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Rudel „Nordeifel“Ein Dutzend Wölfe in der Nationalpark-Region rund um Schleiden bestätigt

Lesezeit 6 Minuten
Vier Wölfe eines Rudels laufen in der Abenddämmerung über die Dreiborner Hochfläche im Nationalpark Eifel.

Mehrere Wölfe eines Rudels hat der Dreiborner Fotograf Christian Weck Mitte Juli im Nationalpark Eifel fotografiert.

Ein Rudel mit sieben Welpen und drei Jährlingen hat das Landes-Umweltamt Lanuv jetzt für den Kreis Euskirchen offiziell bestätigt.

Im Bereich der Nordeifel im Kreis Euskirchen gibt es ein Wolfsrudel, zu dem mindestens zwölf Tiere gehören. Das Landesamt für Natur, Umwelt und Verbraucherschutz NRW (Lanuv) hat nun offiziell bestätigt, was viele Anwohner der Region schon länger vermutet hatten. „Durch ein Video konnten sieben Wolfswelpen und ein Jährling (Wolf im zweiten Lebensjahr) nachgewiesen werden. Insgesamt besteht dieses Rudel somit mindestens aus den beiden Elterntieren, drei Jährlingen und sieben diesjährigen Welpen“, so das Lanuv in der Mitteilung.

Der Fotograf Christian Weck aus Dreiborn hat vor einigen Wochen entsprechende Foto- und Videoaufnahmen in der Nähe seines Wohnorts gemacht. „Eigentlich wollte ich an dem Abend Rotwild fotografieren“, erinnert er sich: „Doch dann wurde das Wild auf einmal sehr unruhig, die Tiere haben immer in eine Richtung geblickt, und dann habe ich das Wolfsrudel in einiger Entfernung entdeckt.“

Von der Beobachtung sei er völlig überrascht gewesen, sagt Weck: „Das war das erste Mal, dass ich dort Wölfe gesehen habe. Einige Leute im Dorf sagen, dass es das Rudel schon länger gibt, und ich habe auch schon einmal eine automatische Wildtierkamera aufgestellt, um an Aufnahmen zu kommen. Aber das hat nie funktioniert.“

Landesbehörde hofft, dass kein Wolfs-Tourismus entsteht

Das Lanuv will unterdessen keine weiteren Angaben zu der knapp formulierten Veröffentlichung machen. „Wir wollen auf jeden Fall verhindern, dass jetzt eine Art Wolfs-Tourismus entsteht. Deswegen werden wir keine Angaben zu der Frage machen, wo das Video aufgenommen worden ist“, sagt Behörden-Sprecher Wilhelm Deitermann im Gespräch mit dieser Redaktion. Dann sagt er aber doch, dass sich das Rudel im Bereich des Nationalparks Eifel angesiedelt hat: „Die Nationalpark-Verwaltung muss sich gegebenenfalls Gedanken zum Thema Besucherlenkung machen, falls dort jetzt vermehrt Touristen kommen, die den Wolf sehen wollen“, so Deitermann.

Vier Wölfe streifen in der Abendsonne durch den Nationalpark Eifel.

Eigentlich wollte der Dreiborner Fotograf Christian Weck Rotwild fotografieren, als ihm die vier Wölfe eines Rudels vor die Linse liefen.

Tobias Wiesen, der Michael Lammertz, den kommissarischen Leiter der Nationalparkverwaltung, momentan während dessen Urlaub vertritt, will die Entwicklung zunächst einmal abwarten: „Wir hoffen, dass wir nicht überrannt werden. Wenn es notwendig ist, werden die Nationalpark-Ranger die Besuchenden zum Beispiel auf das Wegegebot im Nationalpark hinweisen.“

Ranger achten im Nationalpark darauf, dass Besucher Wege nicht verlassen

Bei Verstößen könnten die Ranger nach einem ersten freundlichen Hinweis auch entsprechende Knöllchen bei Nichtbeachtung verteilen, so Wiesen: „Weil schon bald die Zeit der Hirschbrunft beginnt, zu der erfahrungsgemäß viele Besucher zur Beobachtungsplattform in der Nähe von Dreiborn kommen, sind wir in dieser Zeit auch immer mit einigen Rangern vor Ort.“

Auch mit den Revierleitern stehe man im engen Austausch, so Wiesen: „Man muss aber auch sagen, dass von dem Rudel bislang keine Nutztierrisse im Umfeld des Nationalparks bekannt sind. Da ist in der Vergangenheit von freilaufenden Hunden eine größere Gefahr ausgegangen“, verweist er auf einen Zwischenfall im Mai. Da sei im Bereich der Wüstung Wollseifen eine Schafherde angegriffen und in Panik versetzt worden, so Wiesen: „Insgesamt vier Mutterschafe und fünf Lämmer verendeten in Folge des Angriffs, durch die Hetze kam es auch zu Totgeburten.“ In diesem Zusammenhang weist Wiesen nochmals eindringlich auf die bestehende Anleinpflicht für Hunde im Bereich des Nationalparks hin.

„Das Rudel verhält sich überhaupt nicht auffällig“

Lanuv-Sprecher Deitermann betont, dass die Nationalpark-Region eigentlich ein guter Ort für das „Wolfsrudel Nordeifel“ sei, wie das Rudel jetzt offiziell heißt. „Das Rudel verhält sich überhaupt nicht auffällig“, sagt Deitermann: „Optimal ist es, wenn keine Schafe gerissen werden. Wenn sich die Wölfe in diesem relativ dünn besiedelten Umfeld gut aus dem Wald ernähren können, ist es doch gut.“ Im Vergleich mit anderen Wolfs-Territorien in NRW seien im Nationalpark weniger Konflikte zu erwarten, so der Lanuv-Sprecher.

Durch die Untersuchung der gefundenen Losung konnten die beiden Elterntiere genetisch identifiziert werden: Die Mutter hat die Kennung „GW2545f“, als Vater wurde „GW2391m“ ausgemacht. Letzterer hält sich schon seit einiger Zeit in der Region auf: Im September 2021 konnten ihm zwei Wildtierrisse in Dahlem und Schleiden zugeordnet werden; kurz vor Weihnachten 2021 holte sich der Wolf dann bei Schleiden ein Schaf als Beute.

Seitdem verhält sich „GW2391m“ laut Deitermann allerdings unauffällig. Deswegen sei es auch so wichtig, die Tiere nach Möglichkeit in ihrem nun gewählten Territorium zu halten: „Wir wollen den Einfluss des Menschen auf das Rudel möglichst gering halten, damit es nicht zu einer Verlagerung in ein Gebiet kommt, in dem es mehr Probleme mit Tierhaltern geben könnte“, so Deitermann.

Schleidens Bürgermeister Ingo Pfennings äußert Bedenken

Genau das befürchtet über kurz oder lang jedoch Schleidens Bürgermeister Ingo Pfennings. „Ein großes Gefährdungspotential sehe ich, wenn die Wölfe zu nah an die menschlichen Besiedlungsflächen herankommen“, so der Verwaltungschef. In seiner Funktion als Kreis-Vorsitzender der CDU sei er bereits bei einigen Podiumsveranstaltungen zum Thema Wolf zu Gast gewesen und mit den Ängsten der Tierhalter konfrontiert worden. Deswegen bereite seine Partei derzeit ebenfalls eine Veranstaltung zum Umgang mit dem Raubtier vor, sagte Pfennings.

Das Lanuv betont, dass sich für Tierhalter in der Region durch die Bestätigung des Rudels nichts ändere: „Im Wolfsgebiet Eifel-Hohes Venn, zu dem im Kreis Euskirchen die Kommunen Schleiden und Hellenthal gehören, werden Herdenschutzmaßnahmen zu 100 Prozent gefördert. Und in der Pufferzone, zu der die angrenzenden Kommunen im Kreis Euskirchen gehören, werden Tierhalter bei Nutztierrissen, die dem Wolf zugeordnet werden können, entschädigt.“

An der Wirksamkeit von Herdenschutzmaßnahmen haben zahlreiche Tierhalter, die der Rückkehr des Wolfs skeptisch gegenüberstehen, jedoch ihre Zweifel.


Verhaltenstipps für Wolfs-Begegnungen

Sollte es beim Spaziergang oder beim Pilzesammeln tatsächlich einmal zu einer Begegnung mit einem Wolf kommen, empfiehlt das Lanuv, sich möglichst ruhig zu verhalten. Nachfolgend einige der Verhaltenstipps, die die Wolfsexperten für den Fall der Fälle formuliert haben:

„Bleiben Sie stehen und halten Sie Abstand. Sprechen Sie das Tier ruhig an, falls es noch nicht auf Sie aufmerksam geworden ist. Bevor es (vermutlich rasch) verschwindet, versuchen Sie sich sein Aussehen gut einzuprägen und melden Sie die Sichtung an das Lanuv oder den zuständigen regionalen Wolfsberater.“

„Wenn Ihnen die Situation nicht geheuer ist, laufen Sie nicht davon, sondern gehen Sie langsam rückwärts und sprechen Sie dabei laut. Falls der Wolf nicht wegläuft oder sich Ihnen wider Erwarten annähert, halten Sie an, schreien Sie ihn an und klatschen in die Hände. Versuchen Sie, ihn einzuschüchtern, indem Sie sich großmachen und eventuell etwas nach ihm werfen.“

„Ihren Hund sollten Sie in Wolfsgebieten grundsätzlich anleinen. Auch bei einer neutralen oder positiven Reaktion des Wolfs ist es wichtig, dass Sie den Hund nahe bei sich haben, um zu verhindern, dass Wolf und Hund direkt interagieren.“

„Sollte der Wolf hingegen negativ auf Ihren Hund reagieren, sind Sie selbst der größte Schutz für Ihren Hund. Es besteht keine Gefahr für ihn, solange Sie ihn nahe bei sich führen. Kommt der Wolf trotzdem näher an Sie heran, sollten Sie ihm durch lautes Rufen und In-die-Hände-Klatschen Ihre Präsenz deutlich machen. Wenn er sich Ihrer bewusst wird, ergreift der Wolf in der Regel die Flucht.“

Weitere Informationen rund um den Wolf in NRW und für Tierhalter, die sich über den Schutz ihrer Herden informieren wollen, bietet das Lanuv im Internet.