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„Nicht die feine Art“Fraktionswechsel von Daniela Züll sorgt für Knatsch im Kaller Rat

Lesezeit 4 Minuten
Das Bild zeigt das Porträt von Daniela Züll.

Daniela Züll wechselte von der SPD zur CDU.

Im Kaller Gemeinderat gab es jetzt mächtig Knatsch, weil Daniela Züll von der SPD zur CDU wechselte und ihr Mandat mitnimmt.

Es passte ins Bild, dass das neue CDU-Fraktionsmitglied Daniela Züll in der neuen Sitzordnung möglichst weit weg von der SPD postiert worden war. Ihr Wechsel von den Sozial- zu den Christdemokraten hat – das wurde in der Sitzung des Kaller Gemeinderats am Donnerstagabend im Rinnener Bürgerhaus deutlich – für einigen Unmut zwischen den beiden Fraktionen gesorgt und allerhand Porzellan zerschlagen. Und es bringt sogar die CDU in Schwierigkeiten, weil die Zuwendungen für die Fraktionsspitze und damit die Kosten für die Gemeinde wegen des Wechsels von Züll steigen.

Zu der Sitzung des Rates waren auch gut zehn Besucher gekommen. Bürgermeister Hermann-Josef Esser (CDU) betonte, dass es sich nicht um eine Sondersitzung handele. Diesbezüglich habe es Irritationen gegeben. „Es gibt nicht wenige, die wegen des Wechsels von Frau Züll die Demokratie in Gefahr sehen“, meinte Esser.

Wichtig sei, dass Demokraten vernünftig miteinander umgingen. Deshalb mahnte der Bürgermeister eine „angemessene Wortwahl und einen angemessenen Tonfall in der Diskussion“ an. Die Situation sei sicher nicht einfach, weder für die beiden Fraktionen noch für die Betroffene selbst.

Immer mehr von den Grundsätzen der SPD entfremdet

Daniela Züll hatte Anfang Januar ihren Austritt aus der SPD-Fraktion bekanntgegeben. In den vergangenen eineinhalb Jahren habe sie sich politisch immer mehr von den Überzeugungen und Grundsätzen der SPD entfremdet. „Die Kaller SPD hatte sich im vergangenen Jahr zur Durchsetzung ihrer ideologischen Überlegungen eines Politikstils bedient, dessen Unterstützung für mich mit meinem Gewissen nicht vereinbar war“, hatte sie ihre Entscheidung begründet. Sie sei auch gebeten worden, nach Fraktionszwang gegen ihre eigenen Überzeugungen abzustimmen.

„Wir haben keinen Fraktionszwang“, widersprach der stellvertretende SPD-Fraktionsvorsitzende Karl Vermöhlen. Die Fraktionsspitze wolle nur im Vorfeld informiert werden, wenn jemand eine andere Meinung vertrete. Züll habe zwar in Sitzungen immer wieder abweichende Haltungen geäußert, aber nie erklärt, dass sie mit den Zielen der Fraktion nicht einverstanden sei. Sie habe sich auch in der Fraktions-Chatgruppe an Diskussionen beteiligt.

„Das schlechteste Ergebnis der SPD eingefahren“

Noch bei der Weihnachtsfeier am 15. Dezember habe es keine Anzeichen gegeben, obwohl Züll selbst erklärt habe, dass ihr Entschluss schon am 14. November gefallen sei. „Das ist traurig, weil ich dachte, wir hätten ein Vertrauensverhältnis“, meinte Vermöhlen.

Rechtlich sei Zülls Wechsel mit ihrem Ratsmandat zur CDU nicht zu beanstanden, moralisch aber problematisch: „Sie hat bei der Kommunalwahl kein Direktmandat errungen und mit Abstand das schlechteste Ergebnis für die SPD eingefahren.“ Im Nachhinein müsse man sich fragen, ob es die richtige Entscheidung gewesen sei, Züll aufzustellen.

Anfrage der SPD an die Verwaltung in Kall stößt auf Kritik

Nach dem Wechsel habe die CDU nun genauso viele Stimmen wie die SPD, „obwohl die Wähler andere Verhältnisse gewählt hatten“. Weil die CDU-Fraktion nun größer geworden sei, müsse der Steuerzahler bis zum Ende der Wahlperiode knapp 15 500 Euro zusätzlich an Aufwandsentschädigungen an die Christdemokraten bezahlen.

Man habe bei der Verwaltung angefragt, ob es möglich sei, auf das zusätzliche Geld zu verzichten, hielt der CDU-Fraktionsvorsitzende Bert Spilles dagegen. Das sehe die Gemeindeordnung aber nicht vor. „Mein Stellvertreter Frank Vellen und ich werden für das Geld schon einen guten Verwendungszweck finden“, versprach Spilles. Die SPD-Anfrage an die Verwaltung zu den finanziellen Auswirkungen sei „nicht die feine Art“.

„Mit Dreck werfen und hoffen, dass etwas hängenbleibt“

Auch sonst kritisierte Spilles die SPD: „Ihr Vorgehen mit einem offenen Brief und Posts in Sozialen Medien ist nicht unser Stil.“ Dass ein gewähltes Mitglied die Fraktion wechsle und das Mandat mitnehme, sei im vergangenen Jahr in Deutschland 163-mal vorgekommen. Trotzdem schwinge die SPD den moralischen Hammer: „Das wird sie vielleicht noch einholen.“ Die Genossen würden mit Dreck werfen und hoffen, dass etwas hängenbleibe: „Ich bin menschlich zutiefst enttäuscht.“

Dr. Manfred Wolter (FDP) sprach von einer besonderen Situation: „Dass ein Fraktionsmitglied die Seiten wechselt, ist eher selten.“ Er hoffe aber, dass die gute Zusammenarbeit der Fraktionen fortgesetzt werde.

Anschließend standen dann noch mehrere Neubesetzungen von Ausschüssen an. Die hatte die SPD beantragt, um Daniela Züll in mehreren Gremien durch andere Fraktionsmitglieder zu ersetzen. Die CDU enthielt sich bei der Abstimmung und verzichtete darauf, wegen der neuen Stimmverhältnisse im Rat eine generelle Umbesetzung der Ausschüsse zu beantragen.