NachrufJacques Berndorf hat aus der Eifel ein Krimi-Mekka gemacht
Lesezeit 5 Minuten
Kreis Euskirchen/Eifel – Der Krimi-Bestsellerautor und Journalist Jacques Berndorf alias Michael Preute ist am Sonntag im Alter von 85 Jahren gestorben. Er war „das Original, der Vater des Eifelkrimis“, wie der Begründer des Eifel Literatur Festivals, Josef Zierden aus Prüm, meint. Auch andere Weggenossen Preutes sehen das so: Sein Schaffen habe der Eifel als Region gutgetan und ihren Bekanntheitsgrad als Tourismusregion gesteigert.
Dass die Geschichte des Eifelkrimi-Erfinders Michael Preute mit dem Pseudonym Jacques Berndorf begann, ist bekannt. Zur Jahreswende 1983/84 war Preute, ein gebürtiger Duisburger, während einer schweren Lebenskrise aus München in die idyllische Vulkaneifel gezogen: Einen Schnitt machen. Neu anfangen.
Mit dem „Eifel-Blues“ fing alles an
Es waren sehr persönliche Gründe, die ihn nach Berndorf bei Hillesheim brachten, damals ein Ort ohne besondere Eigenschaften. „Das wäre Hillesheim ohne Michael Preute auch geblieben“, so Ralf Kramp, Krimiautor, Verleger und Inhaber des „Kriminalhauses“ in Hillesheim.
Doch was dann ab 1989 mit „Eifel-Blues“, dem ersten Eifelkrimi begann, war auch aus Sicht von Josef Zierden schnell mehr als nur eine Art Selbstneuerfindung aus einer Lebenskrise heraus: „Preute war unsere erste Lesung, damals im Schalterraum der Prümer Volksbank“, so Zierden.
Es war die Premiere eines neuen literarischen Stars der langsam immer bekannter werdenden Regionalkrimis. Schon 1996 verlieh das Festival Preute den Hauptpreis: „Preute hat Unglaubliches für die Literatur in der Eifel losgetreten“, so Zierden.
Es sollte eine Lawine werden, wobei dem so Geehrten „lange Jahre gar nicht bewusst war, dass er sie ausgelöst hat“, so Preutes Verleger Ralf Kramp. Damit sind zunächst die 26 Eifelkrimis gemeint, die sich mehr als sechs Millionen Mal verkauften.
Der Romanheld war sein Alter Ego
Michael Preute, der zuvor seinen Lebensunterhalt mit Sachbüchern verdient hatte, schrieb auch – nebenbei – eine lesenswerte „Gebrauchsanweisung für die Eifel“. Er thematisierte mit den „Nürburg-Papieren“ den Skandal um die Neubauten am Nürburgring. Doch bundesweit bekannt wurde er durch die Eifelkrimis und seinen Romanhelden Siggi Baumeister, sein – wie er der Redaktion mal sagte – zehn Jahre jüngeres Alter Ego.
Auch Heinz-Peter Hoffmann aus Hillesheim blieb das alles nicht verborgen. Der damalige Büroleiter der Kreisverwaltung in Daun war Ende der 1990er-Jahre auf der Suche nach Vermarktungsoptionen für den Landkreis – möglichst solche, die ein Alleinstellungsmerkmal haben sollten. Mit Michael Preute bildete er ein besonderes Gespann: „Nach dem Criminale Festival in Daun hatten wir die Idee, Ähnliches, aber als Branchentreff für Krimiautoren, TV-Sender, Dramaturgen und Regisseure zu veranstalten“, so Hoffmann.
„Preute war mein Grüßaugust, so hat er sich selbst immer bezeichnet, wenn wir mal wieder zusammen zur Präsentation unseres Festivals Tatort Eifel fuhren“, schmunzelt Hoffmann. 2001 wurde das Festival gegründet.
Freundschaft mit Verleger Kramp
Jacques Berndorf alias Michael Preute, seines Zeichens Besitzer von rund 350 Pfeifen, „hatte ein Feuer mit Langzeitwirkung für die Eifel entzündet, so, wie er lange an seiner Pfeife zog und sich nicht schnell eine Zigarette anzündete“, meint Ralf Kramp.
Zwischen den beiden entwickelte sich eine lange und enge Freundschaft. Kramp wurde auch Preutes Verleger. „Ich verdanke ihm eigentlich alles, was mich zum Krimiautor macht“, gibt Kramp offen zu. Es sei Preute gewesen, dem er das Manuskript seines ersten eigenen Eifelkrimis zur Prüfung vorgelegt habe. Preute ermunterte ihn, das Buch zu veröffentlichen.
Es ist nicht so, dass Jacques Berndorfs Eifelkrimis das Genre des Regionalkrimis begründeten. Aber es waren die ersten, die eine ländliche Region so bekannt machten. Viele weitere Regionen tauchten danach auf der literarischen Deutschlandkarte auf. Das Erfolgsrezept der Eifelkrimis von Michael Preute war dabei neben der genauen Beschreibung der Typen und Charaktere die exakte Beschreibung von Orten und Gegenden der Handlung.
Touristiker richteten zwei Krimiwanderwege ein
Immer mehr Berndorf Fans bereisten seit den 1990er Jahren die Eifel auf den Spuren der von Preute ersonnenen Verbrechen. Das Phänomen blieb den Touristikern in der Vulkaneifel nicht verborgen. So entstanden zwei Krimiwanderwege. Ein Krimibus wird in Hillesheim auf die Strecke geschickt, es gibt Krimiführungen und „Ermittlerwochenenden“ im „Krimihotel“.
In „Deutschlands Krimihauptstadt“, wie sich Hillesheim mittlerweile nennt, hat Ralf Kramp sein neues, größeres, „Kriminalhaus“ bezogen, im Dachgeschoss ist das 30.000 Bände umfassende „Deutsche Krimiarchiv“ entstanden, ins „Café Sherlock“ im „Kriminalhaus“ reisen Busreisegruppen aus ganz Deutschland an. Kurz: Ausgelöst durch die Eifelkrimis von Jacques Berndorf/Michael Preute entstand eine ganze Infrastruktur, im Wesentlichen „von Privatpersonen, ohne jede öffentliche Finanzierung“, so Heinz-Peter Hoffmann.
Bei all dem blieb Preute „nahbar, überhaupt nicht abgehoben“, so Markus Schröder, Inhaber des Landgasthofs Schröder in Niederehe. Seinem Haus hat Preute wiederholt kleine literarische Denkmäler wie in „Eifel Rallye“ gesetzt – es war ja auch eines seiner Lieblingsrestaurants. „Da kam dann mal eine ganze Gruppe Motorradfahrer vorbei, die wollte wissen, ob es mich wirklich gibt“, sagt Schröder. Also habe er auf Wunsch Autogramme geschrieben.
Krimifestival wäre ohne Berndorf nicht denkbar
Auch im Kreis Euskirchen wusste man, welches Pfund man mit Jacques Berndorf hatte. „Jacques Berndorf hat nicht nur in der Region, sondern auch bei seinen ,kriminellen’ Nachwuchsautoren und bei unserem Krimifestival seine prägenden Spuren hinterlassen“, so Iris Poth, Wirtschaftsfördererin der Kreisverwaltung Euskirchen: „Ohne sein großes Zutun könnten wir uns heute nicht auf unser Krimifestival Nordeifel-Mordeifel freuen.“
Ein Highlight der Nordeifel-Mordeifel-Krimitage 2012 und 2014 war die Verleihung des Jacques-Berndorf-Preises. Für Jacques Berndorf war es eine besondere Ehre, dass der Preis nach ihm benannt wurde. „Mit meinem Namen will ich Nachwuchsautoren Mut machen, mitzumachen. Und ihnen die Angst vor der ersten Seite nehmen“ sagte Berndorf damals.
Michael Preute aus Duisburg, der als Jacques Berndorf in der Eifel ein neues Leben fand, gestand vor Jahren im Interview, dass er sich hier Zuhause fühle, „am schönsten Arsch der Welt“. Er habe die Eifel und die Eifeler so, wie sie seien, beschrieben.