Rund 1,4 Millionen weniger Gewerbesteuern als geplant fließen dieses Jahr in Dahlem. Der Kämmerer erklärt, wo nun gespart werden muss.
Millionen-DefizitSchockbrief vom Finanzamt: Gemeinde Dahlem muss kräftig sparen
Mitte Juli erhielt die Gemeinde Dahlem Post vom Finanzamt: Aus der Gewerbesteuer fließen in diesem Jahr rund 1,4 Millionen Euro weniger als geplant. Ein Schreck für das Team im Schmidtheimer Rathaus. Denn dadurch steigt das Defizit für dieses Jahr um mehr als 500.000 Euro auf knapp 2,8 Millionen Euro. 2025 könnten es schon knapp fünf Millionen sein. Erst 2026 werden die Schlüsselzuweisungen angeglichen sein und das Defizit voraussichtlich sinken.
Unternehmen hat Strukturen geändert: Das bekommt Dahlem zu spüren
Die Malaise kann die Gemeinde auch durch rigide Sparmaßnahmen im Haushalt nicht ausgleichen, obwohl Kämmerer Frank Hütter zur jüngsten Gemeinderatsitzung eine umfangreiche Streichliste vorgelegt hatte. Die ist nun im Nachtragshaushalt enthalten, dem das Gremium einstimmig zustimmte.
Noch bis zum 15. Oktober ist das Zahlenwerk öffentlich und online ausgelegt, es müssen mögliche Stellungnahmen der Bevölkerung abgewartet werden. Danach wird alles im Detail im Haupt- und Finanzausschuss am 17. Oktober beraten, bevor voraussichtlich kurz vor dem Jahresende der Rat entscheidet.
Ursache der Misere ist die bei einem der im Gemeindegebiet ansässigen Unternehmen offenbar schon vor längerer Zeit vollzogene Änderung in der Unternehmensstruktur. Das Finanzamt setzt dann eine „Zerlegung“ der Bemessenswerte der Gewerbesteuer an: Hat der Betrieb etwa auch Produktionsstandorte anderswo, wird entsprechend auch die Gewerbesteuer geteilt. Bürgermeister Jan Lembach jedenfalls verwies auf Nachfrage darauf, dass man das nicht habe kommen sehen. Man sei vom Schreiben des Finanzamtes schlicht überrascht worden.
Rathaus Schmidtheim: Böse Überraschung aus dem Finanzamt
Natürlich haben diese Mindereinnahmen auch Auswirkungen auf die mittelfristige Finanzplanung der Gemeinde, da auch hier mit reduzierten Gewerbesteuereinnahmen zu rechnen ist – bevor, so das Kalkül, Einnahmen aus der Verpachtung der Windenergieanlagen, aus Freiflächen-PV-Parks und dem geplanten großen Batteriespeicherwerk dem Gemeindesäckel zugutekommen.
2024 ein Minus von jetzt rund 2,8 Millionen Euro, 2025 knapp fünf Millionen Euro – das sind für die kleine Gemeinde Schläge ins Kontor. Nur das vergleichsweise hohe Eigenkapital, das „Tafelsilber“ von rund 70 Millionen Euro, verhindert die Aufstellung eines Haushaltssicherungskonzeptes.
Doch es kommt sogar noch dicker, denn die erwähnte „Zerlegung“ hat auch Folgen für in den vergangenen Jahren an die Gemeinde gezahlten Gewerbesteueranteile. So seien nun erhebliche Steuerrückerstattungen fällig, die Rede ist von um die sechs Millionen Euro.
Dahlem muss Kassenkredite aufnehmen, um zahlungsfähig zu bleiben
„Dadurch werden die vorhandenen liquiden Mittel in Höhe von rund 1,99 Millionen Euro bereits zum Ende des dritten Quartals 2024 vollständig aufgezehrt sein“, so Kämmerer Frank Hütter. Das Defizit werde sich zum Ende des Jahres auf 4,11 Millionen Euro erhöhen. Die Liquiditätslage habe sich gravierend verändert.
Um die Zahlungsfähigkeit der Gemeinde im laufenden Betrieb überhaupt zu erhalten, muss ein Kassenkredit aufgenommen werden. Hütter hält das auch für die Jahre 2025 bis 2027, den Zeitraum der sogenannten mittelfristigen Finanzplanung, für nötig.
Doch jetzt hat sein Team zunächst alle im Haushalt 2024 geplanten Investitionen kritisch unter die Lupe genommen: Was kann gestrichen, was verschoben, wo die Ausgaben reduziert werden? Das Ergebnis ist eine 61 Positionen umfassende Liste, die im Ergebnisplan die Ausgaben um 523.000 Euro verringert, im mittelfristigen Finanzplan um rund 3,9 Millionen Euro.
Vorhaben in Dahlem werden verschoben und abgespeckt
Hier einige Beispiele: Die Baumaßnahme am Bauhof wird auf 2025 verschoben und um rund 90.000 Euro auf rund 250.000 Euro abgespeckt. Beim Zivil- und Katastrophenschutz werden demnach ebenfalls rund 55.000 Euro gespart, etwa weil Aggregate günstiger angeschafft werden. Sie kosten jetzt rund 125.000 Euro. In einem weiteren Fall werden Ausgaben von an die 400.000 Euro zeitlich verschoben: Die Erneuerung der Bushaltestellen im Gemeindegebiet, ein Kreisprojekt, soll nun erst 2025 beginnen.
Günstiger kann überraschenderweise die Sanierung der Karl-Koch-Straße in Baasem werden. Es seien Gemeinschaftsprojekte mit den Versorgungsträgern möglich, heißt es zur Begründung. Nach erneuter Überprüfung könne zudem doch die Deckschicht der Straße erhalten werden. Alleine dadurch werden rund 170.000 Euro gespart.
Ausgaben von 265.000 Euro entfallen, da der „Park & Ride“-Parkplatz in Dahlem jetzt doch nicht gebaut werden soll. In der Forstwirtschaft können verschiedene Maßnahmen ausgesetzt werden, die in diesem Jahr vorgesehen waren – macht rund 170.000 Euro.
Wo alle sparen oder mit weniger auskommen müssen, trifft es auch die Jugendlichen in der Gemeinde. Laut Streichliste ist die für rund 26.000 Euro geplante neue Skaterbahn zunächst vom Tisch.