Menno-Simons-Schule EuskirchenKrisenstab will Massen-Tests am Freitag bewerten
- In einer Mennoniten-Gemeinde in Euskirchen sind in einer Familie zwölf Personen mit dem Coronavirus infiziert.
- Nun hat der Kreis veranlasst, dass bis zu 1000 Tests durchgeführt werden, weil Infizierte die Schule und Gottesdienste besuchten.
- Unser Reporter hat mit Gemeindemitgliedern und dem Kreis gesprochen.
Euskirchen – Die Jalousien an den Fenstern der Menno-Simons-Schule, die sonst eher vor Sonneneinstrahlung schützen sollen, dienen nun als Sichtschutz. Blicke ins Innere der Schule an der Unitasstraße sind am Mittwoch definitiv unerwünscht. In den Räumlichkeiten laufen gegen 8.50 Uhr die Vorbereitungen für die mindestens 1000 Corona-Tests auf Hochtouren.
Der Chef des Kreis-Gesundheitsamts, Christian Ramolla, ist zu diesem Zeitpunkt genauso vor Ort wie zehn Mitarbeiter des Deutschen Roten Kreuzes (DRK). Das DRK unterstützt die Mitarbeiter des Gesundheitsamts bei den Abstrichen. Getestet werden nach Angaben des Kreises wohl etwa 1000 Mitglieder der Euskirchener "Mennoniten"-Gemeinde und deren Umfeld.
Womöglich andere Menschen betroffen
In der vergangenen Woche waren 13 Angehörige - ein Elternpaar und elf ihrer Kinder - positiv auf das Coronavirus getestet worden. Weil sie kurz vorher noch eine Gemeindeschule und Gottesdienste besucht hatten, könne nicht ausgeschlossen werden, dass sich auch andere Mitglieder mit dem Virus angesteckt haben, sagt Wolfgang Andres, Sprecher der Kreisverwaltung.
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Anders als in der Corona-Schutzverordnung vorgesehen, seien die Teilnehmer des Gottesdienstes nicht namentlich erfasst worden. Daher könne man Maßnahmen zur Verhinderung einer Virus-Verbreitung nicht auf die Besucher des Bethauses beschränken.Entsprechend großflächig wird nun am Mittwoch und Donnerstag getestet. Entnommen werden die Abstriche laut Thomas Heinen, Bereichsleiter der DRK-Einsatzdienste, in der Turnhalle auf dem Gelände der Menno-Simons-Schule: "Die Menschen werden durch die Schule und die Klassenräume geschleust, damit sie möglichst wenig Kontakt untereinander haben." Mit der Organisation, die vornehmlich die Gemeinde übernommen hatte, zeigte sich Heinen zufrieden. Die Kooperation sei gut.
Ordnungsamt macht sich Bild der Lage
In den vergangenen beiden Tagen habe das DRK die Mitarbeiter eingewiesen und sich die Räumlichkeiten genau angeschaut. Schließlich sei es wichtig, dass auch bei den Tests die Abstands- und Hygieneregeln eingehalten würden. Um 9 Uhr kommt auch Sacha Reichelt, Chef des Euskirchener Ordnungsamts, mit zwei Mitarbeitern zur Schule und macht sich ein Bild von der Lage.
Die Ordnungsamtsmitarbeiter sind daran interessiert, dass bei den Tests vollständige Namenslisten geführt werden. Bei der Mennoniten-Gemeinde habe das zunächst für Irritationen gesorgt. Dann sei man dem Wunsch des Ordnungsamts aber nachgekommen.
Die Mennonitische Gemeinde hatte der Kreisverwaltung zunächst rund 500 Personen genannt, die auch ihre Kinder mitbringen würden. So fahren immer wieder VW- Busse und Kombis auf den Schulhof. Selten gehen weniger als fünf Menschen in Richtung der Turnhalle.
Auch wenn das für Außenstehende wie ein Massenauflauf aussehe, sei das für die Mennoniten-Gemeinde völlig normal, sagt der DRK-Bereichsleiter: "Die Menschen halten sich an die Vorgaben und Zeitkorridore."
Krisenstab tagt Freitag im Kreishaus
Ein Mann aus der Glaubensgemeinschaft fragt bei den Medienvertretern nach: "Warum wird denn wegen der paar Tests ein derartiger Aufstand gemacht?" Überhaupt stehe seine Gemeinde zu Unrecht am Pranger. Man habe nichts zu verheimlichen und sich auch immer penibel an die Corona-Schutzverordnung gehalten. Das sieht Landrat Günter Rosenke allerdings anders.Der hat, so sagt er, die letzten Nächte nicht gut geschlafen. "Natürlich wacht man mit den Gedanken an das Szenario auf", sagt er, als er am Mittwochmittag in der Menno-Simons-Schule zum Ortstermin erscheint. Bereits am Donnerstag werde es erste Ergebnisse geben, so der Landrat.
Vorsichtshalber sei der Krisenstab für Freitagmorgen ins Kreishaus bestellt worden. Dann soll über das weitere Vorgehen beraten werden. Die Planung könne sich aber schnell überholen, wenn bei den ersten Testergebnissen Resultate dabei sind, "die wir uns alle nicht wünschen".An einen Lockdown denke er aktuell möglichst wenig, so Rosenke. Dennoch bereite sich der Krisenstab akribisch auf zahlreiche Szenarien vor, zumal Frauen der Brüdergemeinde in medizinisch-pflegerischen Berufen tätig seien. "Da kommt eine Vielfalt von Eventualitäten auf uns zu, wenn weitere Tests positiv sein sollten", sagt der Landrat. Angesichts der Obergrenze von 50 Neuinfektionen pro 100 000 Einwohner binnen sieben Tagen bedeutet das laut Rosenke für den Kreis, dass es bei knapp 100 Neuinfektionen theoretisch schon zum Lockdown kommen könnte.
Gespräche mit der Landesregierung?
Es spielten dabei aber mehrere Faktoren eine Rolle. Kreissprecher Andres erklärt: "Sollten in einen Seniorenheim hundert Bewohner infiziert sein, wäre das ein lokales Ereignis und ein Lockdown eher unwahrscheinlich. Allerdings sind die Mennoniten über das gesamte Kreisgebiet verteilt." Sollte die Zahl von knapp 100 Neuinfizierten erreicht werden, stünden Gespräche mit der Landesregierung an.
Rosenke betont, dass die Mennoniten sich nicht an die Corona-Schutzverordnung gehalten haben. So seien keine Listen über die Besucher der Gottesdienste geführt worden. "Das hätten wir erwarten können. Das hätte unsere Arbeit erleichtert", so Rosenke. Für den Kreis sei es das Wichtigste zu wissen, wer in den Gottesdiensten war, damit man die Kontakte zurückverfolgen könne. Die Kooperation sei erst besser geworden, nachdem der Kreis auf die Listen gedrängt habe.