AboAbonnieren

Großer AndrangIn Scheven lernten Teilnehmer, wie man Bäume klont und Obstsorten erhält

Lesezeit 4 Minuten
Teilnehmer schauen Astrid Heistert-Klink beim Schnitt aufmerksam zu.

„Und da schneiden wir ab.“ Mit einem entschiedenen Schnitt bereitet Astrid Heistert-Klink die Veredelungsunterlage vor.

In Kall-Scheven vermittelte das Netzwerk Sonne das alte Wissen über das Veredeln von Bäumen. So können Streuobstwiesen erhalten werden.

Das war ein Volltreffer. Gleich zwei Kurse zur Obstbaumveredelung musste die „Sonne“, das Streuobst-Netzwerk Nordeifel, anbieten, so groß war der Andrang der Interessierten. Zum ersten Mal stand das Thema im Kursprogramm der Sonne, daher stand nicht von vorneherein fest, wie der Zulauf ausfallen werde. „Wir mussten sogar noch elf Leuten absagen“, sagte Astrid Heistert-Klink, die die Kurse im Pfarrheim in Scheven durchführte.

Astrid Heistert-Klink und eine Teilnehmerin bei der Arbeit.

Mit einem speziellen Band wird die Veredelungsstelle geschützt, wie Astrid Heistert-Klink vormacht

„Wie kann man sich seinen eigenen Baum machen?“ So beschrieb die gelernte Gärtnerin die Grundfrage der Obstbaumveredlung. Die Veredelung sei wichtig, um Streuobstwiesen dauerhaft zu erhalten, da viele der alten Bäume mittlerweile derart in die Jahre gekommen seien, dass sie ersetzt werden müssen.

So könnten auch alte Obstsorten weiterhin erhalten werden. „Früher waren in jedem Ort mehrere Leute, die das konnten. Heute gibt es die kaum noch“, so Heistert-Klink. Sie selbst habe das Verfahren in ihrer Ausbildung gelernt, doch das sei heute schon nicht mehr üblich.

Expertin: Verfahren ist wichtig für den Erhalt von Streuobstwiesen

Einfach einen Apfelkern in den Boden stecken und warten, was da wächst, das sei leider nicht das Verfahren der Wahl. „Es ist unwahrscheinlich, dass man das bekommt, was man will“, sagte sie. Um sicher zu sein, dass man auch bekomme, was man wolle, müsse geklont werden.

Dafür werden einjährige Reiser von dem zu erhaltenden Baum auf eine Veredelungsunterlage, einen stark wachsenden, aber nicht so begehrten Baum aufgesetzt. Beide verwachsen miteinander und fertig ist der selbstgefertigte Obstbaum.

Markus Schmitz zeigt stolz auf sein Probestück.

So geht's! Markus Schmitz aus Hümmel hat sein Probestück erfolgreich zusammengefügt

„Es wächst immer Apfel auf Apfel oder Birne auf Birne“, betonte Heistert-Klink. Kirsche auf Pflaume zu setzen sei zum Beispiel nicht möglich. „Es geht auch noch Birne auf Quitte oder Quitte auf Weißdorn, aber sonst ist das nicht möglich“, sagte sie. Es gebe besondere Baumschulen, die spezielle Unterlagenbäume anbieten würden.

„In diesem Kurs sind jetzt auch drei Gärtner dabei“, freute sie sich. Wie Aurelia Herder aus Nohn, die selbst eine Streuobstwiese hat. „Die Bäume werden immer älter und sollen erhalten werden“, sagt sie. Sie sei Landschaftsgärtnerin und in der Pflanzplanung tätig – aber das Veredeln habe sie nicht gelernt.

Für Teilnehmer aus Kall sind Bäume ein schönes Thema für den Ruhestand

„Bei uns im Dorf gab es einen, der hat das immer gemacht“, berichtete sie. Da sie bereits Obstbäume selbst beschneide, könne sie sich vorstellen, demnächst auch derartige Kurse zu geben, um ihr Wissen weiterzuvermitteln.

Auch in der Zukunftsplanung von Horst Klöcker aus Kall spielen Bäume eine Rolle. „Das ist ein schönes Thema für den Ruhestand“, sagte er. Er habe sich eine Obstwiese angelegt und wolle sich nun zu dem Thema weiterbilden. „Ich will später im Jahr auch noch an Schnittkursen teilnehmen“, sagte er.

Ein Imker aus Hümmel erfüllt sich einen langgehegten Wunsch

Markus Schmitz aus Hümmel erfüllte sich mit dem Kurs einen lang gehegten Wunsch. „Ich wollte das schon immer machen“, sagte er. Sein verstorbener Onkel habe das Veredeln beherrscht und es ihm eigentlich zeigen wollen – doch dazu sei es nicht mehr gekommen.

Er sei Imker und würde sich gerne eine eigene Wiese anlegen. Die Fläche dafür gebe es bereits. „Altes Handwerk stirbt immer mehr aus“, begründete er die Faszination. Außerdem könne jeder kaufen – aber Apfelbäume auch zu pflegen, das könne eben nicht jeder.

Mit einer dichten Schicht aus abgeschnittenen Reisern war der Boden des Pfarrheims bedeckt. Denn die Grundlage für eine erfolgreiche Veredelung ist der gekonnte Schrägschnitt mit dem Kopuliermesser. Das allerdings schon einmal im Daumen landen kann, wie ein Kursteilnehmer am Vormittag vormachte.

Um weiteren Unfällen vorzubeugen, hatten sich alle Jung-Obstbaumveredler Schutzpflaster auf die Finger geklebt. Denn bevor die Eleven an die tatsächliche Veredelung durften, hieß es: üben, üben, üben. Schneiden, zusammenfügen und dann mit dem besonderen Veredelungsband umwickeln, das die Verbindungsstelle schützt.

Dann wurde es ernst. Heistert-Klink nahm die jungen Apfelbäume, beschnitt das Wurzelwerk und kappte die Spitze. „Das ist Bitterfelder Sämling, ein stark wachsender Baum“, sagte sie. Auf diese Unterlage setzten nun die Nachwuchs-Veredler die Reiser auf, die Heistert-Klink im Gepäck hatte – oder auch gleich die, die sie von ihren eigenen Bäumen mitgebracht hatten.