Krankenkasse statt bekannte ModeketteDie AOK zieht in die Euskirchener Fußgängerzone
Euskirchen – Die AOK zieht um. Nach Angaben von Regionaldirektor Helmut Schneider wird die Krankenkasse zum Jahreswechsel 2023/24 an die Neustraße ziehen – also mitten in die Euskirchener Fußgängerzone. Der aktuelle Standort an der Kaplan-Kellermann-Straße – gegenüber der Gesamtschule – ist laut Schneider bereits an eine „große Bank“ verkauft worden. „Genau wie die Gebäude an anderen Standorten auch“, so Schneider im Gespräch mit dieser Zeitung.
Vor drei Jahren legte ein Euskirchener Investor die Pläne für einen Neubau an der Stelle des ehemaligen Fachgeschäfts Meurer und Breuer auf den Tisch. Seitdem wurde viel über mögliche Investoren für die sogenannte 1a-Lage spekuliert. Auch über H&M hielten sich lange Gerüchte.
Tinte seit wenigen Tagen trocken
Seit wenigen Tagen ist die Tinte unter dem Mietvertrag nun trocken, mit der AOK ein namhafter Mieter gefunden. „Wir freuen uns auf den neuen Standort. Das ist eine Win-Win-Situation für alle Beteiligten“, glaubt AOK-Chef Schneider. Am jetzigen Standort werde die Krankenkasse kaum wahrgenommen. „Hier kommt man doch nur hin, wenn man gezielt zu uns möchte“, sagt er. Das soll sich in etwa eineinhalb Jahren ändern.
Eifeler müssen nicht nach Euskirchen
Die Geschäftsstelle in Schleiden wird die AOK behalten. „Wir wollen nicht, dass die Menschen aus dem Süden nach Euskirchen müssen“, sagt Regionaldirektor Helmut Schneider.
Zwar sei die Geschäftsstelle an der Poensgenstraße 15 durch das Hochwasser einige Wochen von der IT abgeschnitten gewesen, dennoch habe man den Betrieb schnell wieder aufnehmen können, so Schneider. Zweieinhalb Wochen habe man keinen Strom gehabt.
Mittlerweile laufe das Geschäft in Schleiden aber wieder völlig problemlos. Laut Schneider sind bei der AOK Rheinland/Hamburg insgesamt drei Millionen Menschen versichert. Das Haushaltsvolumen betrage 13 Milliarden Euro, so der Regionaldirektor. (tom)
Doch reicht die Fläche an der Neustraße 24-26 für die Krankenkasse? Immerhin haben Schneider zufolge in Spitzenzeiten 120 AOK-Mitarbeiter im Gebäude an der Kaplan-Kellermann-Straße gearbeitet. „Ja!“, sagt Schneider, ohne mit der Wimper zu zucken. Dafür gebe es mehrere Gründe. Zum einen sei das Papierarchiv digitalisiert worden. Sämtliche neue Akten seien eh digital. „Wird heute ein Brief oder Ähnliches bei uns eingeworfen oder abgegeben, geht der über Nacht nach Düsseldorf. Dort wird er gescannt und zeitnah hat der zuständige Mitarbeiter alles auf dem Rechner“, so Schneider. Ein großes Archiv wie man es kenne, gebe es nicht mehr.
AOK arbeitet digitaler
Und weil die Arbeit bei der AOK auch in anderen Bereichen digitaler geworden sei, sei der jetzige – und bald alte – Standort überdimensioniert. Und auch nicht mehr zeitgerecht, wie Schneider sagt. So wird es an der Neustraße Seminarräume, in den beispielsweise Sportkurse oder Fortbildungen zu den unterschiedlichsten Gesundheitsthemen abgehalten werden können, geben. Zudem sind Beratungsräume vorgesehen, in denen beispielsweise ein Arzt oder ein weiterer Mitarbeiter per Videoschaltung hinzukommen kann. Überhaupt soll es gemütlich werden: Das Wort „Wohnzimmeratmosphäre“ benutzt Schneider öfter.
Das neue AOK-Haus soll komplett auf dem Stand der Technik sein. Die Mitarbeiter werden mit Tablets arbeiten. „Sie können je nach Beratungsgrund den Kunden überall im Haus mit hinnehmen“, so Schneider. Auch Ausstellungen zum Thema Gesundheit seien denkbar.
Corona-Erfahrung fließen in Konzept mit ein
Zurück zur Digitalisierung: „Viele unsere Kunden nutzen vermehrt die elektronischen Zugangswege“, so Schneider. Man habe die telefonische Beratung ausgebaut, eine Internetseite mit Chat weiterentwickelt und eine App an den Start gebracht. Auch das Thema Homeoffice habe man verstärkt in Angriff genommen – schon vor Corona.
Die während der Pandemie gemachten Erfahrungen in diesem Bereich flossen in das Homeoffice-Konzept der Krankenkasse ein. „Das Ganze hat und hatte natürlich Auswirkungen auf unser Immobilienkonzept“, so Schneider. Dem Regionaldirektor zufolge haben Mitarbeiter die Möglichkeit, 50 Prozent der Arbeitszeit von Zuhause aus zu arbeiten – wenn denn die Voraussetzungen stimmen.
Homeoffice und Desksharing
Im Homeoffice-Konzept der AOK ist auch Desksharing vorgesehen. Das bedeutet, dass die Mitarbeiter grundsätzlich von jedem AOK-Standort oder eben von Zuhause arbeiten können, aber keinen festen Schreibtisch mehr haben. Mehr als „einen kleinen Spint“ benötige man auch nicht mehr, weil „wir ja papierlos arbeiten“, so Schneider: „Wir haben mit Homeoffice sehr gute Erfahrungen gemacht. In der Regel sind die Mitarbeiter Zuhause produktiver als in der Geschäftsstelle oder dem Servicecenter.“ Im neuen AOK-Haus, im Zukunftskonzept der Krankenkasse wird es davon insgesamt 21 geben, sind – Stand jetzt – laut Schneider etwa 35 Arbeitsplätze vorgesehen.
Mit dem Käufer der aktuellen Immobilie habe man einen Nutzungsplan erarbeitet, der zeitlich gestaltet ist. Darin verankert: die früheste und die späteste Nutzung der neuen Immobilie an der Neustraße. Etwaige Verzögerungen durch Lieferschwierigkeiten bei Baustoffen seien ebenfalls einkalkuliert.
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Doch wie findet man eine passende Immobilie, wenn man das Konzept einer Krankenkasse neu ausrichtet? „Wir haben Markterkundungen gemacht. Und haben für uns A-, B- und C-Lagen definiert. Teilweise werden Preise aufgerufen, die zahlen wir nicht, weil wir Treuhänder unserer Versicherten sind“, so Schneider. In Euskirchen sei die Lage aber gut finanzierbar.