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Unvergesslich: Drama in SötenichJörg Piana der Held für Nierfeld gegen den ETSC

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Der SV Nierfeld gewann im Elfmeterschießen gegen den ETSC.

Schleiden-Nierfeld – Jörg Piana hat viel Zeit nachzudenken. Für einen Fußballer - gerade für einen Stürmer - , so sagt man, nicht ideal. Vor allem nicht vor dem vielleicht entscheidenden Elfmeter. Der Angreifer des SV Nierfeld lässt sich von der Gedankenflut, der Chance, der Held zu sein, genauso wenig beirren, wie von den zahlreichen Zuschauern, die sich um den Strafraum versammelt haben und sich auch vom Schiedsrichter nicht vertreiben lassen. Sie wollen mittendrin statt nur dabei sein, wenn Piana den SVN womöglich in die Bezirksliga schießt. Ein Tor, ein verwandelter Elfmeter, trennt die Eifeler noch vom Aufstieg.

120 Minuten Fußball sind zu diesem Zeitpunkt am 31. Mai 2003 schon gespielt. Mehr als 1000 Zuschauer sind in Sötenich Zeugen einer Partie, die an Spannung kaum zu überbieten ist. Im Elfmeterschießen findet sie ihren dramatischen Höhepunkt. Und als hätte Alfred Hitchcock persönlich das Drehbuch geschrieben, hat das Elfmeterschießen ein paar Wendungen parat, die diesen Tag für alle Beteiligten unvergesslich machen. Bevor sich Piana den Ball auf den weißen Kreidepunkt legt, noch einmal in sich geht, ein paar Schritte Anlauf nimmt und dann in Richtung Tor schießt, hat sein Mannschaftskollege Uwe Zisowsky die Hauptrolle inne.

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Nach seiner Spielerkarriere war Jörg Piana auch Trainer beim Kaller SC.

Der Torwart des SV Nierfeld muss liefern. Trifft nämlich Euskirchens Stefan Schneider ist die Partie zu Ende und die Kreisstädter steigen anstelle des SVN auf. Doch Schneider knallt den Ball an die Latte - Zisowsky hat mithilfe des Aluminiums geliefert. Es geht also weiter. Bis zum 8:8. Dann tritt Euskirchens junger Stürmer Roger Hillius an, der in seinem ersten Jahr als Senior gleich 18 Mal in der Kreisliga A getroffen hat. Doch der Nierfelder Torwart liefert ein zweites Mal, diesmal ohne Hilfe der Latte. "Der Ball flog weit weg. Ich musste ihn mir erst mal holen gehen", erinnert sich Piana: "Für mich war sofort klar, dass ich warte, bis sich der Torwart bewegt und ich den Ball einfach in die andere Ecke schiebe."

Ein Jahr zuvor scheiterte Nierfeld noch

Ein Eigentor vor Can Haligür beendet 2002 den Traum vom Bezirksliga-Aufstieg. Der SV Nierfeld unterliegt dem SSV Lommersum mit 1:2. Etwa 1000 Zuschauer sehen in Ülpenich ein spannendes Spiel, das eigentlich zwei Sieger verdient gehabt hätte.

Nierfelds Stürmer Jörg Piana hat in der Anfangsphase zwei gute Gelegenheit, kann diese aber nicht nutzen. Besser macht es Lommersums Benny Petersheim nach 27. Minuten. Er trifft zur Führung. Der Ausgleich in der 38. Minute durch Timo Haas ist am Ende zu wenig, weil Halligür in der 75. Minute den Ball nicht mehr von der Linie klären kann.

In der anschließenden Bezirksliga-Relegation gegen die Konkurrenten Olympia Köln und TSV Weiß ist beim SVN dann völlig die Luft raus. Der Bezirksligaaufstieg muss um ein Jahr verschoben werden. (tom)

Und so ist es dann auch: Jörg Zehnpfennig springt in die eine Ecke, Piana schießt in die andere. Der Rest ist Jubel auf der Nierfelder, Enttäuschung auf der Euskirchener Seite. "Das war einfach mega. Das kannst du nicht beschreiben. Als der Ball drin war, bin ich so schnell gesprintet wie im gesamten Spiel nicht", so Piana: "Und dann musst du aufpassen, dass dir die Mannschaftskollegen nicht die Rippen brechen, weil sie dich unter sich begraben."

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Nierfelds Trainer Achim Züll und Jörg Piana.

An die Feierlichkeiten kann sich der spätere Trainer der Nierfelder Zweitvertretung und des Kaller SC, kaum bis nicht mehr erinnern. "Ich hatte in der Pause eine Schmerztablette genommen, dann 120 Minuten Fußball bei sommerlichen Temperaturen gespielt. Das Bier hat direkt seine Wirkung entfacht", sagt Piana schmunzelnd, der sich dafür noch an die erste Szene des Spiels erinnert: "Bereits nach fünf Sekunden habe ich Tom Weißig abgegrätscht. Da hatten wir die Zuschauer direkt auf unserer Seite."

Die Vorzeichen sind fast identisch und können dennoch unterschiedlicher kaum sein. Beide Mannschaften haben in der Saison nur ein Spiel verloren, als sie in Sötenich aufeinandertreffen. Dennoch ist der SV Nierfeld Außenseiter. Mit Spielertrainer Tom Weißig, Norman Perschen und Feysu Ceylan haben beim ETSC drei Spieler bereits in der Oberliga gespielt, alle anderen Akteure haben zumindest Verbandsliga-Luft geschnuppert. Die Mannschaft von Nierfelds Trainer Achim Züll verfügt zwar nicht über eine solche individuelle Klasse, dafür ist es ein verschworener Haufen, der noch ein Rechnung offen hat (siehe "Ein Jahr zuvor scheitert Nierfeld noch"). Auf dem Papier habe man keine Chance gehabt, so der bullige Angreifer. Das sehen wohl auch einige Zuschauer der Kreisstädter so, die bereits vor dem Anpfiff mit Aufstiegs-T-Shirts am Spielfeldrand sitzen. Das, so Piana, habe noch ein paar Prozent mehr Motivation herausgekitzelt.

Züll nutzt den Eifelvorteil

Auf der anderen Seite nutzt Züll seine guten Kontakte zum gastgebenden SV Sötenich und lässt im Vorfeld des Relegationsspiels auf dem SV-Rasen trainieren - nichts soll unversucht bleiben.

Doch es läuft zunächst nicht für die Eifeler. Nachdem SV-Libero Wolfgang Arens Euskirchens Stürmer Jörg Jordan im Strafraum gefoult hat, trifft ETSC-Kapitän Torsten Schiffer bereits in der siebten Minute zum 1:0. Der Ausgleich etwa zehn Minuten später ist nicht unverdient. Michael Winkens markiert das 1:1. Winkens' Mannschaftskollege Michael Möhrer hämmert noch vor dem Seitenwechsel einen Freistoß an den Innenpfosten.

ETSC beginnt stark, Nierfeld kontert

Nach der Pause übernimmt zunächst die Weißig-Truppe das Kommando. Und geht in der 75. Minute in Führung - erneut durch einen Strafstoß. Diesmal trifft Waldon Halimi. Doch wieder währt die Führung nicht lange. Winkens markiert nur fünf Minuten später den abermaligen Ausgleich. Dann ist Schluss, dann gibt es Verlängerung. In der läuft es zunächst wieder nicht gut für die Eifeler. Kai-Uwe Marquardt sieht in der 97. Minute die Gelb-Rote-Karte, Nierfeld ist nur noch zu zehnt. "Da dachte ich nur, das darf doch nicht wahr sein. Hat sich wieder alles gegen uns verschworen", so Piana, der aber in der 113. Minute bei der Führung durch Christof Küpper, der den SVN mit einem Bein in die Bezirksliga schießt, auflegt.

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Doch die Züll-Truppe macht die Rechnung ohne Halimi, der in der 119. Minute den ETSC in den Showdown rettet - der Rest ist Nierfelder Geschichte, an der Piana dank seiner Nervenstärke nicht ganz unbeteiligt ist. "Als wir Sötenich verlassen haben, war ich voll. Ich glaube, wir waren noch auf irgendeiner Kirmes", versucht sich der Siegtorschütze zu erinnern. An der Gänsehaut, die er bekomme, wann immer er an das Spiel denke, könne das nichts ändern. Seit dem 9:8-Erfolg über den ETSC spielt der SV auf Verbandsniveau.

SV Nierfeld: Zisowsky, Haligür, Haas, Klinkhammer, Arens, Möhrer (56. Ruffing), Hilgers, Küpper, Piana, Marquardt, Winkens (119. Leinen).

Euskirchener TSC: Zehnpfennig, Braun, Schiffer, Weißig, Perschen, Salewski, Hackenbroich (51. Halimi), Jordan, Hillius, Savidis, Ceylan (87. Schneider).