Unvergesslich: Ein Wurf für die EwigkeitTuS Zülpich legt Grundstein für Aufstieg
Die Uhr tickt. Unerbittlich. Unaufhaltsam. Ein Wurf noch, wenn überhaupt. Es ist der Moment, in dem Sportreporter gerne sagen: „Jetzt müsste mal einer das Herz in die Hand nehmen.“ Genau das tut Stephan Frädrich. Kurz bevor die Schlusssirene ertönt. Es ist der Wurf, der über eine ganze Saison entscheidet. Der Ball ist etwa eine Sekunde in der Luft, doch allen in der Halle kommt es so vor, als flöge er in Zeitlupe. Gefühlte kleine Ewigkeiten später prallt das runde Ding ans Brett. Erst dann, als wollte er sich das alles noch mal überlegen, lässt sich der Ball doch in den Korb sinken. Ziemlich unsexy dieser Treffer, würden Basketballer sagen. Doch das ist jetzt sowas von egal.
Es ist schließlich das Spiel des Jahres. Da zählt kein Schönheitspreis, sondern nur der Treffer. Dieser eine Treffer! Aus der Starre werden Hochgeschwindigkeitsemotionen. Nun steht es fest: Die Basketballer des TuS Zülpich haben den BG Aachen mit 72:65 besiegt. Die Hinspielniederlage ist nicht nur vergessen. Mit dem Dreier mit Brett haben sie auch den direkten Vergleich für sich entschieden. Der Sieg ist entscheidend für den Aufstieg, den TuS finale erst einige Spieltage später feiert.
Schon die Ausgangslage war wie gemalt: der Tabellenzweite TuS Zülpich beim Spitzenreiter BG Aachen. Die Bilanzen beider Teams sind fast identisch. Doch die Kaiserstädter hatten das Hinspiel mit fünf Punkten Differenz gewonnen. Den Taschenrechner braucht es da nicht. Der TuS muss das Auswärtsspiel an diesem 29. Februar 2016 mit sechs Zählern Differenz gewinnen, um sich den Traum vom Aufstieg in die 2. Regionalliga erfüllen zu können. „Wir haben uns sehr intensiv auf das Spiel vorbereitet. Das war schon fast professionell", erinnert sich Christian Antons, damals Kapitän der Mannschaft: "In der Phase haben wir alle an einem Strang gezogen. Leider hat sich Alex Krewel verletzt und konnte nicht mitspielen.“
Trotz Niederlage
Am 14. März 2016 steigen die Basketballer des TuS Zülpich endgültig auf - trotz einer 64:84-Niederlage gegen den SC Fastbreak Leverkusen. Als kurz vor dem Spielende die Nachricht durchsickert, dass auch Aachen verliert, brechen erneut alle Dämme. Die Zülpicher sind aufgestiegen. In der anschließenden Saison in der 2. Regionalliga gibt es für den von Jean-Francois Loop betreuten TuS kaum etwas zu holen. (tom)
Valentin Bauer wartet in der Vorbereitung mit einer kuriosen Idee auf. Der Trainer kündigt an, sämtliche Spielzüge mit falschen Namen anzusagen, um den Gegner zu verwirren. "Das hat funktioniert und war der Grund, warum wir am Anfang nicht deutlich in Rückstand geraten sind", so Antons.
In den ersten beiden Vierteln ist es ein Spiel mit offenem Visier und auf Augenhöhe. Angepeitscht von den mitgereisten TuS-Fans verkürzen die Römerstädter zur Halbzeit durch vier Punkte von Felix Felder auf 26:27. Auf der Gegenseite trifft Aachen weiterhin hochprozentig und bleibt in Führung. Mit 33:28 für die Kaiserstädter geht's in die Halbzeit.
Nach dem Seitenwechsel wird's ein Krimi, der im letzten Viertel an Spannung kaum zu überbieten ist. Zehn Punkte in Folge lassen den Vorsprung der Gastgeber auf einen Zähler schmelzen (55:54). Ein weiterer Lauf der Zülpich dreht die Partie. Nach 38 Minuten führen die Gäste mit 64:57. Fast schon entscheidend: ein Dreier von Christian Antons. Ein Wurf, den der Center zwar gerne nimmt, dabei aber normalerweise selten trifft. „Ich wusste schon“, erinnert sich Antons, „dass der Ball reingeht. Da hatte er den Finger so gerade verlassen.“ Als der Ball dann tatsächlich durch die Reuse fällt, lächelt der Kapitän.
„Meine Mannschaftskollegen haben mich im Training vor dem Spiel noch aufgezogen. Meine Wurftechnik sei das Ekligste, was sie je gesehen hätten", so Antons schmunzelnd. Aber Aachen gibt sich nicht geschlagen, kämpft sich zurück. Sie wissen, jeder Punkt kann über den Aufstieg entscheiden. Auf der anderen Seite die Zülpicher: Vier Sekunden vor Schluss beträgt ihr Vorsprung vier Punkte – zu wenig. Doch dann kommt jener Moment, in dem Stephan Frädrich sein Herz in die Hand nimmt...
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„Was in der Kabine und während der Busfahrt abgegangen ist, ist nicht in Worte zu fassen. Die meisten waren am nächsten Tag heiser“, so Antons: „Ein solches Spiel, einen solchen Moment werden wir in der Form wahrscheinlich nicht mehr erleben. Es hat alles gepasst.“