Unvergesslich: Trainer fieberte in Afrika mitDas Trikot vom Aufstieg gibt es noch
Oleftal/Wißkirchen – Es ist das eine Spiel. Das Spiel, das zwangsläufig irgendwann während des Gesprächs an der Theke, unter Freunden oder in der Kabine thematisiert wird. Die Partie, von der noch den Enkeln erzählt wird. Eben ein Traumspiel.
Bei genau einem solchen ist Dennis Klöcker am 29. Mai 2004 dabei. Die Paarung, SG Oleftal gegen SC Wißkirchen, klingt eher nach Apotheken-Umschau als nach Playboy. Die Rahmenbedingungen sind dafür aber alles andere als bieder, sondern eher sexy. Sommerliche Temperaturen, mehr als 1000 Besucher in Zülpich, der Sieger steigt in die Bezirksliga auf. Eine Partie, die über die gesamte Saison entscheidet.
Ein Spiel, von dem jeder Fußballer träumt
"Im Nachhinein ist es schon eine sehr unfaire Konstellation. Aber es war eben das klassische Endspiel. Eins, von dem jeder Fußballer träumt", sagt Klöcker. Er spielte für die SG Oleftal, den Meister der Kreisliga A in der Süd-Staffel. Der SC Wißkirchen hatte die Nord-Staffel souverän für sich entschieden, nur 17 Tore kassiert. "Die hatten eine unglaubliche Defensivpower. Die Schönecker-Brüder, Jens Hoch im Tor", erinnert er sich. Die Stärke der SG Oleftal? Die Offensive! "Mit Tobias Hermanns oder auch Tony Schirmer hatten wir überragende Offensivspieler in unseren Reihen. Dazu junge Wilde wie mich oder Christian Hammes", sagt der 37-Jährige. Letztgenannter soll noch eine entscheidende Rolle spielen.
Die Voraussetzungen der Eifeler sind suboptimal. Der Abschied von Spielertrainer Dirk Karbowiak steht zwar schon länger fest. Dass er aber drei Tage vor dem entscheidenden Spiel nach Namibia aufbricht, um dort als Lehrer an einer Schule zu arbeiten, ist so nicht geplant. Und so springt Frank Ross ein, der das Team zur neuen Saison, unabhängig von der Spielklasse, übernehmen sollte. "Wir haben freitags, einen Tag vor dem Spiel, noch ein Kennenlerntraining gemacht. Die Begleitumstände waren schon der Wahnsinn", so Klöcker.
Den Frust mit Bier runtergespült
Ross krempelt das Team zwar nicht komplett um, sagt aber Stürmer Christian Hammes, dass er beim Spiel der Spiele nicht in der Startformation steht. "Scheng" ist enttäuscht, spricht während der Rückfahrt in Klöckers Auto kein Wort und lässt sich von seinem Kumpel in Sötenich vor der Kneipe rauswerfen. "Er hat nicht nur ein Bier gegen den Frust getrunken", sagt Klöcker. Er ist sich nicht sicher, ob das bis zum heutigen Zeitpunkt überhaupt jemand weiß.
Am Tag der Entscheidung sei er, wie alle in der Mannschaft, tierisch nervös gewesen. Im Hintergrund eine Aufstiegsfeier inklusive Traktorfahrt durchs Dorf geplant, T-Shirts gedruckt? "Nein, wir hatten überhaupt keine Vorbereitungen getroffen. Wir waren Außenseiter, und diese Rolle haben wir voll und ganz ausgefüllt", erinnert sich der Eifeler: "Die Wißkirchener hatten die volle Kapelle nach Zülpich mitgebracht. Sogar Bengalos haben sie gezündet."
Schiedsrichter sorgte später mit Doppel-Gelb für Furore
Abgesehen vom Rasen, der in schlechtem Zustand ist, sind die Rahmenbedingungen traumhaft, die Vorfreude auf den "Nord-Süd-Gipfel" gigantisch. Geleitet wird das Aufstiegsspiel von Thomas Metzen, der nach seinem Doppel-Gelb im Spiel Mainz 05 gegen FC St. Pauli vier Jahre später als "Eifel-Django" in die DFB-Geschichte eingehen sollte. Im Mai 2004 hat der Mechernicher die Partie im Griff, trifft aus Klöckers Sicht aber eine zu harte Entscheidung: die Rote Karte in der 41. Minute gegen Olefs Markus Knoblich. "Da hätte es vielleicht auch Dunkelgelb getan", sagt er.
Der Platzverweis ist mit Abstand der einzige Höhepunkt der ersten Halbzeit, denn die Partie kann die Erwartungen bis dahin nicht ansatzweise erfüllen. Daran ändert sich auch nach dem Seitenwechsel zunächst nichts. Bis zur 61. Minute ist es ein Biedermann-Spiel - kein Tempo, kein Spielwitz, keine Torabschlüsse. Dann wird Günter Simon zum Brandstifter und erzielt nach einem Eckball von Marco Schönecker das 1:0 für den SC Wißkirchen. "Wir hatten bis dahin keine Torchance, spielten nur noch zu zehnt. Wir waren mausetot", so Klöcker. Als dann aber Wißkirchens Abwehrchef Martin Schönecker verletzt vom Platz muss, reißt beim Favoriten der Faden. Olefs Fußballmärchen wird für Wißkirchen zum Alptraum. Tobias Hermanns verwandelt in der 80. Minute einen Eckball direkt - gegen den 2,06 Meter großen Wißkirchener Schlussmann Jens Hoch.
Breites Grinsen im Gesicht
Was dann passiert, zaubert Klöcker noch heute ein breites Grinsen ins Gesicht: Mit seiner ersten Ballberührung lässt Christian Hammes, der wenige Sekunden zuvor eingewechselt worden ist, den Gefühlsvulkan der Eifeler ausbrechen und Wißkirchens Schlussmann mit einem Volleyschuss zur Salzsäule werden. "Ich kann mich daran erinnern, als wäre es gestern gewesen", sagt Klöcker.
Wißkirchen wirft noch einmal alles nach vorne, Olef zittert sich über die Zeit. Dann ist Schluss. "Was danach los war, das war der Hammer. Das war überragend. Wir haben drei Wochenenden am Stück gefeiert. In Olef herrscht drei Wochen Ausnahmezustand. Wir haben nicht nur eine Kirmes abgeschlossen", so Klöcker, der nicht nur den SC Wißkirchen besiegt, sondern indirekt auch seinen Chef. Jürgen Sauer ist 2004 nämlich nicht nur der Vorsitzende des SC, sondern auch Regionaldirektor der AOK Rheinland/Hamburg - und Klöcker im zweiten Ausbildungsjahr.
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Die Bezirksliga-Saison beendet die SG Oleftal als Tabellenletzter. Der Aufsteiger holt 15 Punkte. Die Erinnerungen ans Spiel gegen Wißkirchen würden dadurch nicht getrübt, so Klöcker. Den zweiten Platz belegt der Kaller SC, der ein Jahr später souverän aufsteigt. Zudem spielen in der Saison 2004/05 in der Staffel 2 noch der SV Nierfeld und der SSV Weilerswist.
SG Oleftal: Grosser, Zinken, Knoblich, Klöcker (90. Tharmalingam), Hupertz, Hermanns, Schorn, Arbach, Schirmer (82. Hammes), Rodermond (62. Gusalik), Diederichs.
SC Wißkirchen: Hoch, Marco Schönecker, Brosowski, Höller (51. Ley), Kips, Spiluttini, Rütten, Lanzerath, Martin Schönecker (75. Bienert), Simon, Reul.