Internet im Kreis EuskirchenBreitband-Ausbau verzögert sich – Ziel nicht erreicht
Kreis Euskirchen – In zwei Jahren, so habe man ihm versprochen, sei jeder Haushalt im Kreis Euskirchen mit schnellem Internet versorgt, erklärte der damalige Landrat Günter Rosenke Ende 2018, als das Großprojekt Breitbandausbau im Kreis an den Start ging. Dieses Versprechen wurde nicht gehalten.
Wie in vielen anderen Bereichen auch, habe die Corona-Pandemie die Umsetzung des Projekts durchaus erschwert, berichtet Marcus Derichs auf Anfrage. Mit seiner Kollegin Stefanie Weimbs ist er beim Kreis für den Breitbandausbau zuständig.
Über und unter der Erde
Der Breitbandausbau treibt in manchen Orten im Kreis seltsame Blüten. So monierte ein Anwohner in der jüngsten Sitzung des Mechernicher Rates, dass in Katzvey das Glasfaserkabel zum Teil unter der Erde und zum Teil oberhalb der Erde über Masten verlegt worden sei. Auf Dauer werde so das Ortsbild verschandelt.
Die Mechernicher Politiker äußerten Verständnis für den Anwohner. Allen voran Bürgermeister Dr. Hans-Peter Schick (CDU), der berichtete, in seinem Wohnort sei es ähnlich. Dennoch könne die Stadt Mechernich daran nichts ändern, denn der Breitbandausbau sei Sache des Kreises.
Den Unmut kann auch Marcus Derichs, Breitbandbeauftragter beim Kreis Euskirchen, nachvollziehen. Katzvey sei da kein Einzelfall. „Am Ende ist natürlich alles eine Kostenfrage“, erklärte er das Vorgehen. Es sei schlicht und ergreifend billiger für die Telekom, die Kabel über Land zu verlegen, als überall die Straßen aufzureißen. Der Kreis habe es deshalb zu einer Auflage in der Vergabe gemacht, dass keine neuen Masten für den Breitbandausbau aufgestellt werden dürfen. Bereits stehende Masten könne die Telekom allerdings nutzen. Langfristig wolle der Kreis auch die bestehenden Überlandkabel unter die Erde bringen, versicherte Derichs.
Wenn etwa ein Haus in großer Entfernung von Ortschaften stehe, müsse man überlegen, ob man für einen einzigen Anschluss mehrere Kilometer Tiefbauarbeiten erledige. (jre)
Materialengpässe, Unterbrechungen der Bauarbeiten, Einreiseprobleme von Subunternehmern – all das habe vor allem den Tiefbau verzögert, aber: „Wir sind auf der Zielgeraden“, sagt Derichs.
Von den geplanten 404 Kilometern Tiefbau-Arbeiten seien 326 bereits realisiert. Im September, so Derichs, solle der Ausbau fertig sein, vorbehaltlich weiterer pandemie-bedingter Verzögerungen. Danach gebe es im Kreis eine flächendeckende Versorgung von mindestens 30 Mbit pro Sekunde. Wer einen Glasfaser-Anschluss hat, surfe dann mit Geschwindigkeiten bis in den Gigabit-Bereich. Schneller soll es noch in den Schulen laufen. „Bis spätestens Ende des Quartals werden alle Schulen einen buchbaren Glasfaser-Anschluss haben“, sagt Derichs.
30 Mbit – das war die magische Grenze beim Ausbau, den im Kreis die Telekom realisiert. Wer schon über einen solchen Anschluss verfügte oder gar einen noch schnelleren, wurde nicht berücksichtigt. So kann es passieren, dass das Glasfaserkabel am eigenen Grundstück vorbei verlegt wird und der Nachbar nun Internet mit einer Geschwindigkeit von bis zu einem Gigabit pro Sekunde nutzen kann.
Immer wieder gebe es deshalb bei ihm und Weimbs Beschwerden, berichtet Derichs. Er könne den Unmut der Leute gut verstehen, doch letztendlich sei die 30- Mbit-Grenze nicht vom Kreis festgelegt worden, sondern eine Förderrichtlinie.
Der Kreis oder die Kommunen könnten einen solchen Ausbau finanziell nicht leisten. Eigentlich sei dieser auch Aufgabe der privaten Telekommunikationsanbieter. Doch das lohne sich für die Unternehmen in nicht dicht besiedelten Gebieten, wie beispielsweise in Teilen des Südkreises, schlicht und ergreifend nicht, so Derichs. Deshalb habe der Bund mit dem Land ein Förderprogramm auf die Beine gestellt, damit auch Menschen aus diesen Gebieten mit schnellem Internet versorgt werden.
90 Prozent der Kosten werden dabei von Bund und Land getragen. Im Kreis Euskirchen sogar 94 Prozent, weil der Eigenanteil der Kommunen, die sich zum Start des Projekts im Haushaltssicherungskonzept befanden, vom Land übernommen wird.
Aktuell sei man in der Vergabe eines weiteren Förderprogramms für den Breitbandausbau in Gewerbegebieten und Krankenhäusern. Außerdem solle bald das Förderprogramm „Graue Flecken“ vom Bund in Kraft treten. Auch hier will sich der Kreis beteiligen. Bei diesem Programm liege die Grenze für den Ausbau voraussichtlich bei 100 Mbit pro Sekunde. Damit könne ein vollständiges Glasfasernetz im Kreisgebiet realisiert werden, so Derichs. Noch seien die Förderrichtlinien nicht veröffentlicht, doch er rechne damit, dass dies in diesem Jahr geschehe. Der flächendeckende Ausbau mit Glasfaserkabel könne dann in den nächsten Jahren erfolgen: „Damit machen wir den Kreis fit für die Zukunft.“
Vom bisherigen Ausbau waren und sind zudem alle ausgeschlossen, die durch einen Anbieter-Wechsel Zugriff auf schnelles Internet mit mindestens 30 Mbit pro Sekunde haben. Wer bislang Telekom-Kunde war und nur einen langsamen Anschluss hatte, durch einen Wechsel zu einem anderen Anbieter aber über die 30-Mbit- Grenze kommt, geht leer aus – auch wenn die Telekom das Unternehmen ist, das die Glasfaserkabel verlegt. Dies sei im Übrigen nicht allein der Telekom vorbehalten, berichtet Derichs. Auch andere Telekommunikationsanbieter könnten die neuen Leitungen nutzen – müssen es aber nicht.
Wenn das Kabel verlegt und angeschlossen ist, kann es trotzdem noch etwas dauern, bis man schnelles Internet buchen und nutzen kann. Das hänge mit der Ausbau-Weise der Telekom zusammen, erklärt Derichs. Das Unternehmen warte immer, bis alle Anschlüsse aus einem Gebiet ans Netz gehen können. Das bedeute allerdings, wenn bei einem der Anschluss nicht erfolgen könne, weil er nicht zu erreichen sei oder aufgrund der Pandemie aktuell keinen Mitarbeiter ins Haus lassen wolle, verzögere sich der Ausbau für alle Beteiligten in diesem Gebiet.
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Insgesamt sei der Kreis für den Ausbau in 15 Cluster unterteilt worden, die nach und nach angegangen würden, berichtet Derichs weiter. Bei 14 Clustern liefen die Tiefbauarbeiten bereits oder seien abgeschlossen. In Weilerswist, Cluster eins, gebe es schon die Möglichkeit, das Glasfaserkabel zu nutzen. Das letzte Cluster umfasst Teile von Zülpich und Mechernich. Hier sollen die Tiefbauarbeiten laut Derichs im Februar losgehen.