Entlastung für KommunenKreis Euskirchen beschließt 411-Millionen-Euro-Etat
Kreis Euskirchen – Der Kreis hat einen beschlossenen Haushalt für dieses Jahr – einen außergewöhnlichen für außergewöhnliche Zeiten. Zehn Millionen Euro – doppelt so viel wie 2020 – werden der Rücklage entnommen, um die Kreisumlage für die elf Städte und Gemeinden niedriger zu halten. 2022 sollen zusätzlich sechs Millionen Euro dazukommen. Das Geld, das der Bund dann für die Sozialausgaben zusätzlich locker macht, will der Kreis vollständig an die Rathäuser weiterleiten.
Die nackten Zahlen: 411,6 Millionen Euro sieht der Kreis an Ausgaben vor, 401,6 Millionen an Einnahmen – darunter die 87 Millionen, die die elf Kommunen insgesamt an Kreisumlage zahlen. Das sind laut Kreis 3,7 Millionen Euro weniger als 2020. Hinzu kommen 72,8 Millionen als Jugendumlage, 6,8 Millionen als Umlage für den Öffentlichen Personennahverkehr und 2,2 Millionen Euro für die Förderschulen.
Das sagen die Fraktionen
Knapp drei Viertel der Ausgaben des Kreises fließen in den Jugend- und Sozialbereich sowie an den Landschaftsverband Rheinland. CDU, SPD, FDP und UWV stimmten für den Haushalt, Grüne und AfD dagegen. Um die Sitzungsdauer wegen Corona gering zu halten, wurden die Haushaltsreden nicht verlesen, sondern dem Protokoll beigefügt.
Testverweigerer mussten am „Katzentisch“ Platz nehmen
„Mit ihrer Weigerung, sich testen zu lassen, haben sich die beiden AfDler ins Abseits manövriert“, befand SPD-Fraktionschef Thilo Waasem doppeldeutig. Nachdem AfD-Fraktionschef Bernd Lübke und sein Fraktionskollege Frank Poll nicht der Aufforderung nachkommen wollten, sich vor der im Euskirchener City-Forum stattfindenden Kreistagssitzung einem Corona-Schnelltest zu unterziehen, wurden für sie zwei Plätze im hinteren Bereich bereitgestellt. Die beiden übrigen AfD-Kreistagsmitglieder Dr. Klaus-Peter Jeck und Dr. Lothar Bleeker hatten sich testen lassen.
Lübke erklärte, dass auch ein Schnelltest keine Sicherheit bringe. Er und Poll trugen Masken. Landrat Markus Ramers stimmte zu, dass Schnelltests keine absolute Sicherheit böten, sie seien aber ein Baustein für mehr Sicherheit. „Was für den Besuch im Obi gilt, sollte auch für den Kreistag gelten. Schön, dass fast alle Kreistagsmitglieder dieser Vorgabe gefolgt sind“, erklärte Ramers nach der Sitzung. (sch)
Die CDU-Fraktionsvorsitzende Ute Stolz sieht in dem Zahlenwerk viel Nachhaltigkeit in den Bereichen Klima, Finanzen und Digitalisierung. In ihrem Beitrag wendet sie sich an die junge Generation: „Wir wollen euch einen Kreis übergeben, der die richtigen Themen besetzt hat, aber auch unsere Daseinsvorsorge, unseren Alltag nach besten Kräften unterstützt, ohne die Lasten in eure Generation zu verschieben.“
Grüne besorgt um Klimapolitik
Für die SPD, so deren Fraktionschef Thilo Waasem, sei dieser Haushalt etwas Besonderes, stelle die Partei doch erstmals den Landrat: „Wir begrüßen insbesondere den Vorschlag des Landrates zur Senkung der Kreisumlage in 2021. Die Corona-Pandemie trifft die kommunalen Haushalte hart. Unsere elf Städte und Gemeinden sehen sich in einem Dilemma. Während Einnahmen aus Steuern und anderen Abgaben einbrechen, steigen Ausgaben zur Bekämpfung des Virus.“
Für die Grünen zeugt der Haushalt nicht davon, dass der Verbindung aus CDU, FDP und UWV der aus Sicht der Grünen notwendige Paradigmenwechsel zuzutrauen sei, so Fraktionschef Jörg Grutke. Es bleibe auch angesichts einer „Verschleppungstaktik bei der dringend erforderlichen Behandlung der Klimafolgenanpassung nur der Schluss, dass diese Strategie ganz bewusst gewählt wird. Dies beobachten wir mit großer Sorge“, begründete Grutke das Nein seiner Fraktion zum Etatentwurf.
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Die AfD vermisst in der „elementaren Krise“ maßvolles Wirtschaften und die Suche nach Einsparmöglichkeiten, stattdessen werde „nach immer neuen, auch noch so sinnlosen Förderprogrammen gesucht“, kritisierte Fraktionschef Bernd Lübke: „Betrachtet man den Kreishaushalt unter betriebswirtschaftlichen Gesichtspunkten, so kann man kein Verständnis für das Handeln dieses Altparteienkartells aufbringen.“
FDP-Chef Frederik Schorn erinnerte daran, dass seine Partei immer davor gewarnt habe, in konjunkturell guten Zeiten Ausgaben und Stellen immer stärker anwachsen zu lassen, denn die Folgen müssten in schlechteren Zeiten die Kommunen tragen: „Diese Situation ist nun eingetroffen.“ Es dürfe nicht zugelassen werden, „dass in der Zeit nach der Pandemie wieder ,business as usual’ einkehrt, mit Präsenzkultur und analogen Akten“, so Schorn.
UWV-Fraktionschef Franz Troschke warnte vor den möglichen Folgen der Pandemie im sozialen und wirtschaftlichen Bereich: „Welche weiteren Aufwendungen dem Kreishaushalt entstehen durch zu erwartende Privat- und Firmeninsolvenzen kleiner und mittlerer Unternehmen kann an dieser Stelle nur gemutmaßt werden. Sicher scheint allerdings zu sein, dass den Kreishaushalt die Folgen dieses schon über ein Jahr währenden Lockdowns massiv betreffen werden.“