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Klimakrise im Kreis EuskirchenSo werden sich unsere Wälder verändern

Lesezeit 8 Minuten
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Gut funktioniert hat die Unterpflanzung von Buchen, mit der die einstigen Fichtenwälder umgestaltet werden sollen, im Nationalpark am Wüstebachtal.

  1. Ernteausfälle, Waldleiden, Wetterextreme – die Folgen der Klimakrise lassen sich bereits vor unserer Haustür beobachten.
  2. In unserer Serie „In Sachen Klima“ betrachten wir nun jeden Mittwoch verschiedene betroffene Bereiche genauer. Was ist der Status-Quo? Was kann und muss sich vielleicht verändern?
  3. Wir sprechen mit Experten und geben Tipps, was jeder einzelne von uns tun kann.

Kreis Euskirchen – Wer die Folgen der Klimakrise sehen möchte, muss nicht irgendeine Pazifik-Insel besuchen. Ein Waldspaziergang im Kreis reicht völlig. Überall sieht man kahlgeschlagene Flächen oder Gebiete, in denen tote Bäumen wie Gerippe in die Luft ragen.

Eigentlich seien Wälder sehr anpassungsfähige Ökosysteme, heißt es im neuen Klimafolgenanpassungskonzept des Kreises Euskirchen: „Der derzeit stattfindende, anthropogene Klimawandel übertrifft in seiner Geschwindigkeit die natürlichen Klimaschwankungen jedoch um ein Vielfaches.“ Zu spüren bekommt das im Kreis vor allem die Fichte. Zu heiße und zu trockene Sommer haben die Bäume so geschwächt, dass sie nicht mehr genug Harz produzieren können, um sich gegen den Borkenkäfer zu wehren. Die Folge: Die Käfer breiten sich aus und die Fichten sterben ab.

Fichtenbestand reduziert sich dramatisch

„Das, was wir in den letzten drei Jahren hatten, habe ich in meinem Leben in NRW noch nicht erlebt“, sagt Christoph Böltz, Leiter des Regionalforstamtes Hocheifel-Zülpicher Börde. Unterhalb von 400 bis 450 Metern werde es langfristig vermutlich nennenswert keine Fichten mehr geben. In höheren Lagen werde der Bestand zwar eingedämmt, aber voraussichtlich überleben.

Ein Problem. Nicht nur für den Wald, sondern auch für die Forstwirtschaft. Denn Fichte ist das vorrangige Holz auf dem Markt. Die Sägeindustrie in NRW basiere zu 90 Prozent auf der Fichte, sagt Böltz. Noch vor wenigen Jahren habe man für den Kubikmeter etwa 90 Euro bekommen. Im vergangenen Jahr habe der Tiefstpreis bei 35 Euro gelegen: „Dann ist das Ganze nur noch ein Zuschussgeschäft.“ Für einige private Forstbetriebe werde es in den kommenden Jahren sicher eng. Zwar können die abgestorbenen Flächen wieder aufgeforstet werden. Doch bis dort geerntet werden könne, dauere es 50 Jahre, erklärt Böltz. Er halte deshalb eine Art staatliche Prämie für Waldbesitzer für sinnvoll. Schließlich seien Wälder als CO2-Speicher wichtig für den Klimaschutz und dienten als Artenschutz- und Erholungsgebiete. Dafür müssten Eigentümer künftig entlohnt werden.

Klimakrise ist unberrechenbar

Derzeit liegt der Anteil an Fichten im Kreis bei 43 Prozent. „Im Worst Case geht es auf 20 Prozent runter, wenn wir Glück haben nur auf 30“, sagt Böltz. Aber im Prinzip sei das alles Kaffeesatzleserei. Denn ein Problem mit der Klimakrise ist auch ihre Unberechenbarkeit. Noch vor fünf Jahren hätte er sich eine Situation wie heute nicht vorstellen können, so Böltz. Wie gut es dem Wald im Kreis künftig gehe, sei stark davon abhängig, wie viel Erderwärmung noch auf uns zukomme und wie stark sich das Klima verändere.

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Es sei ein großer Unterschied, ob es 1,5 Grad Erwärmung gebe oder aber 2, 3 oder 4 Grad. Auch sei nicht absehbar, wie sich das Wetter entwickeln werde. In den vergangenen Jahren hätten sich die Niederschläge vor allem in die Zeit von November bis März verschoben, im Sommer blieb es trocken. Aber ob es dabei bleibe, ob es künftig mehr Unwetter gebe oder einfach insgesamt weniger Niederschlag – all das könne man heute nicht beantworten, sagt Böltz.

Mischwälder zur Risikostreuung

Dementsprechend sei auch noch nicht abzusehen, welche Bäume eine gute Überlebenschance hätten. Eichen und Buchen beispielsweise könnten sich über Jahre gut an veränderte Umstände anpassen. Schreite die Erderwärmung allerdings schneller voran als dieser Anpassungsprozess, bekämen auch sie Probleme.

3 Fragen an Julia Nies, Försterin in Bad Münstereifel

Was macht der Forstbetrieb in Bad Münstereifel bereits heute für den Klimaschutz?

Wir versuchen, durch die Mischung verschiedener Baumarten das Risiko, das durch den Klimawandel entsteht, zu minimieren und zu streuen.

Wie machen Sie das?

Zum einen, indem wir gezielt alte Bäume stehen lassen. Wir haben beispielsweise alte Eichen, die nicht geerntet werden. Zum anderen achten wir bei Neupflanzungen darauf, dass wir mindestens vier verschiedene Arten pflanzen. Insgesamt mischen wir dabei viele Arten, vor allem Laubbäume. Wir versuchen zudem, alle Bäume dorthin zu pflanzen, wo sie die besten Voraussetzungen finden. Hierzu verwenden wir Informationen aus Karten von Waldinfo.NRW. Wir achten auch darauf, dass sich wieder Humus bilden kann und lassen deshalb einiges Totholz im Wald liegen. Und wir versuchen, keine Kahlschläge vorzunehmen, sondern eine naturgemäße Waldwirtschaft zu betreiben, auch wenn das momentan bei der Fichte etwas schwierig ist.

Welche Auswirkungen hat das, was Sie tun?

Zunächst einmal hat es finanzielle Folgen, denn die Anpflanzungen kosten Geld. Da ist der Forstbetrieb auf Fördergelder angewiesen. Positive Auswirkungen hat es im Idealfall dann, wenn die gepflanzten Arten auch durchkommen. Und das können wir jetzt auch schon beobachten, beispielsweise ist die Esskastanie an einigen Stellen bereits gut angewachsen. Jedoch müssen wir das über Jahre beobachten. Keiner weiß genau, welche Folgen der Klimawandel hier noch haben wird und der Wald wächst nur langsam.

Auf solche Bedingungen reagiert man am besten mit Flexibilität. Doch genau das kann ein Wald nicht. Ein Landwirt könne in einem Jahr sähen und erleben, ob und wie die Saat aufgeht, erklärt Böltz. Im Wald dauere das Jahrzehnte. Denkbar schwierige Bedingungen, für den Forstamtsleiter allerdings kein Grund zu Pessimismus: „Wir werden auch in 50 und 100 Jahren noch Wald haben, aber er wird anders aussehen.“

Das Zauberwort heißt Risikostreuung. Oder etwas weniger betriebswirtschaftlich: Mischwald. Das Klimafolgenanpassungskonzept nennt den Forstbetrieb Bad Münstereifel als Beispiel für nachhaltigen Waldumbau (siehe Nächste Seite). „Wenn zwei Arten es nicht schaffen, schaffen es vielleicht Baumart drei und vier“, erklärt Böltz das Prinzip. Allerdings warnt er vor großen Experimenten mit nicht heimischen Arten. Das sei einfach zu unberechenbar.

Naturschützer wollen Wälder sich selbst überlassen

Naturschutzverbände fordern indes, die Wälder sich selbst zu überlassen und zu schauen, was von alleine nachwächst. Böltz sieht das kritisch. Es säe sich nur das von alleine, was auch in unmittelbarer Umgebung existiere: „Da, wo kein Bergahorn steht, wird sich auch keiner anpflanzen.“ An vielen Stellen im Kreis würde dann wieder Fichte wachsen: „Und das ist eigentlich nicht immer empfehlenswert.“ Hinzu komme, dass junge Baumtriebe beim Wild sehr beliebt seien – die von der Fichte seien den Tieren aber oft zu pieksig. Die Folge: Es kommen nur Fichten durch. Zwar werde die Baumart auch künftig in den Wäldern stehen. Doch um möglichst gut für die Folgen der Klimakrise gewappnet zu sein, müsse man weg von Reinkulturen, so Böltz.

In der Zülpicher Börde sieht er noch ein Problem. Dort werde aufgrund der Stickstoffbelastung auf einer sich selbst überlassenen Fläche vermutlich die Brombeere wuchern. „Und da kommt dann nicht mal mehr eine Wildsau durch“, sagt Böltz – geschweige denn ein Baumtrieb.

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Deshalb empfiehlt er, gezielt aufzuforsten. Doch auch dabei müssen neue Wege beschritten werden. Bislang habe man Bäume überwiegend im Frühling gepflanzt, sagt Böltz. Jedoch: „Wir hatten in den letzten drei Jahren spätestens ab dem späten Frühjahr kaum noch Niederschlag“, erklärt der Forstamtsleiter. „Das wird entweder gar nicht grün oder nur kurz grün.“

Eine Möglichkeit sei es, das Pflanzen in den Herbst zu schieben und zu hoffen, dass die Bäume den Winter überstehen. Alternativ könne man die Pflanzen mit einem kleinen Erdballen an der Wurzel einsetzen. So habe die Pflanze ein paar Tage oder vielleicht Wochen mehr Wasserspeichermöglichkeiten, erklärt Böltz. Auch Alginate, die mit ins Pflanzloch gegeben werden, können eine wasserspeichernde Funktion haben. Wie bei den Baumarten gilt auch bei der Pflanzstrategie: Den goldenen Weg gibt es noch nicht. Vieles sei auszuprobieren, sagt Böltz. „Und dann hoffen wir mal, dass wir in 30 Jahren sagen: Jawohl, alles richtig gemacht.“

Um für die Folgen der Klimakrise im Kreis gewappnet zu sien hat der Kreis ein Klimafolgenanpassungskonzept erstellen lassen, das ab Mittwoch, 10. März, in verschiedenen Ausschüssen vorgestellt wird.

3 Fragen an Försterin Julia Nies

Julia Nies ist Försterin in Bad Münstereifel. Laut dem Klimafolgenanpassungskonzept wird hier bereits nachhaltiger Waldumbbau betrieben. Im Gespräch erklärt Nies, was genau sie dort im Wald machen.

Was macht der Forstbetrieb in Bad Münstereifel bereits heute für den Klimaschutz?

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Försterin Julia Nies

Wir versuchen, durch die Mischung verschiedener Baumarten das Risiko, das durch den Klimawandel entsteht, zu minimieren und zu streuen.

Wie machen Sie das?

Zum einen, indem wir gezielt alte Bäume stehen lassen. Wir haben beispielsweise alte Eichen, die nicht geerntet werden. Zum anderen achten wir bei Neupflanzungen darauf, dass wir mindestens vier verschiedene Arten pflanzen. Insgesamt mischen wir dabei viele Arten, vor allem Laubbäume. Wir versuchen zudem, alle Bäume dorthin zu pflanzen, wo sie die besten Voraussetzungen finden. Hierzu verwenden wir Informationen aus Karten von Waldinfo.NRW. Wir achten auch darauf, dass sich wieder Humus bilden kann und lassen deshalb einiges Totholz im Wald liegen. Und wir versuchen, keine Kahlschläge vorzunehmen, sondern eine naturgemäße Waldwirtschaft zu betreiben, auch wenn das momentan bei der Fichte etwas schwierig ist.

Welche Auswirkungen hat das, was Sie tun?

Zunächst einmal hat es finanzielle Folgen, denn die Anpflanzungen kosten Geld. Da ist der Forstbetrieb auf Fördergelder angewiesen. Positive Auswirkungen hat es im Idealfall dann, wenn die gepflanzten Arten auch durchkommen. Und das können wir jetzt auch schon beobachten, beispielsweise ist die Esskastanie an einigen Stellen bereits gut angewachsen. Jedoch müssen wir das über Jahre beobachten. Keiner weiß genau, welche Folgen der Klimawandel hier noch haben wird und der Wald wächst nur langsam.