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Kreis EuskirchenBürgermeister sprechen mit IHK Aachen über den Wiederaufbau

Lesezeit 4 Minuten

Nach der Flut braucht es Austausch: Dr. Fritz Jaeckel (l.) erläuterte in der Gesprächsrunde die Bedeutung eines Netzwerks.

Aachen/Kreis Euskirchen – Als Gemeinschaftsprojekt sieht die Industrie- und Handelskammer (IHK) Aachen den Wiederaufbau in den Kommunen, in denen die Flutkatastrophe massive Zerstörungen verursacht hat. Sie lud deshalb Vertreter aus dem Kreis Euskirchen und der Städteregion Aachen sowie Unternehmen ein, um über den Wiederaufbau zu sprechen.

Die ersten Ergebnisse haben die Politiker und Dr. Fritz Jaeckel, Beauftragter für den Wiederaufbau in den Hochwassergebieten in NRW, im Foyer der IHK Aachen vorgestellt. Aus dem Kreis Euskirchen nahmen die Bürgermeister Sacha Reichelt (Euskirchen), Sabine Preiser-Marian (Bad Münstereifel) und Ingo Pfennings (Schleiden) sowie Landrat Markus Ramers an der Gesprächsrunde teil.

Auf mehrere Grundsätze verständigt

Alle Beteiligten haben sich auf mehrere Grundsätze verständigen können, sagte Jaeckel, gleichzeitig Hauptgeschäftsführer der IHK Nord Westfalen. Aus Sicht derjenigen, die an den Gesprächen beteiligt waren, sind fünf Aufgaben in den nächsten Monaten und Jahren besonders wichtig: Hochwasserschutz, die Digitalisierung konsequent umzusetzen, die Lebensqualität zu verbessern, einen laut Jaeckel attraktiven Branchenmix in der Region anzusiedeln – und für diesen die zerstörte Infrastruktur wiederherzustellen. Doch dafür, so waren sich alle einig, braucht es Zusammenarbeit.

„Was wir im Kreis Euskirchen tun werden: den Austausch mit den Kommunen verstetigen. Das machen wir quasi seit der Flutnacht in regelmäßigen Abständen“, sagte der Euskirchener Landrat Markus Ramers. Der Kreis Euskirchen habe allein 900 Millionen Euro Schäden an kommunaler Infrastruktur. „Und wenn es darum geht, das wieder aufzubauen, dann braucht es vor Ort, in den Kommunen Wiederaufbaupläne.“ Die Verantwortung des Kreises sei, diese zu koordinieren, so Ramers. Es gebe Materialengpässe in verschiedensten Bereichen. Und: „Der Austausch ist sehr wichtig, weil wir gemeinsam vor den gleichen Problemen stehen. Die müssen wir jetzt auch gemeinsam anpacken.“

Wiederaufbau und Hochwasserschutz nicht immer vereinbar

Wiederaufbau und Hochwasserschutz lassen sich nicht immer leicht vereinbaren. Während der Wiederaufbau schnell gehen soll, braucht Hochwasserschutz oft jahrelange Planung. Auch dieses Thema wurde dementsprechend von den Bürgermeistern diskutiert. „Wir müssen den Hochwasserschutz bei allem mitdenken, was wir jetzt an Wiederaufbau planen“, erläuterte Sabine Preiser-Marian. Es gebe kurzfristige Maßnahmen und auch langfristige: „Deshalb müssen wir mit den zuständigen Wasserverbänden überlegen: Welche Gewässer benötigen Retentionsflächen? Wo kann eine Renaturierung helfen?“

Das sei teilweise ein langer Prozess, den die Kommunen „ständig mit jeder einzelnen Baumaßnahme nochmal überlegen müssen“, sagte Preiser-Marian: „Da ist Expertise aus Netzwerken wie diesem, von Privatleuten und von Unternehmen gefragt.“ Essenziell für den Wiederaufbau sei vor allem: „Wir kommunizieren miteinander, wir lernen voneinander. Es ist begrüßenswert, dass wir diese Gelegenheit haben – und schnelle, kurze Wege ohne viel Bürokratie gehen können.“

Kein Widerspruch

Kurzfristig den Wiederaufbau angehen und zukunftsorientiert denken – für Ingo Pfennings, ist das kein Widerspruch. „Beides lässt sich verbinden“, sagte er. Man könne etwa in den zerstörten Straßen, die nun offen wären, statt Kupferkabeln direkt Glasfaser verlegen. „Wir als Kommunen haben die Aufgabe, visionär zu denken. Klar, wir müssen erstmal aufbauen. Aber die Visionen für die Zukunft haben wir alle im Hinterkopf“, sagte Pfennings. Für Unternehmen hingegen ist es seiner Meinung nach nicht einfach, zukunftsorientiert zu denken. Ein Unternehmer, der seinen Betrieb verloren habe, habe ganz andere Sorgen, so der Bürgermeister von Schleiden. „Vielleicht hat er schon vorher gesagt: Das ist mein Geschäftsprinzip, das ist gut so.

Und jetzt muss er die Entscheidung treffen, ob er es sich überhaupt leisten kann wie bisher weiterzumachen“, erläuterte Pfennings. Viele Unternehmer warteten deshalb ab, was sie an Hilfen erhalten, bevor sie Entscheidungen treffen.

Vorteile von Netzwerken

Auch Sacha Reichelt betonte die Vorteile von Netzwerken für den Hochwasserschutz. „Flüsse richten sich nicht nach kommunalen Gebieten und machen an ihren Grenzen Halt. Sie fließen durch mehrere Kommunen, manchmal sogar durch Bundesländer. Deswegen darf man Hochwasserschutz auf keinen Fall nur kommunal denken“, sagte Reichelt. Ein Beispiel für ein funktionierendes Netzwerk nannte er auch: Der Kreis Euskirchen arbeite eng mit dem Erftverband beim Planen von Hochwasserschutz zusammen.

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Nicht nur Akteure vor Ort sind für den Wiederaufbau gefragt. Die lokalen Ressourcen sind für viele Kommunen begrenzt, oft fehlt es an Handwerkern und Material. Deshalb sucht das von der IHK initiierte Netzwerk auch überregional nach Unterstützung. Auf der Immobilienmesse Expo Real im Oktober etwa möchten sich die von der Flut betroffenen Kommunen präsentieren und um Ideen von Projektentwicklern werben. Gemeinsam als Region.