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EinweihungHaus der Begegnung in Kall nach Flut in Betrieb – Bürgermeister übt Kritik

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Der Chor und Hermann-Josef Esser haben sich zu einem Gruppenfoto aufgestellt.

Der ukrainische Chor „Sgarda“, hier mit Bürgermeister Hermann-Josef Esser (3.v.r.), sang zur Wiedereröffnung des Hauses der Begegnung in Kall.

Beim Wiederaufbau nach der Flut ist die Gemeinde Kall einen Schritt weiter. Doch die Arbeiten am Haus der Begegnung liefen nicht reibungslos.

Noch immer arbeiten Privatleute und Kommunen daran, die bei der Flutkatastrophe im Sommer 2021 entstandenen Schäden zu beseitigen. Die Rückkehr zum Normalbetrieb wird noch Jahre in Anspruch nehmen. Eine Wiederaufbau-Etappe geschafft haben die Kaller, die das Haus der Begegnung nach zweieinhalb Jahren Bauzeit nun wiedereröffnen konnten. 1,3 Millionen Euro hat die Sanierung gekostet.

Das Gebäude ist fertig, ein Schild mit der Aufschrift „Haus der Begegnung“ steht auch schon da. Allerdings ist der übrige Außenbereich noch eine Baustelle.

Im Außenbereich des Hauses der Begegnung sind in den kommenden Wochen noch viele Arbeiten zu erledigen.

Dabei war der erste Schaden bereits eingetreten, als das Haus im Jahr 2019 eingeweiht worden war. Manni Lang hatte bei einem Auftritt der „Eifel-Gäng“ ein Deckenelement mit der Mistgabel heruntergeholt. „Ich hatte gehofft, bei dem Schaden bleibt es“, erinnerte Bürgermeister Hermann-Josef Esser an das Missgeschick. Doch als die Urft mehrere Meter hoch durch das Kaller Ortszentrum schoss, blieb auch das Gebäude nicht verschont.

„Es war ein Bild des Jammers“, so Esser über die Tage nach der Flut. Die Türen, normalerweise teils elektrisch betrieben, hatten mit Brechstangen geöffnet werden müssen, um überhaupt ins Gebäude vordringen zu können. „Den Server der Gemeinde hatten wir unter der Decke im Erdgeschoss montiert. Der war patschnass“, sagte Esser. Tagelang habe das Wasser rund um das Haus gestanden, da der Grundwasserspiegel so hoch gewesen sei.

Für Bürgermeister Esser bot das Haus nach der Flut ein „Bild des Jammers“

Im Innern ist im Haus der Begegnung mittlerweile kaum noch etwas von den Tagen des Schreckens zu sehen, außen schon. Die Anlagen um das Gebäude, das an der Stelle des ehemaligen Wohnhauses des Gemeindedirektors steht, sind längst nicht wieder auf dem vorigen Stand. „Der Minibagger steht bereit“, kündigte Esser an, dass auch diese Baustelle bald abgearbeitet wird.

Nicht immer seien die Wiederaufbauarbeiten einfach gewesen. „Beim Aufzug zeigte sich sowohl das Thema Fachkräftemangel wie auch die Bürokratie“, schilderte Esser die Abläufe. So habe die Firma bei einem ersten Aufschlag einen Monteur geschickt, der wohl eher wenig Fachkunde besaß.

„Der fummelte am Aufzug herum, hatte aber keine Ahnung, was er da macht“, so der Bürgermeister. Und als der Aufzug schließlich wieder lief, habe die Bürokratie zugeschlagen. „Der TÜV und die Aufzugfirma konnten nicht miteinander“, so Esser. Über lange Zeit habe der instandgesetzte Aufzug nicht verwendet werden können, weil keine Abnahme erfolgte – fatal für die Gemeinde, denn über diesen Aufzug wird die Barrierefreiheit des Rathauses sichergestellt.

Schon bei der Einweihung sorgte die „Eifel-Gäng“ für einen Schaden

Auch Lothar Schatten, Leiter des Bauamtes, berichtete von den Sanierungsarbeiten. Über die Partner, die nun wieder in dem Haus aktiv sind, informierte Alice Gempfer. Die Geno Eifel, die Volkshochschule, die Rentenversicherung und die Euroschule haben ihren Kaller Sitz in dem Gebäude.

Neu installiert hat der DRK-Kreisverband Euskirchen, der mit seiner Integrationsagentur schon länger dort aktiv ist, seine Antragswerkstatt. Dadurch wird nun auch in Kall Hilfe, etwa bei der Antragstellung bei Behörden, geboten. Im Obergeschoss ist die Gemeindebibliothek angesiedelt, die zwar nicht direkt von der Flut betroffen war, aber über viele Wochen nicht arbeiten konnte, wie die Leiterin Michelle Wagner erläuterte.

Geflüchtete aus der Ukraine sangen bei der Einweihung

Für den musikalischen Beitrag der Wiedereröffnung sorgte der ukrainische Chor „Sgarda“, den Geflüchtete bilden. Die aus Kiew stammende Musiklehrerin Katerina Tkach hatte dazu die Idee, um die Traditionen ihrer Heimat auch in Deutschland zu pflegen. Wie das ukrainische Neujahrsfest „Malanka“, bei der Gruppen von Haus zu Haus gehen und singen und tanzen.

„Wenn wir singen, sind wir glücklich“, so Tkach – auch wenn man viele Probleme habe. Sie etwa vermisst ihren Mann, der im Donbass an der Front kämpft. Ihnen allen fehlen die Traditionen und Kulturen ihrer Heimat. „Ukraine ohne Lieder ist wie Deutschland ohne Karneval“, ergänzte Vitaliia Kuzma. Auch sie sehnt sich nach ihrer Heimat – doch eine Rückkehr ist schwierig bis unmöglich. „Viele derer, die hierbleiben wollen, haben etwa ihr Haus verloren“, so Kuzma.

„Ein Stück Auferstehung“ sei die Wiedereröffnung des Hauses, sagte Pfarrer Christoph Ude bei der Einsegnung des Gebäudes, die von seinem katholischen Amtskollegen Klemens Gößmann vorgenommen wurde. Die Folgen der Flut seien in Kall vielerorts noch erkennbar. Doch unabhängig von Gebäuden und Außenanlagen: Bei den Menschen werde wohl nie so ganz der Haken an das Geschehene gemacht.