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Nach der FlutJugendhilfe in Kall hat neue Räume, doch die Probleme bleiben

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Alexandra Fischer (l.) und Mutabor-Pressereferentin Jennifer Wagner sind froh, dass die Beratungs- und Büroräume in Kall wieder zur Verfügung stehen.

Kall – „Wir sind froh, dass wir jetzt wieder arbeiten können“, sagt Alexandra Fischer. Rund sieben Monate nach der Flutkatastrophe hat die Mutabor Mensch Entwicklung gGmbH, ein freier Träger der Jugendhilfe mit ambulanten und stationären Angeboten für Kinder, Jugendliche und deren Familien, ihre Arbeit am Standort Kall wieder aufgenommen. Das Gebäude in der Straße Am Weiherbenden wurde umfassend saniert.

Händeringend Familien gesucht

„Die Eröffnung der neuen Räume war dringend nötig, denn wir suchen wieder händeringend Familien, die für eine kurze Zeit oder auf Dauer ein Pflegekind aufnehmen wollen“, sagt Fischer, die Fachbereichsleiterin Erziehungsstellen für den Bereich Eifel. Die Nachfrage nach Plätzen sei nach Corona und der Flut noch größer als zuvor.

„Bei der Flut haben wir noch Glück gehabt. Das Wasser stand bei uns nur rund 30 Zentimeter hoch in den Räumen, obwohl unsere Büros und Besprechungsräume direkt an der Urft liegen“, erzählt die Fachbereichsleiterin. Dabei seien Mobiliar und Kinderspielzeug zerstört worden, „aber zum Glück keine Akten“.

Wiederaufbau in Rekordzeit

Als einer der ersten Mieter könne man nun zurück in die renovierten und neu eingerichteten Räume. „Unser Vermieter hat Unglaubliches geleistet“, lobt Fischer. In Rekordzeit seien alle Zwischenwände entfernt und neu gemauert worden. Von den Außenwänden sei der Putz abgeschlagen und alle Räume mit neuen Fußböden ausgestattet worden.

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Unmittelbar an der Urft liegen die Räume von Mutabor in Kall. Die Brücke (r.) ist seit der Flut gesperrt und muss abgerissen werden.

Mutabor, das seinen Hauptsitz in Eitorf im Rhein-Sieg-Kreis hat, vermittelt Kinder mit einem besonderen Betreuungsaufwand, die aus verschiedenen Gründen nicht mehr zu Hause leben können. „Die Anlässe, warum die Kinder ihr Heim verlassen müssen, sind vielschichtig. Sie reichen von Drogensucht, Alkoholismus und Gewalt bis hin zu psychischen Erkrankungen der Eltern oder Gefängnisaufenthalten“, berichtet die Fachbereichsleiterin.

Das Gros der Kinder, die vermittelt würden, sei zwischen ein und fünf Jahre alt. „Es gibt aber auch Anfragen für Säuglinge oder für eine 17-Jährige mit ihrem Kind.“ Die meisten Anfragen kämen aus Ballungsräumen wie dem Ruhrgebiet, Köln, Bonn und Aachen. „Kürzlich hatten wir aber auch beispielsweise eine Nachfrage aus Augsburg“, erzählt Fischer.

Stress programmiert

In Kall und Umgebung sind zurzeit elf Kinder in sechs Fachpflegefamilien und einer sozialpädagogischen Lebensgemeinschaft untergebracht. Normalerweise steige die Nachfrage nach Betreuungsplätzen vor den Sommerferien und vor Weihnachten: „Immer dann, wenn die Familienmitglieder viel Zeit miteinander verbringen, ist Stress programmiert.“ Dementsprechend habe es auch zu Beginn der Corona-Pandemie viele Anfragen gegeben.

„Mit der Zeit stellten dann aber mehrere Träger fest, dass es in einigen Familien besser lief, vielleicht auch weil Stressfaktoren wie der Schuldruck weggefallen waren“, erklärt Fischer. Seit den Sommerferien 2021 sei die Nachfrage aber kontinuierlich hoch. „Deshalb müssen wir leider aktuell bei vielen Anfragen absagen, weil wir keine freien Plätze haben.“

Reisebüro ist wieder da

Büroleiter Michael Moersch ist froh, dass das Reisecenter von Vossen-Touristik in der Bahnhofstraße 2 in Kall nach dem Hochwasser zurück ist. „Seit Mitte Februar ist das Büro wieder geöffnet. Das bewährte Team ist wieder am Start, allerdings in einem andern Umfeld“, sagt Moersch.

Das Center ist jetzt ein First-Reisebüro. First biete ein ähnliches Franchise-System wie der bisherige Partner Tui an, so der Büroleiter. Geöffnet ist das Reisebüro montags bis freitags von 10 bis 18 Uhr. Aktuell werden für das Team noch Auszubildende und Tourismus-Kaufleute gesucht. (wki)

In Fachpflegefamilien, in denen Kinder langfristig untergebracht werden, muss ein Partner eine pädagogische Ausbildung haben. Alternativ kann man an einer zehntägigen Bildungsmaßnahme teilnehmen, die vom Landschaftsverband Rheinland (LVR) und der Trägerkonferenz der Erziehungsstellen im Rheinland ausgerichtet wird.

Drei bis sechs Monate in der Familie

Anders sieht es bei Bereitschaftspflegeeltern aus, die Kinder in Notfällen für kurze Zeit aufnehmen und die keine pädagogische Vorbildung benötigen. „In diesen Familien sollen die Kinder normalerweise zwischen drei und sechs Monaten bleiben. Manchmal kann daraus aber auch ein Jahr und mehr werden.“ Das Erziehungshonorar, das den Pflegeeltern gezahlt werde, richte sich nach dem Betreuungsaufwand für das jeweilige Kind.

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„Wir besuchen die Pflegeeltern einmal im Monat und bieten auch Supervisionen an“, sagt Fischer. Treffen der Kinder mit den leiblichen Eltern fänden regelmäßig in Kall statt. „Es ist uns wichtig, dass der Kontakt zu den Familien gehalten wird“, betont Fischer. Manchmal wollten die Kinder das aber nicht.

Infoveranstaltung

Wer Interesse hat, kann sich am Donnerstag, 3. März, ab 18 Uhr bei Mutabor, Im Weiherbenden 2, informieren. Teilnehmer werden gebeten, einen frischen Corona-Bürgertest vorzulegen. Alexandra Fischer nimmt per E-Mail auch Anmeldungen für eine digitale Infoveranstaltung für potenzielle Pflegefamilien entgegen. Diese findet am Dienstag, 15. März, von 10 bis 12 Uhr statt.