojekt, getragen vom Landesfischereiverband, dem Nabu-Landesverband und finanziert unter anderem aus Landesmitteln und Mitteln der HIT-Stiftung, soll die Wiederansiedlung des heimischen Edelkrebses an geeigneten Bachläufen auch in der Eifel gefördert werden. (sli)

Die Gewässer

Im Kreis Euskirchen sind das vor allem der Schafbach, Berescheider Bach und Scheckenbach rund um Berescheid. Dort gibt es thematisch dazu passend auch einen kleinen Rundwanderweg, den Edelkrebspfad.Geeignete Gewässer haben nach Angaben des Nabu NRW im Sommer eine Mindesttemperatur von 15 Grad Celsius, verfügen über lehmige Ufer und viele Versteckmöglichkeiten für die Tiere – beispielsweise grobe Steine, Wurzeln und Totholz. Und es dürfen natürlich keine amerikanischen Flusskrebse in den Gewässern sein. (sli)

Ehrenamtliche Kartierer

Um festzustellen, welche Krebsarten sich in Gewässern befinden, sollen ehrenamtliche Flusskrebskartierer in Schulungen ausgebildet werden. Haken bei der Sache für die, die dabei sein wollen: Wer Krebse finden will, muss sich auch nachts auf die Lauer legen, mit Taschenlampe und geübtem Auge. Manche Krebsarten sind nachtaktiv. Tagsüber verstecken sie sich im ufernahen Bereich der Gewässer. (sli)

Zudem, so Nolden, sei es mit mehreren Programmen Ziel gewesen, Bäche und Flüsse von Verbauungen zu befreien: Das „Ahr 2000“-Programm oder die „Bachpassagen“ sollten auch Bäche renaturieren und das Bachaufwärts-Wandern erleichtern. Auch eine EU-Rahmenrichtlinie spreche sich für maximale Durchlässigkeit der Fließgewässer aus – vor allem aus Naturschutzgründen.

Ebenfalls mit einer EU-Verordnung argumentiert der Kreis: Demnach ist der Signalkrebs auf der Liste „invasiver gebietsfremder Arten von unionsweiter Bedeutung“, was dazu verpflichte, Maßnahmen zu ergreifen, um eine weitere Ausbreitung zu verhindern. Auch das Bundesartenschutzgesetz argumentiert so.

Wer soll die Sperren kontrollieren?

Für die vier am Ahbach ist die selektive Wirksamkeit der Sperren nicht nachgewiesen, zudem stellt Merz die Frage, wer die Sperren nach dem Einbau unter den Brücken über Ahbach und Michelsbach kontrollieren soll, damit es nicht zu Holz- oder Gebüschverkeilungen und damit zu Hochwassergefahr komme.

Das sollen die Grundstücksbesitzer, die Gemeinde Blankenheim, der Straßenbaulastträger, in diesem Fall Straßen NRW, und die Fischereirevierpächter tun, heißt es in der Vorlage des Kreises. „Das ist dreist“, entfährt es da Rütz. Und Merz zuckt nur mit den Schultern: „Ich hätte gar nicht die Zeit dafür.“

Pächter schlagen Krebsreusen als Alternative vor

Aber die vier haben eine ganz andere Idee – den Ausbreitungsstopp oberhalb von Antweiler. Dort, wo Franz Nolden und Helfer im Angelrevier Fuchshofen seit einigen Jahren im großen Stil Krebsreusen ausgelegt haben. „Das ist zwar Arbeit, die muss man drei, vier Mal in der Woche kontrollieren. Aber die wirken“, so Nolden. Vor allem ab Juni und bis in den Herbst, bevor sich die Tiere in einem Versteck in eine Art „Winterstarre“ begeben, sind Kontrolle, Leerung und Neubesatz wichtig.

Nolden hat mit 40 Reusen – Kostenfaktor nach seinen Angaben um die 500 Euro – erstaunliche Erfolge erzielt: um die 15.000 Krebse 2020 und bis zur Flut im Juli 2021 um die 10.000 Tiere. „Im September haben wir schon wieder erste Signalkrebse gefangen“, so Schneider.

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Ganz abwegig scheint die Idee der vier Pächter nicht zu sein, denn auch der Kreis will unterhalb der geplanten Sperren den Bestand des Signalkrebses bei Bedarf durch Fang reduzieren. So wolle man den Wandertrieb verringern.