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Neue NutzungWas wird aus dem alten Sägewerk in Schmidtheim?

Lesezeit 4 Minuten
Das alte Sägewerk hat auf einer Seite eine Holzfassade, auf der anderen eine Backsteinmauer.

Die Gebäude des Sägewerks Schmidtheim sind seit mehr als 20 Jahren ungenutzt.

Gesägt wird im alten Sägewerk am Ortsrand von Dahlem-Schmidtheim schon lange nicht mehr. Dort könnte Wohnraum entstehen.

Was tun mit ungenutzten innerörtlichen Siedlungs- oder industriellen Brachflächen in Zeiten des Wohnraummangels? Die Gemeinde Dahlem überlegt, zusammen mit Damian Graf Beissel von Gymnich das ehemalige gräfliche Sägewerk am Ortsrand von Schmidtheim idealerweise genau dafür umzunutzen. Dabei gibt es jetzt Unterstützung durch die Projektierer einer Landesgesellschaft.

Als eine von 14 Kommunen in NRW wurde Dahlem mit dem Sägewerkprojekt in der aktuellen Auslobungsrunde seitens des Landesministeriums für Heimat, Kommunales, Bau und Digitalisierung und dessen Initiative „Bau.Land.Partner“ ausgewählt. Die Dahlemer erhalten nun Beratung und Projektentwicklung durch die Landesgesellschaft NRW-Urban. 114 Kommunen mit 338 Standorten und einem Entwicklungspotenzial von rund 2000 Hektar sind schon in der Umnutzungsphase dank der vorbereitenden Unterstützung durch die Profis.

Dahlem ist als einzige Kommune im Kreis in der aktuellen Runde dabei

Als einzige Kommune aus dem Kreis Euskirchen ist aktuell Dahlem mit dabei. In Schmidtheim geht es um das 2,77 Hektar große Areal in unmittelbarer Nähe des Bahnhofs, das bis kurz vor der Jahrtausendwende als Sägewerk des Grafen Beissel von Gymnich in Betrieb war.

Eine Gruppe Männer steht auf dem Gelände des Sägewerks, einige halten einen Plan.

Der Plan zeigt die Umrisse des Sägewerks. Henk Brockmeyer (2.v.r.), Jan Lembach (3.v.l.) und Damian Graf Beissel (3.v.r.) planen eine Umnutzung.

Seitdem wird der Holzeinschlag aus den gräflichen Wäldern von einem Sägewerk im Umkreis verarbeitet. 2,77 Hektar Industriebrache sind zwar eine eher kleine Fläche – aber mit Unterstützung durch NRW-Urban machbar. Die Untergrenze bei derartigen Projektunterstützungen zur Revitalisierung von Industriebrachen oder ungenutzten Siedlungsflächen sind 1000 Quadratmeter.

Die Gemeinde Dahlem sucht händeringend Wohnbauland

Für die Gemeinde Dahlem ist das Angebot verlockend. Sie sucht händeringend Wohnbauland, das wiederum nach dem politischen Willen des Landes möglichst nicht durch die Umwidmung von Flächen außerhalb der bestehenden Besiedlungen gefunden werden soll. Genau hier greift die Beratung durch die „Bau.Land.Partner“-Initiative.

Henk Brockmeyer, Geschäftsführer des mit der Umsetzung beauftragten Büros NRW-Urban, erklärte vor Ort das Verfahren: „Es geht immer um einen dreistufigen Prozess, bei dem die Potenziale einer ungenutzten Brachfläche untersucht werden.“ Zunächst wird versucht, das Einvernehmen zwischen den Grundstückseigentümern und der Kommune herzustellen. „Das war hier in Schmidtheim überhaupt kein Problem“, so Brockmeyer.

Erst einmal muss der Boden auf Altlasten untersucht werden

Im zweiten Schritt erfolgt eine Standortinventur, schließlich als drittes eine Handlungsempfehlung, was aus Sicht der Profis wirtschaftlich sinnvoll und auch umsetzbar ist. Damit wäre die Arbeit seitens des Dienstleisters getan und die Gemeinde am Zuge. Sie müsste gegebenenfalls Baurecht schaffen, indem sie die Flächennutzung umwidmet, etwa von einer Gewerbenutzung zu Wohnen. Im Falle des Sägewerks wollen Beissels das Grundstück zunächst behalten.

In einer Halle liegt ein Haufen Holzhackschnitzel.

Die große Halle des einstigen Sägewerks dient nur noch als Lager für Holzhackschnitzel für die Heizung im Schloss und in der Schmidtheimer Pfarrkirche.

Ein möglicher Verkauf, die Gründung einer Beteiligungsgesellschaft für die neue Nutzung, eine Erbpachtregelung – alles das ist noch völlig offen. Denn zunächst steht unter anderem die Bodenuntersuchung an. Es sei etwa davon auszugehen, dass Öl, das für den Betrieb der Maschinen benötigt wurde, zumindest punktuell im Boden zu finden sei, vermutet Bürgermeister Jan Lembach.

In Schmidtheim fehlt ein Lebensmittel- oder Verbrauchermarkt

Ob weitere Altlasten dazukommen, bleibt abzuwarten. Ist diese Bestandsaufnahme abgeschlossen, geht es an die Entwicklung möglicher und wirtschaftlich sinnvoller Neunutzungen des Areals. „Diese Bewertung erfolgt offen“, so Brockmeyer. Für Berufspendler wäre die unmittelbare Bahnhofsnähe durchaus reizvoll.

Doch es wird auch der Frage nachgegangen, ob eine Wohnbebauung wirklich sinnvoll ist. Oder würde sich eine Mischnutzung aus Wohnen und Einzelhandel anbieten? Gerade in Schmidtheim fehlt ein Lebensmittel- oder Verbrauchermarkt. Oder sollte das Gelände am Ende schlicht freigeräumt und das dahinter schon bebaute Freiflächen-Photovoltaik-Areal bis zur Straße hin vergrößert werden?

Für alle diese Leistungen müsste die Gemeinde, würde sie sie auf dem freien Markt ausschreiben, sicherlich ein Zigfaches bezahlen.
Bürgermeister Jan Lembach

Rund zwei Jahre sollen die Untersuchungen und Planungen dauern, die die Gemeinde nur einen einmaligen Obolus von 8000 Euro kosten. Eine Pauschale, deren Höhe nicht genannt wurde, muss auch der Grundstückseigentümer bezahlen. Liegt ein wirtschaftlich tragfähiges Konzept vor, geht es in die Beratungen im Gemeinderat.

„Für alle diese Leistungen müsste die Gemeinde, würde sie sie auf dem freien Markt ausschreiben, sicherlich ein Zigfaches bezahlen“, ist Bürgermeister Jan Lembach überzeugt. So gesehen ist die eher kostengünstige Potenzialanalyse und -bewertung für Grundstückeigentümer wie Kommune scheinbar alternativlos. Damian Graf Beissel von Gymnich als Vertreter der Eigentümerfamilie sieht ebenfalls die Chancen des Projekts, „auch wenn ein Sägewerk immer Teil unserer Familiengeschichte gewesen ist“.

Weitere mögliche Projekte in Dahlem fahlen der Gemeindespitze nicht ein

Für die Experten von NRW-Urban beginnt nun die Arbeit, ein Ansprechpartner vor Ort für Gemeinde und Eigentümerfamilie ist benannt. „Und sollte die Gemeinde noch weitere mögliche Reaktivierungsflächen haben, ist sie nun Teil unseres Netzwerks“, so Henk Brockmeyer von NRW-Urban. Sie könne sich für weitere der jährlichen Auslobungsrunden melden.

Jedoch: Selbst nach einigem Grübeln fielen Bürgermeister Lembach und seinem Allgemeinem Vertreter Erwin Bungartz keine weiteren geeigneten, weil ausreichend große und relevante Problemfälle ein. Dafür ist die Gemeinde Dahlem, die laut der aktuellen Zensus-Ergebnisse wieder die kleinste im Lande ist, vielleicht wohl einfach genau dies: zu klein.