Klimakrise als Chance?Wie der Tourismus im Kreis Euskichen profitiert
- In unserer Serie „In Sachen Klima“ betrachten wir die Folgen der Klima-Krsie bei uns vor der Haustür. Was ist der Status-Quo? Was kann und muss sich vielleicht verändern?
- Der Tourismus im Kreis profitiert zunächst von den steigenden Temperaturen. Ist die Erderwärmung also gar nicht so schlimm? Zumindest nicht für den heimischen Tourismus?
- Ganz so einfach ist die Rechnung nicht, sagen Experten.
Kreis Euskirchen – Wärmere Temperaturen, mehr Sonnenstunden und weniger Niederschlag im Sommer – was für die Landwirtschaft und den Wald zum Problem wird, birgt in einem ganz anderen Bereich auch Chancen. So sehen es jedenfalls die Autoren des Klimawandelanpassungskonzepts für den Kreis Euskirchen, das bisher der Politik zwar vorgestellt, aber noch nicht abschließend beraten wurde. Der Tourismus könne „durchaus wirtschaftlich vom Klimawandel profitieren“, schreiben sie.
Vor allem im Sommer könne der Kreis Euskirchen ein noch attraktiveres Reise- und Ausflugsziel werden. „Denn mit dem Klimawandel steigt die Attraktivität von Regionen, welche sich in höheren Lagen befinden, da deren klimatische Gegebenheiten Erholung ermöglichen.“ Anders formuliert: Wenn es in den Städten stickig und schwül wird, findet man in den Wäldern oder an den Seen der Eifel Abkühlung.
Einhaltung der Klimaziele
Ist das mit der Klimakrise also doch gar nicht so schlimm? Zumindest nicht für den Tourismus? Ganz so leicht sei es nicht, sagt Patrick Schmidder, stellvertretender Geschäftsführer der Nordeifel Tourismus GmbH (NET). Zwar zeigten sich vorteilhafte Aspekte, etwa eine Verlängerung der Saison bis in den November. Aber der Tourismus sei stark abhängig von Grundlagen, die durchaus massiv betroffen seien. „Stichwort Waldsterben“, sagt Schmidder. Für den naturnahen Tourismus im Kreis sei es deshalb wichtig, dass die Klimaziele eingehalten würden.
Nachhaltigkeit spiele daher im Tourismus im Kreis eine große Rolle. In Zukunft werde auch das Thema Treibhausgas-Kompensation im Tourismus ein wichtiger Part sein, zum Beispiel durch aktives Mitwirken in Naturschutzprojekten. Aber das sei nichts, was in diesem oder nächsten Jahr umgesetzt werden könne. In näherer Zukunft solle es zunächst einen Nachhaltigkeitsbeirat bei der NET geben. Vertreter von Ausflugszielen, aus dem Kreis, den Kommunen, dem Wald, dem ÖPNV und der Hotelbranche sollen dort an einen Tisch gebracht werden. Denn letztendlich könne die NET nur immer wieder appellieren. Um wirklich mehr Nachhaltigkeit und Klimaschutz im Tourismus zu etablieren, brauche es die Zusammenarbeit verschiedener Akteure, sagt Iris Poth, Geschäftsführerin der NET.
Keine konreten Zahlen
Eine Zahl, wie viele Treibhausgas-Emissionen der Tourismus im Kreis verursache, könne er nicht nenen, sagt Maximilian Metzemacher, Klimamanager des Kreises. Dazu müsse man jeden Betrieb und jeden Besucher ausführlich befragen – und selbst dann gebe es noch strittige Punkte. Angenommen, eine Person aus dem Ausland mache eine Deutschlandreise und besuche an einem Tag auch den Kreis Euskirchen. Dann bliebe die Frage, ob ihre An- und Abreise mit dem Flugzeug dann auch für die Klimabilanz des Tourismus im Kreis Euskirchen zähle.
3 Tipps für klimafreundliches Reisen
An grauen Märztagen träumt man sich gerne in den Urlaub. Iris Poth und Patrick Schmidder von der Nordeifel Tourismus GmbH geben Tipps, wie die nächste Reise klimafreundlich gestaltet werden kann.
1. Die eigene Heimat erkunden. Es gibt noch vieles zu entdecken in der Eifel – auch für die, die hier wohnen. Die Eifelschleifen und Eifelspuren zum Beispiel, oder auch die Angebote zur Sternenbeobachtung im Nationalpark. Eine Möglichkeit dazu besteht beim Aktionstag „Zu Gast in der eigenen Heimat“ am 27. Juni.
2. Den Öffentlichen Nahverkehr nutzen. Im Kreis erhalten Gäste bei der Buchung eines Mehrtagesarrangements der Nordeifel Tourismus GmbH oder einer Übernachtung in einem teilnehmenden Betrieb die Gästecard. Zudem sind ab Karfreitag verschiedene touristische Buslinien unterwegs.
3. Die Verhaltensregeln beachten. Wer mit dem Rad oder zu Fuß in der Natur unterwegs ist, sollte sich an die Regeln halten, beispielsweise den eigenen Müll wieder mitnehmen und immer auf den offiziellen Wegen bleiben.
Dass die Themen Klimaschutz und Nachhaltigkeit in der Branche wichtiger würden, spüre man bei der Energieberatung des Kreises. In den vergangenen Jahren hätten immer wieder touristische Betriebe Beratung gesucht, weil sie sich nachhaltiger und klimafreundlicher aufstellen wollten.
Auch er habe das Gefühl, dass sich das Bewusstsein bei den Akteuren im Tourismus in den vergangenen Jahren verändert habe, sagt Schmidder. Grundsätzlich sei die Art des sanften Tourismus im Kreis klimafreundlich. Schließlich kämen die meisten zum Wandern oder Radfahren hierher. Zwar reisten nach wie vor viele mit dem Auto an. Aber er bemerke auch, dass zahlreiche Gäste auf die öffentlichen Verkehrsmittel umstiegen. Deshalb habe die NET auch die Gästecard eingeführt, ergänzt Poth.
Touristen erhalten diese kostenlos bei teilnehmenden Übernachtungsbetrieben und können damit kostenfrei Bus und Bahn in der Erlebnisregion Nationalpark Eifel, im Verkehrsverbund Rhein-Sieg und dem Aachener Verkehrsverbund nutzen. Für die Betriebe koste das Angebot pro Übernachtung 1,40 Euro. „Da wären wir sehr dankbar, wenn sich noch mehr Betriebe anschließen“, so Poth.
Wirtschaftliche Perspektiven
Nachhaltigkeit und Klimaschutz sind nicht nur aus Umweltliebe wichtige Themen im Tourismus, sondern auch aus wirtschaftlicher Sicht. Man bemerke schon einen Trend hin zu mehr Nachhaltigkeit allgemein in der Bevölkerung und damit auch bei den Touristen, so Schmidder. Nachhaltige Angebote würden gezielt nachgefragt. Darauf wolle die NET aufbauen und die Gäste verstärkt sensibilisieren. In der Kommunikation weise man immer darauf hin. „Das, was Sie in der Großstadt nicht finden, finden Sie hier. Aber es darf auch nicht kaputt gemacht werden“, sagt Poth. Mit diesen Appellen erreiche man bei den Touristen im Kreis eine eher naturnahe Zielgruppe. Da habe sie die Hoffnung, dass die Appelle nachhaltig wirkten, so Poth. Derzeit denke die NET zudem über die Einführung eines CO2 -Rechners nach, mit dem Gäste ihren CO2 -Fußabdruck für ihren Aufenthalt ausrechnen könnten, berichtet Schmidder. Auch damit wolle man Bewusstsein schaffen.
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Was das touristische Angebot angehe, sei der Kreis Euskirchen auch mit Blick auf die Folgen des Klimawandels recht gut aufgestellt. Schon jetzt gebe es neben zahlreichen Outdoor-Aktivitäten viele Angebote, die wenig klimasensibel seien, sagt Schmidder. Vogelsang, die Tuchfabrik Müller, die Römertherme und das Bergbaumuseum nennt er als Beispiele.
Obwohl es im Winter künftig wohl weniger schneien wird, machen Schmidder und Poth sich aus Tourismus-Sicht keine Sorgen. Bereits in den vergangenen Jahren habe es im Kreis keine so hohe Schneesicherheit gegeben, dass ein größerer Skitourismus entstanden sei, sagt Poth. Dennoch werde der Kreis und vor allem die Eifel auch in den kalten Monaten gerne besucht. „In den letzten Jahren hatten interessierte Gäste Mühe und Not, über den Jahreswechsel ein Zimmer zu kriegen“, berichtet sie. Gerade auch Winterwandern in der Eifel sei beliebt. Das gute Angebot sei dennoch kein Grund, sich auszuruhen. „Wenn ich Qualität anbieten möchte, muss ich mich auch mit neuen innovativen Ideen auseinandersetzen.“ So habe die NET mit den Eifelschleifen und Eifelspuren erst kürzlich das gesamte Wanderwegenetz modernisiert. Sich auf einem Status quo auszuruhen, sei keine gute Strategie.
„Wir verwenden 100 Prozent Ökostrom“
Sandra Lehmann betreibt mit ihrem Mann die Ferienhäuser Eifel-Urlaub und setzt sich dort für Klimaschutz und Nachhaltigkeit ein.
Was machen Sie in Ihrem Betrieb für den Klimaschutz?
Sandra Lehmann: Wir verbinden in unseren Ferienhäusern ökologische Bauweise mit Ökostrom und Elektromobilität.
Wie machen Sie das?
Wir verwenden 100 Prozent Ökostrom, heizen mit Infrarotheizungen und auf einigen Häusern sind Photovoltaik-Anlagen installiert. Die Ferienhäuser sind Blockholzhütten und werden hier in der Eifel hergestellt. Das Holz, das dabei übrig bleibt, stellen wir dann den Gästen als Brennholz zur Verfügung. Wir achten darauf, dass wir nicht viel Plastik verwenden. Außerdem arbeiten wir mit vielen regionalen Betrieben zusammen wie Bäckern, Imkern und auch Bierbrauern. Für unsere Gäste, die mit den öffentlichen Verkehrsmitteln anreisen, bieten wir ein E-Auto zum Verleih an und wir haben E-Lade-Stationen aufgestellt. Regenwasser fangen wir auf und nutzen es zur Bewässerung der Außenanlagen. Zudem stehen im Außenbereich der Häuser Solarduschen zur Verfügung. Ganz neu ist zudem eine Öko-Kläranlage für eines unserer Häuser, das im Nationalpark steht.
Welche Auswirkungen hat das, was Sie tun?
Wir wollen das Bewusstsein unserer Gäste für Klimaschutz im Tourismus schärfen und zeigen, dass man auch in schönen, luxuriösen Häusern ohne schlechtes Gewissen Urlaub machen kann. Gleichzeitig wollen wir den regionalen Tourismus in den Vordergrund stellen. Für einen Urlaub mitten in der Natur muss man nicht jedes Jahr nach Kanada fliegen. Wir wollen unseren ökologischen Fußabdruck und den unserer Gäste möglichst gering halten und gleichzeitig die Region stärken.
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