AboAbonnieren

Stausee im PrethtalWiderstand der Anwohner gegen den Talsperren-Plan in Hellenthal

Lesezeit 5 Minuten
Das Prethtal bei Hellenthal könnte zur Talsperre werden.

Für die Bewohner des Gebietes im Prethtal, das eventuell von einer Talsperre überflutet wird, ist die Planung eine große Belastung.

Derzeit wird für eine Talsperre bei Hellenthal eine Machbarkeitsstudie erstellt. Die Anwohner des Prethtals sind in Sorge.

Es ist ruhig in Unterpreth. Malerisch liegt das Tal im spätwinterlichen Dunst. Von der Bundesstraße oben am Berg dringt kein Laut nach unten, noch sind die Motorradfahrer nicht aktiv. Seltene Tier- und Pflanzenarten leben hier. Und auch Menschen, die um ihre Zukunft fürchten.

Denn wenn die seit vielen Jahrzehnten im Raum stehende Talsperren-Planung umgesetzt wird, könnte auf Höhe der Jugendherberge eine Staumauer quer durch das Tal gebaut werden – das Gebiet würde dann geflutet. Die Platißtalsperre ist vor allem seit der Flut im Sommer 2021 als möglicher Hochwasserschutz für die Orte entlang der Olef bis Gemünd wieder in den Fokus gerückt. Aktuell ist eine Machbarkeitsstudie dazu in Arbeit, die die Möglichkeiten eruieren soll. Mitte des Jahres, das hat Dr. Joachim Reichert, Vorstand des Wasserverbands Eifel Rur, vor wenigen Tagen angekündigt, sollen erste Überlegungen vorgestellt werden.

Anwohner Peter Wessing nennt Verfahren „Mord an der Heimat“

„Was sollen wir tun?“, fragt Birgit Wessing. Mit ihrem Mann Peter wohnt sie in dem letzten Haus des kleinen Ortes Unterpreth. Sie berichtet von Investitionen, die in der Nachbarschaft anstehen. Ein Nachbar habe eine neue Heizung installiert, ein Dachstuhl solle erneuert werden, ein weiterer Anwohner wolle für seine Tiere einen wolfssicheren Zaun bauen. Am Ortseingang haben Niederländer erst vor einem Jahr ein Haus erworben, das saniert werden soll. Lohnen sich die Investitionen noch? Die Unsicherheit sei groß.

Birgit und Peter Wessing leben mit ihrem Hund in Unterpreth.

Für die Anwohner wie Birgit und Peter Wessing ist die Planung eine große Belastung.

Dabei ist Peter Wessing, auch wenn er hier seinen Ruhestand genießt, nicht ohne Erfahrung mit solchen Vorgängen: „Ich war 30 Jahre im Öffentlichen Dienst, ich weiß mit solchen Verfahren umzugehen.“ In den 1980er-Jahren, als er sein Praktikum bei der Bezirksregierung Arnsberg gemacht habe, sei er in die Planungen für die Neger-Talsperre bei Brunskappel involviert gewesen. „Ich war im Enteignungsreferat“, sagt er. „Mord an der Heimat“ nennt er solche Verfahren. Die Neger-Talsperre wurde übrigens nicht gebaut.

Macht die Platißtalsperre überhaupt Sinn?

Einer möglichen Platißtalsperre spricht Wessing den Sinn ab. „Die Schäden sind erst ab Blumenthal aufgetreten, hier war nichts“, sagt er. Er äußert den Verdacht, dass die Flutkatastrophe nur benutzt werde, um mehr Wasser zu haben, das nach Rheinland-Pfalz verkauft werden könne.

Umso mehr habe er sich für die Leistungsbeschreibung zu dieser Machbarkeitsstudie interessiert. „Es wäre wichtig zu sehen, was da drinsteht“, so Wessing. Daraus werde zum Beispiel deutlich, ob die Auftraggeber die Schwerpunkte in Richtung Hochwasser oder Wassergewinnung setzen.

Auch wenn ihm von der Gemeinde Hellenthal die Einsicht in die Unterlagen zugesagt worden sei, habe der Wasserverband Eifel-Rur das untersagt, sagt Wessing. Der Termin, bei dem er eigentlich Einblick in die Dokumente nehmen wollte, sei trotzdem interessant gewesen. Denn Hellenthals Bürgermeister Rudolf Westerburg habe ihm gegenüber deutlich gemacht, dass er Probleme für den Bau einer großen Staumauer sehe.

Hellenthaler Bürgermeister sieht Probleme bei großer Staumauer

Westerburg bestätigt das auf Anfrage: „Das habe ich bereits auf mehreren Terminen gesagt.“ Das sei aber seine persönliche Meinung, mit der er den Ergebnissen der Machbarkeitsstudie nicht vorgreifen wolle. Alle Varianten müssten dabei geprüft werden. Doch er trete dafür ein, es bei einer Vorprüfung zu belassen, wenn Vorhaben aufgrund offensichtlicher Umstände nicht realisierbar seien: „Dann muss die Machbarkeitsstudie nicht zum Äußersten gemacht werden.“

Laut Westerburg gibt es mehrere Dinge, die den Bau schwierig machen dürften. So müssten viele Versorgungsleitungen, die durch das Prethtal verlaufen, verlegt werden. Die Bundesstraße müsste auf einer neuen Trasse um den zukünftigen Stausee herumgeführt werden, genauso Wirtschaftswege. „Das wäre ein Riesenaufwand“, so der Bürgermeister. Dazu komme, dass die Grundstücke Prethtal weit über 100 Eigentümern gehörten. Eine Enteignung mit so vielen Interessenträgern einvernehmlich zu regeln, sei unmöglich.

Plan könnte im Mühlbachtal einfacher zu realisieren sein

Einfacher sei es dagegen in einem Seitental, dem Mühlbachtal. Dort seien es nur zehn Anlieger, darunter mit dem Arenbergischen Forstamt und der Gemeinde Hellenthal zwei große. „Da ist es einfacher, Lösungen zu finden“, sagt Westerburg. Anders als an der Oleftalsperre könnte hier eine öffentliche Nutzung möglich sein, wenn der Stausee nicht als Trinkwasserreservoir genutzt wird. „Dann könnte das von der Industrie benötigte Brauchwasser von dieser Talsperre kommen“, so Westerburg. Die Oleftalsperre gebe eine Mindestmenge ab, um den Wasserstand der Rur konstant zu halten. Das könne reduziert werden, um Trinkwasser zu sparen.

„Ich kam mir vor, als sei ich abgehört worden“, sagt Peter Wessing dazu scherzhaft. Denn das seien genau die Argumente, die er auch gegen die große Talsperrenlösung vorgebracht habe. Er sei jedenfalls wild entschlossen, weiter gegen die Planung vorzugehen. „Ich ziehe das bis zum Ende durch“, sagt er mit fester Stimme und fügt fast drohend hinzu: „Meine Tochter ist Anwältin.“


Die Pläne sind schon alt

Seit Jahrzehnten ist der Bau einer Talsperre im Platißbachtal im Regionalplan vorgesehen. Spätestens seit der Flut 2021 wurde das Vorhaben als Ergänzung zur Oleftalsperre und zum Hochwasserschutz gesehen. In einer Versammlung Ende September 2022 wurde deutlich, dass die Anwohner wenig Sympathie für das Vorhaben hegen. Auf Höhe der Jugendherberge ungefähr soll nach den ursprünglichen Plänen die Staumauer stehen. Damit würde das Wasser aus dem Prethbach und das des aus dem Mühlenbachtal kommenden Platißbaches aufgefangen und gesammelt werden.

Alternativ sind auch andere Möglichkeiten wie Kaskadenbecken im Gespräch, die im Verlauf der Preth das Wasser auffangen und erst verzögert wieder abgeben sollen. Aktuell wird zu dem Vorhaben eine Machbarkeitsstudie erstellt. Erste Überlegungen sollen laut WVER Mitte des Jahres vorgestellt werden. (sev)