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FlutkatastropheSo können Betroffene aus dem Kreis Euskirchen Hilfe beantragen

Lesezeit 6 Minuten

Ab Freitag können Anträge für Finanzhilfen zum Wiederaufbau gestellt werden.

Kreis Euskirchen – „Es ist eine entscheidende Woche für den Wiederaufbau im Kreis“, sagt Landrat Markus Ramers. Ab diesem Freitag können Anträge für Aufbauhilfen nach der Hochwasserkatastrophe gestellt werden. Die Hilfe können Privathaushalte, Unternehmen sowie Betriebe der Land- und Forstwirtschaft beantragen. Das Land NRW erhält dafür vom Bund 13,2 Milliarden Euro.

Die Anträge müssen online gestellt werden. Der Kreis will die privaten Antragssteller (Ramers rechnet mit etwa 13.000 Anträgen) so gut es geht unterstützen. Es wird Anlaufstellen inklusive Beratern in jeder Kommune, eine Service-Hotline und ein Info-Mobil, das im Kreis unterwegs sein wird, geben.

Mit wie viel Geld aus dem Topf kann man planen?

Die Aufbauhilfe soll nach Angaben des Landes im Regelfall 80 Prozent des entstandenen Schadens abdecken. In Härtefällen könnten bis zu 100 Prozent der Schadensumme übernommen werden. „Die Einzelfälle werden geprüft. Die entscheidende Frage wird sein, ob es sich um eine existenzbedrohende Situation handelt“, erklärt Achim Blindert, Koordinator Wiederaufbau beim Kreis Euskirchen.

Wie unterstützt der Kreis die Antragsteller?

Etwa 60 Mitarbeiter der Kreisverwaltung werden in den nächsten beiden Tagen geschult. Das Info-Mobil des Kreises wird am Freitag (ab 8.30 Uhr) auf dem Alten Markt in Euskirchen stehen. Am Samstag wird es in Schweinheim, am Sonntag in Flamersheim sein – jeweils ohne Terminvereinbarung. In den darauffolgenden Wochen wird es im gesamten Kreis unterwegs sein.

Landrat Markus Ramers (l.) und sein Allgemeiner Vertreter Achim Blindert vor dem neuen Info-Mobil des Kreises.

Über das Online-Portal des Kreises kann ein persönlicher Beratungstermin gebucht werden. Derzeit plant der Kreis pro Beratungsgespräch 60 Minuten ein. „Es ist unheimlich wichtig, dass wir vor Ort sind und den Menschen beim Ausfüllen der Anträge helfen“, so Blindert. Das Info-Mobil ist beispielsweise mit einem Scanner, Drucker und Laptop ausgestattet. Blindert sagt aber auch, dass es sicherlich Fragen geben werde, die man nicht beantworten könne. Diese Fragen werde man ans Land weiterreichen.

Zudem gibt es in jeder Kommune eine Anlaufstelle, in der Mitarbeiter des Kreises die privaten Antragssteller unterstützen werden (siehe „Anlaufstellen für Anträge“).

https://hochwasser.kreis-euskirchen.de

Welche Angebote für die Bürger gibt es noch?

Unter 02251/158850 wird ab Freitag eine Service-Hotline des Kreises freigeschaltet. Montags bis freitags ist die Hotline zwischen 8.30 und 20 Uhr besetzt, samstags und sonntags zwischen 8.30 und 14 Uhr. „Das ist ein zusätzliches Angebot zur Hotline des Landes“, erklärt Ramers: „Wir sind näher an den Menschen, kennen die Probleme besser.“

Das Servicetelefon des Landes ist bereits aktiv. Unter 0211/4684-4994 ist es montags bis freitags in der Zeit von 8 bis 18 Uhr, samstags und sonntags von 10 bis 16 Uhr erreichbar.

Welche Unterlagen werden beim Antrag benötigt?

Anlaufstellen für Anträge

Es gibt im Kreis diverse Anlaufstellen, wo Anträge zum Wiederaufbau gestellt werden können:

Bad Münstereifel: Fachhochschule für Rechtspflege, Hermann-Pünder-Straße 2

Blankenheim: Rathaus, Rathausplatz 16; Wasserwerk, Koblenzer Straße 19

Dahlem: Rathaus in Schmidtheim, Hauptstraße 23

Euskirchen: Kreishaus, Jülicher Ring 32, Namslauer Stube und Foyer

Hellenthal: Rathaus, Rathausstraße 2

Kall: Rathaus, Bahnhofstraße 9

Mechernich: Fraktionsbüro der UWV, Bergstraße 17

Nettersheim: Schulungsraum der Feuerwehr in Zingsheim, Krausstraße 2

Schleiden: Rathaus, Blankenheimer Straße 2

Weilerswist: Rathaus, Bonner Straße 29

Zülpich: Rathaus, Markt 2

Zwingend notwendig ist eine gültige E-Mail-Adresse. Darüber hinaus werden der Personalausweis oder ein sonstiges Dokument der Identifizierung und die Steuer-Identifikationsnummer benötigt. Zudem müssen eingereicht werden: Angaben zum Grundstück aus dem Grundbuch und eine Aufstellung der Schäden – beispielsweise in Form eines Gutachten oder Fotos. Es müssen Angaben zu erhaltenen Spenden sowie Soforthilfen, eine Bescheinigung der Unteren Denkmalbehörde – wenn denkmalpflegerischer Mehraufwand antragt werden soll – und mögliche erforderliche Baugenehmigungen eingereicht werden. Und den Mietvertrag, wenn man als Mieter Schäden am Hausrat hat. Wer eine Versicherung hat, muss die Versicherungsdokumente einreichen. Das ist sinnvoll, wenn die Versicherung beispielsweise nicht den kompletten Schaden übernimmt.

Wie sieht es mit Schäden am Hausrat aus?

Für Schäden am Hausrat können Betroffene eine Pauschale beantragen. Diese wird nach der Anzahl der gemeldeten Personen im Haushalt gestaffelt sein. Einem Ein-Personen-Haushalt stehen 13 000 Euro zu, Mehrpersonenhaushalte erhalten eine höhere Pauschale. Für den Ehegatten oder Lebenspartner sind zusätzlich 8500 Euro geplant, für jede weitere zum Hochwasserzeitpunkt in dem Haushalt gemeldete Person gebe es zusätzlich 3500 Euro. Allerdings ist diese Aufbauhilfe nachrangig. Versicherungsleistungen, Spenden und Soforthilfen für denselben Zweck werden von der Hilfe abgezogen.

Was ist beim Antrag zu beachten?

Die Schadenshöhe muss mindestens 5000 Euro betragen. Übersteigt der Schaden einen Wert von 50.000 Euro, muss ein Gutachten erstellt werden. Wer einen Gutachter benötigt, den unterstützt das Land. Die Kosten für den Gutachter werden zu 100 Prozent übernommen. Gleiches gilt für die Beseitigung des Abfalls, der im Rahmen der Hochwasserkatastrophe entstanden ist. Sobald der Bewilligungsbescheid da ist, werden laut Blindert unmittelbar 40 Prozent der Summe ausgezahlt. Anschließend können weitere Verwendungsnachweise eingereicht werden, um weitere Hilfen ausgezahlt zu bekommen – bis man schließlich im Idealfall bei 100 Prozent ist.

Wie geht es weiter, wenn der Antrag gestellt ist?

Die Bezirksregierung wird den Antrag prüfen und bewilligen. Sobald das geschehen ist, geht er zur NRW-Bank, die das Geld auszahlen wird. Wie viel Zeit das in Anspruch nehmen wird, kann der Kreis noch nicht beurteilen. „Ich hoffe, dass die Bezirksregierung sich so gut darauf vorbereiten wird wie wir“, sagt Landrat Ramers.

Wie funktioniert die Hilfe für Unternehmer?

Ab Freitag können auch die etwa 2500 betroffenen Betriebe aus der Region Aachen, Düren, Heinsberg und Euskirchen die für den Wiederaufbau benötigten Gelder beantragen. Die Industrie- und Handelskammer (IHK) Aachen spielt dabei eine wesentliche Rolle: Die Kammern übernehmen die Vorprüfung der Anträge.

Zudem hat die IHK Aachen ein Hochwasserkompetenzzentrum aufgebaut, um Fragen zur Beantragung und zu weiteren Unterstützungsleistungen zu beantworten. Unternehmer erhalten über die Hotline 0241/ 44600 oder per E-Mail an ab sofort Informationen.

hochwasserhilfe@aachen.ihk.de

Wie funktioniert die Hilfe für Landwirte?

Das Hochwasser hat auch zahlreiche landwirtschaftliche Betriebe hart getroffen. Diese Schäden können jetzt ersetzt werden, in der Regel werden mindestens 80 Prozent der Schadensumme übernommen, teils bis zu 100 Prozent – wie bei Privathaushalten und Unternehmen. Ansprechpartner für Landwirte ist die Landwirtschaftskammer. Der Kreis hilft nur den privaten Antragsstellern.

Bis wann können Anträge gestellt werden?

Antragsschluss ist der 30. Juni 2023. Bis dahin können Anträge auch nachgebessert werden. „Stellt sich heraus, dass die Sanierung, der Wiederaufbau teurer wird, lässt sich das einfach online ändern“, teilt Blindert mit.

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Stabsstelle Wiederaufbau und immense Mehrarbeit

Der Kreis Euskirchen will kurzfristig eine Stabsstelle Wiederaufbau und Kreisentwicklung installieren. Zudem plant er 500 000 Euro für externe Expertisen im Rahmen des Wiederaufbaus ein.

Für die Stabsstelle ergibt sich nach Angaben der Verwaltung ein zusätzlicher Stellenbedarf. Entsprechend sucht der Kreis eine Stabsstellenleitung, eine Projektentwicklerin oder Projektentwickler und jemanden, der die Fördermittelakquise betreut. Alle drei Stellen werden zunächst befristet ausgeschrieben. „Wir haben eine Initiativbewerbung erhalten“, sagt Achim Blindert, Koordinator Wiederaufbau beim Kreis. Ein erstes Gespräch mit der Frau aus München habe bereits stattgefunden. Die drei Stellen sollen durch die fachliche Begleitung der Mitarbeiter des Teams 61, Bereich Planung und Kreisentwicklung, unterstützt werden.

An Hochschulen für die Bereiche Wasserbau, Städtebau und -entwicklung, Raumplanung und Klimaforschung sei man zudem bereits herangetreten. „Im Vergleich zur freien Wirtschaft haben wir natürlich einen Nachteil, weil wir nur nach Tarif bezahlen können“, erklärt Blindert. Entsprechend schwierig könnte eine Besetzung werden. Völlig aussichtslos sei es aber nicht, wie auch die Initiativbewerbung zeige.

Laut Kreisverwaltung steigt der Stellenbedarf im Rahmen des Wiederaufbaus nach der Hochwasserkatastrophe auch bei den Fachbehörden des Kreises an. So sei zu erwarten, dass die Untere Wasserbehörde personelle Verstärkung benötigen wird – allein schon für die technische Bearbeitung in den Bereichen Wasserbau, Hochwasser- und Gewässerschutz.

Auch beim Bauamt ist laut Blindert mit erheblichen zusätzlichem Arbeitsaufkommen durch gestellte Bauanträge zu rechnen. Mit dem derzeit vorhandenen Personal sei die Mehrarbeit nicht zu bewältigen. Auch in den Abteilungen Tiefbau und Abfall sowie beim Team ÖPNV kommt nach Angaben der Verwaltung Mehrarbeit auf die Mitarbeiter zu – beispielsweise bei der Beseitigung des immensen Müllaufkommens und dem Schienenersatzverkehr, dem Schülerverkehr und dem Beschwerdemanagement beim ÖPNV.