Nationales NaturerbeNRW-Stiftung übernimmt ehemalige Raketenstation im Billiger Wald
- Aber was bedeutet die Übernahme für das Areal südlich von Euskirchen genau?
- Die Grünfläche im Billiger Wald soll ausschließlich dem Naturschutz gewidmet werden.
- Doch vorher müssen erst einmal die Bagger anrücken.
Euskirchen-Billig – Für die Experten steht fest: Nur fünf Kilometer von Euskirchen entfernt lagerten bis 1985 Atomraketen in einer mehr oder weniger handelsüblichen Garage. „In allen Nike-Stellungen in Europa haben die US-Amerikaner während des Kalten Krieges atomare Sprengköpfe gelagert. Wieso sollten sie das ausgerechnet nicht im Billiger Wald gemacht haben?“, sagt auch Peter Kern. Der Mechernicher ist Mitarbeiter der Bunker-Dokumentationsstätten und führte in den vergangenen Jahren mehrmals im Jahr Besuchergruppen über das 96 Hektar große Gelände.
Damit könnte bald Schluss sein. „Die ehemalige Raketenstation im Billiger Wald zählt zu den Flächen, die in das Nationale Naturerbe überführt und damit dauerhaft und ausschließlich dem Naturschutz gewidmet werden“, sagt ein Sprecher der Bundesanstalt für Immobilienaufgaben (Bima). Sie betreut, vertreten durch ihren Bundesforstbetrieb Rhein-Weser, das Areal südlich von Euskirchen seit Jahren.
Nur noch die Unterschrift fehlt
Alles deutet darauf hin, dass schon bald eine Wachablösung ansteht. „Die Fläche soll an die NRW-Stiftung übertragen werden. Eine Übertragungsvereinbarung haben wir bereits mit der NRW-Stiftung geschlossen“, erläutert der Bima-Sprecher. Es fehle aber noch die Unterschrift unter dem Notarvertrag, so die Bundesanstalt.
Breites Spektrum
Die NRW-Stiftung ist 1986 von der Landesregierung zum 40. Geburtstag des Landes NRW gegründet worden. Seit 33 Jahren hilft sie seitdem gemeinnützigen Vereinen, Verbänden und ehrenamtlich arbeitenden Gruppen, die sich für den Naturschutz sowie die Heimat- und Kulturpflege einsetzen. Im Naturschutz liegt ein Schwerpunkt im Erwerb schutzwürdiger Flächen, um gefährdeten Tieren und Pflanzen dauerhaft einen geeigneten Lebensraum zu erhalten.
Das Spektrum reicht von der Weser-Niederung im Kreis Minden-Lübbecke über die Lippe-Aue in den Kreisen Soest bis zum Perlenbachtal in der Eifel. Zudem steht die Heimat- und Kulturpflege, etwa die von denkmalgeschützten Mühlen, im Portfolio der Stiftung. (tom)
Flächen, die zum Nationalen Naturerbe zählen, übertrage der Bund unentgeltlich an die Länder, die Deutsche Bundesstiftung Umwelt sowie Naturschutzverbände und -stiftungen. Ein Teil der Flächen verbleibe im Bundeseigentum. Das Nationale Naturerbe umfasse mittlerweile rund 156 000 Hektar naturschutzfachlich wertvolle Flächen, so der Sprecher. Hierzu zählen ehemals militärisch genutzte Gebiete, das Grüne Band entlang der ehemaligen innerdeutschen Grenze oder stillgelegte Braunkohletagebaue in Ostdeutschland.
„Das Areal wird komplett renaturiert“
Dass die Unterschrift unter dem Vertrag noch nicht trocken ist, macht Kern Hoffnung. „Das bedeutet, dass ich vielleicht noch ein paar Führungen anbieten kann“, sagt der Mechernicher. Bis der Vertrag unterschrieben sei und die Bagger anrückten, ziehe bestimmt noch der eine oder andere Monat ins Land.
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Bagger? „Ja. Das Areal wird komplett renaturiert“, sagt Kern. Die NRW-Stiftung habe ihm gesagt, dass die Raketenstation im Billiger Wald das gleiche Schicksal ereilen werde wie die Station in Düren-Thum. Dort sind in diesem Jahr die mehr als 20 Gebäude zurückgebaut worden. Lediglich drei Bunker, in denen Fledermäuse brüten, sind stehengeblieben. Das Gelände ist ebenfalls der NRW-Stiftung übertragen worden.
Experten vermuten Munitionsreste im Boden
Der Bunker-Experte Kern geht davon aus, dass im Billiger Wald ein Bodengutachten gemacht wird. „Die belgischen Soldaten haben einen Ölwechsel direkt über einem Kanaldeckel gemacht. Natürlich ist der Boden kontaminiert“, ist sich Kern sicher. Es sei auch nicht auszuschließen, dass sich noch Munitionsreste im Boden befinden. Die Raketen wurden nach Angaben des Mechernichers von US-amerikanischen Soldaten rund um die Uhr streng bewacht.
Mitte der 1960er Jahre seien belgische und US-amerikanische Streitkräfte der Flugabwehrraketen-Abteilung im Billiger Wald stationiert gewesen. Die Soldaten hätten die Aufgabe gehabt, die Nike-Raketen für einen Einsatz bereitzuhalten. „Auf dem Areal gab es drei Abschussrampen für jeweils drei Raketen. Die atomaren Sprengköpfe lagen in Kisten verstaut in der Garage“, so Kern.
Bis zum Abzug der letzten belgischen Soldaten im Jahr 1985 wurde das Raketenmanöver laut Kern zehn bis 30-mal täglich wiederholt.