Neues System im Kreis EuskirchenSo funktioniert Lebensretter Lucas
- Bremsen, Anfahren, Kurven – eine regelmäßige Reanimation ist während der Fahrt nur schwer möglich.
- Für die Rettungsdienste im Kreis wurde deshalb ein neues System angeschafft.
Kreis Euskirchen – „Er ist kein Allheilmittel, aber eine sinnvolle Ergänzung“, sagt Jesko Priewe, Ärztlicher Leiter des Rettungsdienstes im Kreis Euskirchen. „Er“ ist Lucas. Lucas ist Lebensretter. Lucas ist ein Thorax-Kompressions-System und standardisiert die Herz-Lungen-Wiederbelebung. Und so ganz nebenbei minimiert er die Unterbrechungen der Kompressionen, weil er vollautomatisch arbeitet – im Haus, auf der Straße, im Rettungswagen oder im Hubschrauber.
Lucas gibt es im Kreis Euskirchen einmal. Kostenpunkt 15.000 Euro. Gelagert wird er in Mechernich – aus logistischen Gründen, weil Mechernich sich in der Mitte des Kreises befindet. Zum Einsatz kommt das Gerät laut Priewe zwei bis drei Mal im Monat. Meist werde es von der Einsatzstelle aus nachalarmiert und mit dem Rettungswagen unter Sonderrechten zum Einsatzort gebracht.
Nicht besser als Reanimation von Hand
„Wir haben das Gerät angeschafft, weil es im Alltag des Rettungsdiensts Situationen gibt, in denen wir fahren und gleichzeitig reanimieren müssen“, so Priewe. Die Hersteller haben laut des Ärztlichen Leiters das Gerät in der Weise vermarktet, dass mit ihm mehr Leben gerettet werden können als ohne. „Das haben Studien widerlegt. Das Gerät ist nicht besser als eine gute Reanimation von Hand – aber auch nicht schlechter“, sagt der Experte.
Kaum Organspenden im Kreis Euskirchen
Die Bereitschaft zur Organspende ist im Kreis Euskirchen nach Angaben des Ärztlichen Leiters Jesko Priewe stark verbesserungswürdig. Ihm seien nur ganz wenige Organspenden im vergangenen Jahr bekannt. „Das muss besser werden“, sagt Priewe.
Der Ärztliche Leiter ist mit der Entwicklung des Helfer-Netzwerks „Corhelper“ zufrieden. Dem hat sich der Kreis angeschlossen, um die Zahl der Menschen, die pro Jahr an einem Herz-Kreislauf-Stillstand sterben, zu reduzieren. 536 Ersthelfer umfasst das Netzwerk mittlerweile im Kreis Euskirchen, etwa 100 Einsätze wurden abgearbeitet.
Unterstützen kann man den professionellen Rettungsdienst, wenn man mindestens 18 Jahre alt ist und eine zertifizierte Erste-Hilfe-Bescheinigung hat, beispielsweise in Form einer Feuerwehrurkunde. Wenn die App installiert ist und man vom Kreis Euskirchen für den Einsatz freigeschaltet ist, wird der „Corhelper“ beim Einsatzstichwort „Herz-Kreislauf-Stillstand'“ parallel mit den Rettungssanitätern und dem Notarzt alarmiert und zum Einsatz geleitet.
Je nach Bedarf und Konstitution des Patienten kommt Lucas beispielsweise zum Einsatz, wenn der Betroffene einen Herzinfarkt mit Herzstillstand erlitten hat. Mithilfe der Rückenplatte und eines Stabilisierungsgurtes wird das Gerät mittig auf den Brustkorb geschnallt und über einen sich hydraulisch anhebbaren und absenkbaren Saugnapf mit der Herz-Lungen-Wiederbelebung mittels mechanischer Herzdruckmassage begonnen.
„Das Gerät ist nicht gefährlich, auch wenn es mit viel Druck arbeitet“, erklärt der Ärztliche Leiter. Er schränkt aber ein. Wenn der Patient nicht korrekt auf der Carbonplatte liege, könne es theoretisch zu Problemen in der Magengegend, beispielsweise an der Leber, kommen. „Wir üben den Umgang damit regelmäßig. Wir haben mehr als eingespielte Teams“, so Priewe: „Wir setzen Lucas nur ein, wenn es wirklich sinnvoll ist.“
Einsatz bei tief unterkühlten Personen
Das sei der Fall, wenn der Notarzt an der Einsatzstelle entscheidet, dass der Patient ins Krankenhaus muss, weil man ihm dort besser helfen kann. Das sei letztlich recht selten der Fall. Als Beispiel nennt Priewe eine tief unterkühlte Person. Die müsse so lang reanimiert werden, bis er warm ist, wie es im Arzt-Deutsch heiße. „Das ist vor Ort in der Länge nicht möglich. Also setzen wir dann Lucas ein“, so Priewe. Ein Vorteil des Geräts sei, dass man im laufenden Betrieb sogar Katheter legen könne. Und man kann laut Priewe den Patienten röntgen, während das Gerät ihn wiederbelebt. Aufgrund der Strahlung sei das in der Zeit, in der ein Mensch reanimiere, nicht möglich.
Im Rettungswagen kommt Lucas zum Einsatz – zum Schutz des Rettungsdienstlers und zur besseren Versorgung des Patienten. Bremsen, Anfahren, Kurven – all das seien Faktoren, die eine regelmäßige Reanimierung nur sehr schwer möglich machten, so Priewe. Was auf keinen Fall passieren dürfe, sei, dass man sich an der Einsatzstelle nur auf das Gerät verlasse. „Der Mensch muss für den Menschen immer im Fokus stehen“, sagt er.
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Betrieben wird Lucas mit einem Akku. Der reicht für etwa eineinhalb Stunden. In der ersten Variante des Geräts wurde es mit Pressluft betrieben, erinnert sich Priewe. Da sei die Feuerwehr gleich mit alarmiert worden, um Pressluftflaschen zur Einsatzstelle zu bringen.