Bleibelastung in KindergärtenKall veranlasst Maßnahmen um Schließungen zu vermeiden
Kall – Mit einer zehn Zentimeter dicken Holzhackschnitzelauflage sollen die neun am stärksten mit Blei belasteten Böden auf den Kinderspielplätzen und den Spielflächen an Kindergärten und Schulen in der Gemeinde Kall gesichert werden. Das teilte die Verwaltung im Ausschuss für Entwicklung, Umwelt, Digitalisierung und öffentliche Sicherheit mit, der im Schevener Dorfgemeinschaftssaal tagte.
Weitergehende Maßnahmen sollen folgen. Weil der Bauhof zurzeit wegen der Beseitigung der Flutschäden überlastet ist, sollen auf Vorschlag der Verwaltung Vereine, Eltern und freiwillige Helfer das Material verteilen und auf den Flächen aufbringen.
Frust im Ausschuss
Frust gab es im Ausschuss, weil die Ergebnisse der Untersuchung eines Fachbüros schon seit geraumer Zeit vorliegen, die Daten aber immer noch nicht veröffentlicht wurden und auch den Fraktionen noch nicht zur Verfügung stehen. Das liege, so Bürgermeister Hermann-Josef Esser (CDU), daran, dass die dazugehörige Stellungnahme der Untere Bodenschutzbehörde (UBB) des Kreises Euskirchen nach wie vor fehle.
Diskussion über die Ergebnisse
Im Ausschuss wurde auch über die Studie des Instituts für Arbeits-, Sozial- und Umweltmedizin des Universitätsklinikums Aachen diskutiert, die die Bleibelastung im Blut von Kindern und Jugendlichen im Raum Mechernich und Kall untersucht hatte und die im Juli vorgestellt worden war. 182 Kinder und Jugendliche hatten teilgenommen. 32 (17,6 Prozent) lagen über dem Referenzwert.
In Kall wurden im Rahmen der Studie bei 16,7 Prozent der Kinder zwischen drei und zehn Jahren erhöhte Werte festgestellt, 8,6 Prozent waren es bei den Elf- bis 17-Jährigen. In Mechernich lagen die beiden Zahlen bei 15,8 Prozent beziehungsweise 21,6 Prozent.
Ulrich Meisen (Grüne) meinte zu den Ergebnissen der Studie: „Aus meiner Sicht liegt bei diesen Ergebnissen keine Gefährdung der Kinder vor.“ Man müsse nämlich bei der Deutung der Ergebnisse berücksichtigen, dass der Grenzwert erst kürzlich halbiert worden sei. Bürgermeister Hermann-Josef Esser (CDU) bestätigte die Aussage und meinte: „Trotzdem sollten wir die Eltern informieren, worauf sie achten müssen. Auch die weitergehenden Untersuchungen bei Kindern und Jugendlichen mit hohen Werten halte er für wichtig. (wki)
Diese Verzögerung kritisierten Fabian Nowald (SPD) und Dr. Guido Huppertz (Grüne). „Wir sollten die Ergebnisse zügig veröffentlichen und die Bürger informieren“, forderte Huppertz. Es gebe keinen Grund, dies nicht zu tun. „Wir sind nicht Herr des Verfahrens. Der Kreis entscheidet über die Veröffentlichung“, hielt Bürgermeister Esser dagegen.
Förderquote von 80 Prozent
Wie die Verwaltung in ihrer Vorlage mitteilt, wurde der Förderantrag der Gemeinde beim Verband für Flächenrecycling und Altlastensanierung (AVV) auf Sanierung der betroffenen Spielflächen positiv bewertet. Die Förderquote liege bei bis zu 80 Prozent, eine konkrete Zusage gebe es aber noch nicht. „Die Quote bezieht sich auch auf die Kosten für die Planung und die Vorbereitung der Maßnahmen, nicht nur auf die Durchführung“, erläuterte der Teamleiter Bauen bei der Verwaltung, Markus Auel.
Der nächste Schritt sei nun die Aufnahme in der Maßnahmenkatalog 2022/ 2023 des AVV. Darüber sei aber noch nicht entschieden. Bürgermeister Esser hatte schon vor Wochen erklärt, dass 16 der 36 untersuchten Flächen mit mehr als 1000 Milligramm Blei pro Kilogramm Boden belastet seien.
Mehrere Kindergärten der Gemeinde betroffen
Die UBB hat nach Angaben der Gemeinde entschieden, dass die neun höchstbelasteten Spielplätze und Kindergärten eine zehn Zentimeter dicke Holzhackschnitzelauflage erhalten. Betroffen sind die Kindergärten in Keldenich, Golbach und in der Hüttenstraße in Kall sowie die Spielplätze in Dottel, in der Römerstraße in Keldenich , am Ostlandkreuz in Kall, in der Auelstraße in Kall sowie an der ehemaligen und der neuen Grundschule in Kall.
600 Kubikmeter Hackschnitzel sollen bis Anfang Oktober geliefert werden. Die Verteilung des Materials auf die Standorte und die Arbeiten vor Ort sollen Eltern und andere freiwillige Helfer übernehmen. „Wir sind irritiert, dass Eltern und Ehrenamtler für die Arbeiten eingeplant werden“, meinte Fabian Nowald. Das sah der Bürgermeister anders: „Für die Sicherungsmaßnahmen halte ich ehrenamtliches Engagement für machbar. Wir haben festgestellt, dass es durchaus eine Bereitschaft bei den Eltern gibt, mal einen Samstag oder einen Nachmittag zu helfen.“ Die Situation auf dem Bauhof sei nach der Flut sehr angespannt: „Die Mitarbeiter können die Arbeiten nicht übernehmen.“
Sicherungsmaßnahmen sollen Schließungen verhindern
Die mit der UBB beschlossene Sicherungsmaßnahme ist nach Darstellung der Gemeinde der schnellste Weg, um eine „vorläufige Gefahrenabwehr für knapp zwei Jahre zu gewährleisten und eine Schließung der Anlagen zu verhindern“. Endgültige Lösungen für die Flächen werde es nach einer Förderzusage geben, weil der AVV erst dann mit der Planung der Maßnahmen beginne.
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„Eine mögliche Alternative könnte zum Beispiel der gesamte Austausch des Bodens bis zu einer Tiefe von 35 Zentimetern sein“, teilt die Verwaltung in der Vorlage mit. Welche Maßnahmen ergriffen würden, entscheide aber der Verband. Angesichts einer Gesamtspielfläche von rund 42 000 Quadratmetern geht die Gemeinde von hohen Sanierungskosten aus, die nicht ohne Fördermittel finanziert werden können.
„Wir wollen den Kindergarten in Sötenich in Eigenregie wiederherstellen. Das wäre vermutlich preiswerter und ginge auch schneller“, sagte Jörg Döhler (FDP). Man wolle nicht länger abwarten und erst im Herbst 2022 mit der Maßnahme beginnen. „Das muss mit der UBB abgestimmt werden“, antwortete Esser. Teamleiter Auel erklärte: „Auf diesem Spielplatz ist die Belastung relativ gering.“