Die GdG Schleiden-Hellenthal, die flächenmäßig größte im Bistum Aachen, hat einen neuen Pfarrer. Thomas Schlütter ist Nachfolger von Philipp Cuck.
GdG Schleiden-HellenthalDer neue Pfarrer will kein Alleinunterhalter sein
Das Lächeln schien nicht aus dem Gesicht von Thomas Schlütter weichen zu wollen, als er die Messe zelebrierte, mit der er in sein Amt als neuer Pfarrer der GdG Schleiden-Hellenthal eingeführt wurde. Damit ist die Nachfolge von Philipp Cuck nahtlos vollzogen, der 34 Jahre in Schleiden als Pfarrer tätig war. Freunde, Familie, Weggefährten und Priesterkollegen der katholischen und evangelischen Kirche wie auch Generalvikar Andreas Frings und Dompropst Rolf-Peter Cremer wohnten dem Gottesdienst in der Hellenthaler Pfarrkirche bei. Mehr als 200 Besucher wollten ihren neuen Pfarrer in Augenschein nehmen.
„Das war Wahnsinn“, sagte Schlütter am Montag über seine Eindrücke von dem Gottesdienst: „Das ging unter die Haut, mir fehlen die Worte.“ Besonders berührend sei die Situation gewesen, als die Gaben aus den einzelnen Pfarreien überbracht worden seien. Darunter waren neben dem ältesten Messgewand der GdG aus dem 15. Jahrhundert oder einem Stein aus der Wildenburg auch eine Berglampe aus Rescheid und ein Stück Zollschranke aus Losheim.
Das Notkreuz aus Gemünd beeindruckte den neuen Pfarrer tief
Besonders beeindruckend sei das Notkreuz aus St. Nikolaus in Gemünd, das während der Sanierung nach der Flut an der Eingangstür der Kirche hing, um den Menschen einen Ort des Gebetes anzubieten. „Ich habe das Kreuz auch direkt als Altarkreuz genommen“, so Schlütter. Den Gottesdienst nutzte Regionalvikar Wieslaw Kaczor, um Philipp Cuck seinen Dank für die vielen Jahre auszusprechen, in denen er in Schleiden tätig war. Cuck hatte bewusst auf einen Abschiedsgottesdienst verzichtet. „Sein stilles Ausscheiden zeigt seine Bescheidenheit“, sagte Kaczor.
38 Jahre alt ist der neue Pfarrer. Aufgewachsen ist er in Niederkrüchten, in einem Ortsteil namens Gützerath. „Dort gibt es viele kleine Orte, ähnlich wie in Hellenthal – nur ohne Berge“, berichtete Schlütter. Dort habe es nur zwei Optionen gegeben: Fußballspielen oder Messdiener werden. „Ich komme aus einem katholischen Milieu, unsere Mutter war Katechetin, als ich zur Kommunion gegangen bin.“ Und Fußballspielen konnte er nicht, also sei er Messdiener geworden.
Steinfeld übte einen entscheidenden Einfluss aus
Mit 18 habe er den alten Audi seines Großvaters übernommen, mit der Maßgabe, seine Oma bei Bedarf zu fahren. „Da ging es samstags erst zum Friedhof, dann zur Messe.“ Dabei habe er sich die Frage gestellt, was Menschen bewege, in die Messe zu gehen. Um die Antwort zu finden, habe er begonnen, Religion, Geschichte und Philosophie zu studieren. Damals habe er eine Freundin gehabt und daran gedacht, Lehrer zu werden. Doch er habe mehr über Theologie wissen wollen und sei nach Bonn gegangen, um dort zu studieren.
Der entscheidende Einfluss sei schließlich in Steinfeld gekommen. „Dort war das Mentorat, und dabei ist mir klargeworden, dass ich die Freude an Gott mit den Menschen teilen will“, so Schlütter. Deshalb habe er die Priesterausbildung begonnen. „Eine Entscheidung, die ich noch keinen Tag bereut habe, der schönste Beruf, den ich mir vorstellen kann“, schwärmt er.
Zugewandt und freundlich präsentiert Schlütter sich. „Das ist mein Anspruch.“ Als er 2011 zum Diakon geweiht wurde, habe Weihbischof Karl Borsch darüber gepredigt, wie Priester die Menschen mitnehmen könnten. „Nehmen Sie die Menschen ins Herz“, habe Borsch gesagt: Er wolle diesen Rat mit Offenheit und Herzlichkeit leben.
Vor der Aufgabe, die GdG Schleiden-Hellenthal zu leiten, habe er Respekt. Doch eine Pfarrstelle zu haben und Pastor sein zu dürfen, sei der Grund gewesen, den Weg zu gehen. Vor allem wolle er aber auf Menschen zugehen. „Ich allein habe kein Konzept, keine schlauen Ideen“, ruft er zu Zusammenarbeit auf.
Thomas Schlütter lernt die Eifeler als sehr herzliche Menschen kennen
Lange habe er in der Priesterausbildung gearbeitet. „Wir haben nach dem Pastoral der Ermöglichung ausgebildet, das ist eine neue Stufe.“ Priester seien nicht mehr die, die alles machen. „Die Zeiten des Pfarrers als Alleinunterhalter sind vorbei, und sie werden auch nicht wiederkommen.“ Es gehe darum, die Ehrenamtler zu unterstützen. Das Berufsbild der pastoralen Mitarbeiter werde auf den Kopf gestellt. „Der Strukturprozess ist wichtig und nötig, wir sind personell am Ende.“
Nicht zuletzt wegen der Folgen der Flut sei es wichtig, die Pfarrstelle schnell wiederzubesetzen. Schlütter selbst habe damals über Freunde mitbekommen, was an Urft und Olef geschehen sei. „Als ich nach der Flut zum ersten Mal wieder in Gemünd war, habe ich es nicht wiedererkannt.“ Schon seit dem Sommer, seit klargeworden sei, dass er Cucks Nachfolger werde, habe er viele Gespräche geführt. „Ich erlebe die Eifeler als herzlich.“
Als er nach der Einführungsmesse zu der Ferienwohnung in Reifferscheid gekommen sei, in der er zur Zeit lebt, habe an der Tür ein Schild gehangen: Schön, dass Sie da sind. „Das ist so herzlich und liebevoll, dass zieht sich durch.“ Er wolle sich in allen 17 Kirchorten der GdG vorstellen, Vorschläge seien willkommen. „Ob Messe, Andacht oder Wortgottesdienst, vielleicht mit anschließendem Gespräch oder Dorfrundgang, alles ist möglich.“
Am Freitag hat er sich in einer Messe in Kreuzberg mit anschließender Pilgersuppe vorgestellt, am Samstag in Gemünd mit Glühwein am Lagerfeuer.
Noch fehle ihm der Gesamtüberblick über alle Gruppen und Gremien, wo die „Stakeholder und Player“ seien. „Die Zeiten, wo es hieß, ,der Pfarrer hat aber gesagt', sind vorbei“, betont Schlütter. Ob GdG-Rat oder die Vermögensverwaltungräte, entschieden werde gemeinsam: „Aber ich werde die Räte auch in die Pflicht nehmen.“
Zur Person
Der in Erkelenz geborene Thomas Schlütter machte 2004 Abitur und leistete seinen Wehrdienst in einem Sanitätsregiment. Nach dem Beginn eines Lehramtsstudiums in Köln in den Fächern katholische Religion, Geschichte und Philosophie wechselte er nach Bonn, wo er Theologie studierte. Seine Priesterausbildung absolvierte er in Münster. 2011 wurde er in Steinfeld zum Diakon geweiht und ging nach Aachen-Brand.
Nach der Priesterweihe 2012 wechselte er als Kaplan nach Dülken. Als der dortige Priester aufhörte, habe er die Pfarrstelle abgelehnt: „Ich fand, ich war noch nicht so weit.“ So übernahm er die Schulseelsorge an der Marienschule in Mönchengladbach und wurde Diözesankurat der Pfadfinderschaft St. Georg (DPSG). 2019 wurde Thomas Schlütter zum Domvikar ernannt und übernahm die Leitung der Berufungspastoral im Bistum Aachen.
Neben der Leitung des Päpstlichen Werkes für geistliche Berufe und der Informationsstelle Berufe und Dienste in der Kirche arbeitete er als Subregens in der Priesterausbildung und ist für die Ausbildung der Ständigen Diakone verantwortlich.
Die GdG
Mit 256 Quadratkilometern ist die Gemeinschaft der Gemeinden (GdG) Hellenthal/Schleiden die flächenmäßig größte des Bistums Aachen. Sie besteht aus 16 Pfarreien, einer Filialgemeinde sowie mehreren Kapellengemeinden. Auf dem Gebiet leben rund 21000 Einwohner, von denen rund 12.500 Katholiken sind.