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FußballEuskirchener Trainer sprechen über Missgunst bei Eltern und mangelnden Einsatz

Lesezeit 5 Minuten
Die Füße eines Fußballspielers in pink-schwarzen Schuhen sind zu sehen, kurz bevor er einen Ball schießt.

Über Gemeinsamkeiten und Unterschiede bei der Arbeit im Jugend- und Seniorenbereich sprechen zwei Euskirchener Fußballtrainer.

Macht das Training mit Kindern oder Erwachsenen mehr Spaß? Zwei Fußballtrainer aus Euskirchen berichten von ihren Erfahrungen.

Talentierte Jugendliche ausbilden oder mit weitgehend fertigen Kickern an fußballerischen Feinheiten arbeiten? Was ist für einen Trainer die reizvollere Aufgabe? Zwei Übungsleiter, die in beiden Bereichen Erfahrungen gesammelt haben und es deshalb wissen müssten, sind Stephan Reimer (ehemals JSG Erft 01) und Kevin Greuel (auch früher JSG Erft 01, aktuell Seniorentrainer beim SC Wißkirchen).

„Als ich aus der Jugend von Erft 01 nach Wißkirchen gewechselt bin, habe ich meiner Familie verkauft, dass der Aufwand geringer sein wird. Ehrlicherweise muss ich gestehen, dass er noch größer geworden ist“, erzählt Kevin Greuel lachend. Dafür macht er allerdings auch die Gesamtumstände beim SC verantwortlich.

Seine Schützlinge seien seine Familie, sagt Stephan Reimer

„Seit ich hier bin, habe ich Blut geleckt und mir das Ziel gesetzt, ein gallisches Dorf aufzubauen und die Großen zu ärgern. Neben einer A-Jugend haben wir auch eine Bambini-Mannschaft ins Leben gerufen, eine F-Jugend wird folgen. Wir wollen in Wißkirchen gemeinsam etwas auf die Beine stellen“, erklärt der Übungsleiter, der überall tatkräftig mit von der Partie ist.

Keinen nennenswerten Unterschied zwischen seiner Tätigkeit in der Jugend und bei den Senioren hat Stephan Reimer registriert. Seine Schützlinge hat er von der U17 an ununterbrochen nach oben begleitet und immer wieder gerne als „Familie“ bezeichnet.

Trainer Stephan Reimer ist rechts zu sehen, in der Mitte und links zwei Jugendspieler, die sich abklatschen.

Die JSG Erft 01 Euskirchen bezeichnet Stephan Reimer (r., hier mit Nicolas Woywod) immer noch als Familie.

Das Bild zeigt einen Mann im Trainingsanzug.

Das Strahlen in den Augen sieht er bei den Bambini, aber nicht mehr bei den erwachsenen Kickern: Kevin Greuel.

„Bei der JSG machst du als Trainer ohnehin alles, nur das Alter der Jungs verändert sich in der Zwischenzeit. Lediglich am Spieltag hatte ich Unterstützung für die administrativen Dinge, aber auch um diese Leute habe ich mich im Endeffekt selbst gekümmert. Meine Frau hat zusammen mit anderen die Trikots und die Leibchen gewaschen.“ Auf den Support seiner Familie, ohne den ein Engagement in einem solchen zeitlichen Umfang sicherlich nicht funktionieren würde, kann auch Greuel zählen: „Wir alle sind am Wochenende gerne auf dem Sportplatz.“

„Früher konnte ich die Jungs besser packen. Vielleicht lag das auch daran, dass einige noch den Traum von der großen Karriere hatten. Heute ist die Einstellung eine andere, der Fußball ist nicht mehr die Nummer eins, sondern steht nur noch an vierter oder fünfter Stelle“, berichtet Greuel. Ausbildung, Beruf oder Studium seien hinzugekommen, außerdem hätten die Freundin und das Feierngehen dem Sport längst den Rang abgelaufen.

Viele sind aus meiner Sicht nicht belastbar.
Stephan Reimer

Sein Kollege sieht das ähnlich: „Viele sind aus meiner Sicht nicht belastbar. Die Bereitschaft, nach einem als anstrengend empfundenen Tag abends noch zum Training zu fahren, hat deutlich abgenommen. Ich kann das ganz gut beurteilen, weil ich fast immer die gleichen Leute hatte. Lag die Beteiligung in der B-Jugend im Durchschnitt noch bei etwa 90 Prozent, ist sie im Seniorenbereich auf unter 70 Prozent gesunken“, weiß Reimer, der jedoch nicht über alle seine ehemaligen Schützlinge den Stab brechen möchte.

„Das Engagement ist nicht bei jedem gleich, Lucas Spilles war zum Beispiel immer da. Aber weil es sich nun mal um einen Teamsport handelt, macht sich der fehlende Einsatz einiger Akteure im Gesamtergebnis natürlich stark bemerkbar“, erläutert der 55-Jährige.

Verschleißerscheinungen sind für Kevin Greuel noch kein Thema

Die Kluft zwischen Anspruch auf der einen und Investment auf der anderen Seite sei enorm: „Wenn ein Spieler unbedingt einen Platz in der Anfangsformation beansprucht und dann unter der Woche lieber Champions League gucken fährt als zum Training zu kommen, passt das für mich nicht zusammen.“ Reimer vergisst aber auch die Selbstkritik nicht: „Vielleicht lag die fehlende Lust bei dem einen oder anderen daran, dass ich einfach schon zu lange da war.“

Es gilt, auf die Befindlichkeiten des Gegenübers zu achten.
Kevin Greuel

Im zweiten Jahr als Trainer des SCW sind Verschleißerscheinungen für Greuel noch kein Thema. Er stimmt Reimer in vielerlei Hinsicht zu: „Ohne Fleiß kein Preis. Bei den Senioren muss man sich durchbeißen, und das funktioniert nicht, indem man nur ab und zu locker kickt. Vielen fällt es jedoch schwer, sich zum Training aufzuraffen.“

Unterhaltungen mit Seniorenspielern zu führen sei etwas anderes als mit Nachwuchskickern. „Das Pushen hat erheblich weniger Bedeutung, vielmehr gilt es, auf die Befindlichkeiten des Gegenübers zu achten. Steuern geht noch, dauert aber länger“, behauptet Greuel, der diese Art von Gesprächen den früheren Diskussionen mit Eltern vorzieht.

Euskirchener Trainer beobachten Missgunst oft bei den Eltern

„Davon hatte ich in der Jugend irgendwann die Schnauze voll. Während sich die Kinder füreinander gefreut und dem Anderen Erfolge gegönnt haben, gab es unter den Eltern nicht selten Neid und Missgunst. Es kam sogar vor, dass eine Familie ihr Kind abgemeldet hat, weil es zweimal hintereinander auf der Bank gesessen hat“, sagt der 41-Jährige.

Reimer machte im Unterschied dazu überwiegend positive Erfahrungen. „Natürlich hat es in Einzelfällen mal ein paar Probleme gegeben, aber insgesamt hat die Kooperation immer funktioniert und ich konnte in Ruhe mit den Jungs arbeiten. Im Laufe der Jahre sind sogar ein paar Freundschaften entstanden“, erinnert sich der sportliche Leiter.

Lieber Jugend- oder doch eher Seniorenarbeit? „Das ist ein unfairer Vergleich, das kann man so oder so sehen. Deshalb will ich mich da auch nicht festlegen. Ich muss allerdings zugeben, dass ich zuletzt beim Bambini-Training meines Sohnes das Strahlen in den Augen der Kinder gesehen habe. Das erlebt man bei den Erwachsenen so nicht mehr“, sagt Greuel, bei dem im Vergleich zu früher ein Umdenken stattgefunden hat.

„Die Hauptsache ist für mich, dass die Kleinen Spaß am Fußball haben. Ich habe selbst erlebt, dass diejenigen, die in der Jugend einen sehr hohen Aufwand betrieben und auf viele Sachen verzichtet haben, irgendwann die Lust verloren haben.“ Reimers Votum fällt dagegen ganz klar aus: „Die Jugendarbeit hat eindeutig mehr Spaß gemacht, das war eine schöne Zeit. Über den Ernst und die Anfeindungen, die mir bei den Senioren entgegengeschlagen sind, war ich schockiert.“