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Beschmierte Klettergerüste und KondomeDie Spielplätze im Kreis Euskirchen im Check

Lesezeit 7 Minuten

Auf Spielplätzen können Kinder Kinder sein: Es kann gerutscht, geklettert, geschaukelt und die Welt entdeckt werden.

  1. Der Kreis Euskirchen verfügt insgesamt über mehr als 150 Spielplätze.
  2. Dabei schwankt die Qualität der Anlagen deutlich. Einige begeistern, einige sind beschmiert und vermüllt.
  3. Die Bürger reagieren ganz unterschiedlich. Eigeninitiative ist oft gefragt. Die Spielplätze im Check,

Kreis Euskirchen – Sommer, Sonne, Spielplatzzeit – mehr als 150 Spielplätze gibt es im Kreis Euskirchen: kleine, große, besondere. Allein im Stadtgebiet Euskirchen gibt es 54 Kinderspielplätze – in jedem Ortsteil mindestens einen. Weitere sind geplant. So soll in Kuchenheim an der Bachstraße eine Art Wasserspielplatz entstehen, bei dem das nötige Wasser mithilfe einer Archimedischen Schraube direkt aus dem Erftmühlenbach geholt wird. Auch eine Schwengelpumpe ist vorgesehen.

Die macht an anderer Stelle in Kuchenheim Probleme. Auf dem Spielplatz hinter dem LVR-Industriemuseum können Kinder gerade kein Wasser fördern. „Die Wasserversorgung der Pumpe dort ist problematisch“, sagt Silke Winter, Pressesprecherin der Stadt Euskirchen. So problematisch, dass sogar eine Deinstallation in Erwägung gezogen wurde.

Schmierereien und Kondome im Kletterturm

Ebenfalls auffällig auf dem Spielplatz: die Schmierereien im Kletterturm, in dem nach Informationen dieser Zeitung auch schon Kondome gefunden worden sind. „Davon ist den Technischen Diensten nichts bekannt, aber da der Spielplatz sehr abgelegen ist, ist leider nicht zu verhindern, dass sich dort auch insbesondere in den Abendstunden andere Personen aufhalten“, sagt Winter. Schmierereien werden laut der Pressesprecherin durch die Mitarbeiter der Technischen Dienste bei Bedarf entfernt.

Für Jung und Alt

Zum Anlaufpunkt für Kinder und Erwachsene ist der Mühlenpark zwischen Kommern und Mechernich geworden. Ein großes Piratenschiff, ein Kletterfelsen, ein Platz mit robusten Outdoor-Fitnessgeräten, um die Muskeln trainieren zu können, und Minigolf – es gibt ein Angebot für Jung und Alt. Erst recht, seitdem auch ein Trampolin, eine Nestschaukel und andere Schaukeltiere installiert worden sind. Ein Wasserspielplatz komplettiert das Angebot. An den Wasserläufen, Spiralen und Becken darf nach Lust und Laune gematscht werden. Eltern und andere Gäste des Parks können sich derweil in ein direkt angrenzendes Café setzen und bei Kaffee und Kuchen die Freizeit genießen, gleichzeitig aber auch die lieben Kleinen an den Spielgeräten im Auge behalten.

Für Ersatzbeschaffungen auf allen Kinderspielplätzen im Stadtgebiet Euskirchens seien im aktuellen Haushalt 77.500 Euro eingestellt. Pro Jahr werde je ein Spielplatz in der Kernstadt und in einem Ortsteil grundsaniert, so Winter: „Hierfür stehen Mittel in Höhe von je 30.000 Euro zur Verfügung. Für Aufwendungen wie Pflege, Wartung und Instandsetzung sowie Reparaturen sind etwa 320.000 Euro vorgesehen.“

Die Euskirchenerin Katharina Beulen ist vom Spielplatz im Neubaugebiet Gertrudisgärten in Richtung Kessenich begeistert, hat aber einen großen Kritikpunkt: „Die Spielgeräte sind toll. Schade ist aber, dass es keinen Schattenplatz gibt – weder für Kinder, noch für die Eltern.“ Gleiches gelte für den Kinderspielplatz im Neubaugebiet in Kuchenheim. Da sei der Spielplatz in der Erftaue schon besser. Dort könne man sich auf die Bänke unter den Walnussbaum setzen, während sich der Nachwuchs auf der Seilrutsche, im Sandkasten und auf Schaukeln austobe.

„Wöchentliche visuelle Inspektion“

Wie Silke Winter sagt, kontrollieren und warten die Mitarbeiter der Technischen Dienste in Euskirchen die Spielplätze entsprechend der einschlägigen DIN-Vorschriften: „Die Spielgeräte unterliegen einer wöchentlichen, so genannten visuellen Inspektion, der monatlichen operativen Inspektion sowie einer jährlichen Hauptinspektion.“ Im dreijährigem Rhythmus übernehme ein externes Unternehmen eine zusätzliche Jahres-Hauptinspektion.

Spielplatzpaten

34 Spielplätze gibt es in der Kommune Bad Münstereifel. 27 davon werden durch sogenannte Spielplatzpatenschaften betreut. Eltern, Vereinsmitglieder und ehrenamtlich engagierte Bürger kümmern sich um die Anlagen – schneiden beispielsweise den Rasen oder sammeln nicht ordnungsgemäßig entsorgten Müll ein. „Das Konzept hat sich bewährt“, sagt Stadtsprecherin Marita Hochgürtel.

Entstanden sei es 2012 aus der Not heraus. „Wir befinden uns seit Jahren im Nothaushalt. Wenn sich damals nicht so viele Patenschaften ergeben hätten, hätten wir viele Spielplätze zurückbauen müssen“, so Hochgürtel. Bei den sieben Plätzen, die von der Stadt betreut werden, handelt es sich laut Hochgürtel um Spielplätze an Kindergärten und Schulen, die aber auch von der Öffentlichkeit genutzt werden können. Für die Verkehrssicherheit der Spielgeräte sei auf allen Spielplätzen der Bauhof zuständig. Zudem gebe es eine jährliche Prüfung durch ein externes Unternehmen.

Eine visuelle Kontrolle der Spielgeräte gibt es auch in den anderen zehn Gemeinden. In Bad Münstereifel sind die Mitarbeiter des Bauhofs dafür verantwortlich. Zu ihnen gehört Jürgen Linden. Mit einem Hammer werde regelmäßig kontrolliert, ob das Holz der Schaukel noch in Ordnung sei. „Wenn das Holz dumpf klingt, ist das ein Zeichen für Fäulnis“, sagt der Experte. Auch auf den Abstand des Sitzes der Schaukel zum Boden werde geachtet. Der muss mindestens 40 Zentimeter betragen. „Wenn jemand von der Schaukel fällt, muss der Sitz über ihn hinweg schwingen können“, erklärt Linden.

Eigeninitiative in Zülpich

In Zülpich und Umgebung setzt man bei Spielplätzen viel auf Eigeninitiative. In Oberelvenich wurde der Spielplatz, der Bolzplatz und der Standort der Altglas- und Altkleidercontainer mit finanzieller Hilfe der Stadt und viel ehrenamtlicher Arbeit auf Vordermann gebracht. „Es ist ein Paradebeispiel dafür, wie ein solches Projekt in Zeiten knapper Kassen realisiert werden kann“, lobt Bürgermeister Ulf Hürtgen das Engagement. Auch in Schwerfen, Nemmenich und am Zülpicher Stadtwald sind so Spielplätze saniert worden.

34 Spielplätze gibt es in und rund um die Römerstadt. „Es gibt keinen Ort, in dem es keinen Spielplatz gibt“, sagt Julia Schneider, Pressesprecherin der Stadt: „Beschwerden über den Zustand hat es zuletzt keine gegeben.“ Das sagt Silke Winter über die Spielplätze in Euskirchen übrigens auch.

Ausgaben für Spielplätze unter der Lupe

In Weilerswist übte zuletzt die Gemeindeprüfungsanstalt Nordrhein-Westfalen Kritik an den Ausgaben der Gemeinde. Dabei wurden auch die Kosten für Spielplätze unter die Lupe genommen. Während der Vergleichsmaßstab für die Unterhaltung landauf, landab bei etwa 3,15 Euro je Quadratmeter liege, zahle in Weilerswist jeder Einwohner im Jahr 5,11 Euro. Und weil alle Spielplätze ohne Konzept neue Spielgeräte erhalten hätten, steige die Zahl auf 11,88 Euro.

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Der Bedarf an Spielplätzen sei zudem nicht mehr so groß wie früher, weil viele Kinder tagsüber in Kitas und Offenen Ganztagsschulen betreut würden. Eine Feststellung, die Mutter Verena Müller auf die Barrikaden bringt: „Spielplätze sind unheimlich wichtig: für die Koordination, aber natürlich auch für das Sozialverhalten.“

Die Redaktion würde sich freuen, wenn Leser(innen) uns besonders gute Spielplätze nennen würden. Aber auch Spielplätze, bei denen aus Ihrer Sicht akuter Handlungsbedarf besteht, können Sie uns unter Tel. 0 22  51/ 70  04  54 10 oder per E-Mail gerne melden.

Ein Ort für besondere Spielmomente in Zehnstelle

Ein großes Mensch-ärger-dich-nicht-Spiel, eine Skate-Bahn, die über ausgediente Förderbänder durch ein Rohr führt, eine Rutsche, deren Nostalgie-Faktor kaum höher sein könnte – der Spielplatz in Hellenthal-Zehnstelle ist ein besonderer. „Das ist schon fast ein Mehrgenerationenpark, in dem Kinder und Jugendliche spielen, ihre Zeit verbringen können“, sagt Helmut Conrads. Mit zahlreichen Mitstreitern aus dem Dorf kümmert sich der ehemalige Polizist seit Jahren liebevoll und mit viel Engagement um den Spielplatz.

War der „Zehnthof“ vor vier Jahrzehnten noch eher ein Western-Spielplatz, hat sich das im Laufe der Jahre geändert. Nicht geändert hat sich, dass die Eifeler seit Jahren aus der Not eine Tugend machen, improvisieren wo sie können. Beispiel: Wer genau hinschaut und sich die bunte Bemalung an den beiden, halbrunden Spielhäusern wegdenkt, kann erahnen, dass die Bewohner alte, grüne Altglascontainer umfunktioniert haben.

Alte Telefonmaste als Grundgerüst

„Wir hatten viele Jahre eine große Schaukel mit Kletterseilen und anderen Spielgeräten“, erinnert sich Conrads. Die habe sehr lange Bestandsschutz gehabt, doch irgendwann sei ihre Zeit reif gewesen. „Wir hatten damals alte Telefonmaste als Grundgerüst genutzt. Irgendwann mussten die ausgetauscht werden“, so der Eifeler, der im gleichen Atemzug mit einem Mythos aufräumt: „Was immer wir hier gemacht haben, fand in enger Absprache mit dem Bauhof statt. Wir haben uns immer an die bestehenden Sicherheitsrichtlinien gehalten.“

Einmal im Jahr komme der TÜV und nehme die Spielgeräte ab. Zu beanstanden habe er selten etwas. Und wenn, dann werde das Problem sofort angegangen. So seien zwei längere Steinrohre auseinandergezogen worden, weil der Durchmesser nach neuesten Richtlinien fünf Zentimeter zu gering ist, da Kinder Platzangst bekommen könnten.

Toiletten, Wickeltisch und ein Kicker

Conrads kann zu jedem Spielgerät eine Geschichte erzählen – natürlich auch zu der Wendeltreppen-Rutsche. Die habe er einem Euskirchener abgekauft, mit dem er beruflich zu tun gehabt hätte. Wie der ehemalige Polizist berichtet, darf der Abstand zwischen Plattform und Boden nicht mehr als zwei Meter betragen. „Wir haben die Schaukel einen Meter tief einbetoniert, weil das einfacher war, als das Stahlgestänge abzuschweißen“, sagt Conrads.

Auf dem Spielplatz gibt es sogar Toiletten und einen Wickeltisch. Für Jugendliche wartet – wie könnte es anders sein am Zehnthof – ein selbst gebauter Kicker darauf, bespielt zu werden. Und es gibt auch die aktuell bei Kindern und Eltern beliebte Nestschaukel.