Schleiden-Oberhausen – Ein großes Fest hätte sich NRW-Innenminister Herbert Reul gewünscht, um allen Einsatzkräften der verschiedenen Organisationen, die bei der Flutkatastrophe geholfen haben, zu danken. In den ersten Monaten nach der Flut ist an derartiges natürlich nicht zu denken gewesen. Und als die Corona-Lage sich immer weiter zugespitzt hat, habe er noch über ein kleines Fest oder eine Feierstunde nachgedacht. „Aber das ist doch alles Kappes“, sagt der Minister – er ist genauso frustriert über alles, was wegen der Pandemie nicht möglich ist, wie alle anderen.
Um nicht noch mehr Zeit ins Land gehen zu lassen, hat er entschieden, an einigen stark getroffenen Orten wenige Helfer in einem ganz kleinen Rahmen stellvertretend für alle 65.000 Einsatzkräfte auszuzeichnen.
Reul überreicht Medaillen an Schleidener THW-Kräfte
In Oberhausen ist er am Montagnachmittag beim THW Schleiden zu Gast, um die Einsatzmedaille an den Ortsbeauftragten Daniel Schwarzer und Gruppenführer Christian Röttgen zu überreichen.
Diese Termine im kleinen Rahmen haben für Reul durchaus besonderen Wert, da er aus erster Hand erfährt, was die Einsatzkräfte erlebt haben in jener Nacht des 14. Juli – wie sie teils ihr eigenes Leben riskiert haben, um anderen zu helfen. „Das ist ein Riesenschatz. Das sind Leute, die wissen, wovon sie reden“, sagt Reul, als er von den beiden THWlern erfährt, was sich in Oberhausen und den umliegenden Orten zugetragen hat.
Die Auszeichnung
Eigens gestiftete Medaille
Allen Einsatzkräften, die den verschiedensten Organisationen angehören und bei der Flutkatastrophe im Juli geholfen haben, will Innenminister Herbert Reul danken. 65000 sind es, die haupt- oder ehrenamtlich unter anderem für THW, Feuerwehr, Polizei, Rotes Kreuz oder DLRG tätig sind. Die „Feuerwehr- und Katastrophenschutz-Einsatzmedaille“ ist eigens für diesen Zweck gestiftet worden.Im Süden des Landes hat Reul am Montag einige Medaillen stellvertretend an Helfer verschiedener Organisationen überreicht, am Freitag wird er im Norden unterwegs sein. Alle anderen werden die Auszeichnungen, die auf der Vorderseite mit dem Dankes-Schriftzug und auf der Rückseite mit dem Landeswappen versehen sind, über ihre jeweiligen Organisationen überreicht bekommen. (rha)
Der Minister greift sich fassungslos an die Stirn, als er erfährt, wie die THWler mit ihrem Radlader ins Wasser gefahren sind, um eine Frau von der Bundesstraße zu retten. Er ist fassungslos, als er hört, wie die Einsatzkräfte mit ihr stundenlang um ihr Kind gebangt haben. Und wie groß Freude und Erleichterung gewesen sind, als es am frühen Morgen zu seiner Mutter gebracht werden konnte.
Auf ein erhöhtes Podest am Fuße des steilen, bewaldeten Hangs, der an die THW-Unterkunft grenzt, hatten sich die Einsatzkräfte sowie einige Zivilisten geflüchtet und dort die Nacht über ausgeharrt – überall sonst ist nur Wasser gewesen.
Mit THW-Lkw Menschen aus dem Wasser gerettet
Das Wasser wäre beinahe auch einigen Oberhausener Feuerwehrleuten zum Verhängnis geworden. In ihrem Gerätehaus gegenüber dem THW auf der anderen Seite der Bundesstraße sind sie eingeschlossen worden. Christian Röttgen hat da nicht lange gezögert. Mit einem THW-Lkw ist der 25-Jährige durchs Wasser gefahren, um die Feuerwehrleute in Sicherheit zu bringen – kein ungefährliches Unterfangen.
„Das war kurz vor Motortod“, sagt Röttgen. Und als er habe zurückfahren wollen, ist ein Kleinwagen, den das Wasser hinter seinen Lkw gespült hatte, aus dem Weg zu räumen gewesen. Die Lkw des THW haben in diesen Stunden ohnehin wertvolle Dienste geleistet. Unter anderem haben etwa 30 aus dem Rewe-Supermarkt Evakuierte auf der Ladefläche Platz gefunden, so dass Röttgen auch sie hat in Sicherheit kutschieren können.
Christian Röttgen hat Sohn wochenlang nicht gesehen
Als das Wasser gesunken ist, hat die Arbeit für die Helfer teils erst richtig begonnen. Keller um Keller hat auch das THW leergepumpt, sich mit der Feuerwehr von Oberhausen durchs Tal bis Gemünd gearbeitet. Auf dem Rückweg sind die Bachläufe an der Reihe gewesen: Bäume wegschneiden und Schwemmgut – teils komplette Container – wegräumen.
Dreieinhalb Wochen, berichtet Röttgen, habe er seinen zu dem Zeitpunkt zweijährigen Sohn nicht gesehen. Im Sommer haben er und seine Familie noch in Kall nahe dem Gerätehaus gelebt. Die Wohnung in der oberen Etage ist zwar unversehrt geblieben, das Haus aber nicht. In Nierfeld hat die junge Familie inzwischen eine neue Wohnung gefunden.