Noch immer findet man im Nationalpark Eifel neue Arten. Ranger Rolf Jacobs begleitet die letzte Etappe des Wildnistrails.
20 Jahre Nationalpark EifelWildnistrail, vierte Etappe – Kleiner Waschbär sitzt am Wegesrand
Endspurt. 66 Kilometer Wildnistrail bin ich in den vergangenen Wochen gelaufen. Nun fehlt nur noch die letzte Etappe. Los geht es am Bahnhof in Heimbach. Das erste Stück des Weges gefällt mir gut, denn es führt mich größten Teils auf engen Pfaden durch den Wald bis hinauf nach Hasenfeld und dann weiter in Richtung Schmidt.
Hier wird der Weg wieder breiter und die Landschaft offener, es geht durch blühende Wiesen. Überall summt und zirpt es. An einer Weggabelung hinter einem Maisfeld wartet Rolf Jacobs auf mich. Er trägt die typische Rangerkluft und hat seinen Hund Josef dabei.
Ranger Rolf Jacobs schwärmt von seinem Job
Seit 2016 ist Jacobs Ranger im Nationalpark und sein Job gefällt ihm sehr. Die Aufgaben seien so vielfältig, schwärmt er. Neben der Gebietskontrolle gehört zu diesen Aufgaben auch die Unterstützung der Forschungsabteilung. Die Ranger dokumentieren beispielsweise Arten, die sie gesehen haben, oder helfen bei bestimmten Forschungsprojekten.
Aktuell sei man dabei, Fledermäuse im Nationalpark zu zählen, und im vergangenen Jahr habe es ein großes Wildkatzenmonitoring gegeben. „Vor ein paar Jahren konnte man noch von 50 verschiedene Wildkatzen berichten, und jetzt gerade vor zwei Wochen kam raus, dass es mittlerweile 121 sind“, berichtet Jacobs. „Das ist für so einen Nationalpark von der Größe, wie wir es sind, eine stattliche Zahl.“
Von einer Hauskatze unterscheide sich die Wildkatze vor allem in der Größe, sie sei deutlich voluminöser und sie habe einen schwarzen Aalstrich, so der Ranger. Sie zu beobachten sei kaum möglich. „Selbst ich habe bis jetzt erst dreimal eine Wildkatze gesehen. Davon konnte ich sie allerdings einmal über sechs, sieben Minuten auf der Offenlandfläche filmen. Das war wirklich ein Highlight.“
Im Nationalpark Eifel gibt es mehr als 11.000 Tier- und Pflanzenarten
Die Wildkatzen gehören zu den laut Jacobs inzwischen mehr als 11.000 Tier- und Pflanzenarten, die man im Nationalpark gezählt hat. „Und trotzdem kommt jedes Jahr noch irgendwo eine Besonderheit dazu.“ So habe man beispielsweise vor zwei Jahren den Ästigen Stachelbart entdeckt. Ein seltener Pilz, der in Europa nur in alten Buchenwäldern vorkommt und auf Totholz wächst. Als der Pilz nun im Nationalpark entdeckt wurde, sei das ein richtiges Highlight gewesen, sagt Jacobs.
Zu den Besonderheiten gehörten aber auch Gänsegeier, die man auf der Dreiborner Hochfläche beim Fressen von Aas habe beobachten können. Vermutlich seien sie dort zwischengelandet, so Jacobs.
Waschbären und Wölfe breiten sich im Nationalpark aus
Wir gehen weiter durch den Wald, auf einmal wird Josef unruhig. „Da, ein Waschbär“, sagt Jacobs und zeigt auf etwas am linken Wegesrand. Tatsächlich. Zusammengekauert zwischen Ästen und Laub liegt ein kleiner Waschbär. Die Mutter sei vermutlich abgehauen, als sie uns gehört habe, mutmaßt Jacobs. Waschbären seien eine Art, die eigentlich nicht in den Nationalpark gehöre und sich dennoch ausbreite.
„Das wird immer mehr zum Problem“, sagt Jacobs. Zum einen seien es Nesträuber, zum anderen verscheuche alleine ihre Anwesenheit andere Tierarten. Waschbären gelten als sehr clever und sie haben hierzulande kaum Fressfeinde. Gefährlich werden könnte ihm aber eine andere Art, die auch in der Eifel wieder auf dem Vormarsch ist. Die Rede ist vom Wolf.
Die Frage, ob es im Nationalpark Wölfe gibt, hat das Landesamt für Natur, Umwelt und Verbraucherschutz NRW (Lanuv) vor wenigen Wochen beantwortet: Das „Rudel Nordeifel“ mit mindestens zwölf Tieren ist nun offiziell bestätigt.
Team des Nationalparks will sich möglichst nicht in die Natur einmischen
„In den letzten Jahren hatten wir eigentlich ausschließlich durchziehende Wölfe hier im Park“, so Nationalparkbezirksleiter und Wolfsberater Christian Düll. Das seien Einzelgänger gewesen, die sich nur ein paar Tage im Nationalpark aufhielten. Im Hohen Venn gibt es seit geraumer Zeit zwei nachgewiesene Wolfsterritorien. Und diese Wölfe ließen sich in letzter Zeit auch häufiger im Nationalpark blicken. „Im Frühjahr waren sie auf einmal tagelang da, dann waren sie wieder verschwunden.“
Später kamen sie erneut. Eines ist ihm aber wichtig zu betonen: „Wir wollen und werden das nicht steuern.“ Der Nationalpark habe sich grundsätzlich dagegen entschieden, irgendeine Art, die hier einst heimisch war, wieder anzusiedeln, sagt auch Jacobs auf unserer Wanderung durch den Hetzinger Wald. „Weil die Natur das entweder selber regelt oder sie lässt es halt sein“, erklärt der Ranger.
Waldameisen ziehen den Kürzeren
Auf dem Weg runter ins Schlehbachtal kommen wir an einem kleinen See vorbei. Er ist das Werk einer Art, die noch vor der Entstehung des Nationalparks tatsächlich vom Menschen hier wieder angesiedelt wurde: dem Biber. An einem Ende des kleinen Sees kann man den Damm deutlich erkennen. Inzwischen gebe es einige Biber im Nationalpark Eifel, sagt Jacobs. Da es sich um eine heimische Art handele, sei sie auch willkommen.
An der nächsten Weggabelung trennen sich unsere Wege wieder. Bis zu meinem Ziel Zerkall sind es noch gut vier Kilometer. Zunächst führt der Weg bergauf in Richtung Schmidt. An den ersten Häusern angekommen, geht es nach rechts und vorbei an Feldern aus blühenden Kornblumen, dann über die Landstraße und schließlich wieder in den Wald.
Der Weg wird nun wieder schmaler und wilder. Ein Stück weiter entdecke ich direkt neben dem Weg einen großen Ameisenhügel. Überall drumherum wuseln rote Waldameisen. Diese Art gehört zu den Verlierern im Nationalpark. Das hat mir Jacobs verraten. Laut dem Ranger leben diese Ameisen vorzugsweise in Fichtenwäldern, und mit dem Absterben der Fichte im Nationalpark werden sie ebenso verschwinden. Auch das gehört zum Motto des Nationalparks „Natur Natur sein lassen“ dazu.
Der Weg geht nun immer weiter bergab, bis ich schließlich in Zerkall ankomme. Am Nationalpark-Infopunkt steht ein großes Holzschild mit dem Wildkatzen-Logo des Wildnistrails. „Ziel“ steht darauf. Ich habe es geschafft.
Von oben nach unten quer durch den Nationalpark – Mein Fazit
Wer den Nationalpark einmal von allen Seiten richtig kennenlernen will, für den ist der Wildnistrail genau das Richtige. Vom Beginn in den Höhenlagen im Süden des Nationalparks bis hinunter in die Eichenwälder im Norden bekommt man hier immer wieder neue An- und Ausblicke geboten. Natürlich wiederholt sich auch vieles, doch jede Tour hatte für mich ihre ganz eigenen Highlights.
Etwas unterschätzt habe ich zu Beginn die Länge der jeweiligen Etappen, und ich ziehe meinen Hut vor denjenigen, die den gesamten Wildnistrail an vier Tagen am Stück laufen. Eine der drängendsten Fragen, die sich mir auf dem Weg stellte, hat mir Ranger Rolf Jacobs zum Schluss noch beantwortet. Was macht man, wenn man unterwegs mal muss?
Schließlich gibt es nicht auf jeder Etappe die Möglichkeit, eine Toilette aufzusuchen. Laut Jacobs ist es in solchen Notfällen erlaubt, auch im Nationalpark die Wege zu verlassen. Taschentücher zersetzen sich zwar mit der Zeit, wer aber ganz ordentlich sein will, kann für den Toilettenmüll einfach eine verschließbare Tüte mitnehmen.
Mein größter Kritikpunkt am Wildnistrail ist, dass ich größtenteils auf breiten Wanderwegen unterwegs war. Das hatte ich mir bei dem Namen anders vorgestellt. Doch das hat wohl damit zu tun, dass der Nationalpark mit seinen 20 Jahren noch ein „junger Hüpfer“ ist. Oder um es mit den Worten von Ranger Ralf Hilgers zu sagen: „Kommen Sie in 100 Jahren wieder, dann ist hier Wildnis.“