Ingo Pfennings ist seit fünf Jahren Chef im Schleidener Rathaus. Er will das über 2025 hinaus bleiben. Wer soll CDU-Landratskandidat werden?
Wahl 2025Ingo Pfennings will in Schleiden bleiben und nicht Landrat werden
Als „Katastrophen-Bürgermeister“ könnte Ingo Pfennings in die Geschichte der Stadt Schleiden eingehen. Erst die Brandserie mit dem Millionen-Schaden am Sturmius-Gymnasium, dann Corona, dann die Flut: Pfennings ist seit fünf Jahren Chef im Rathaus und nahezu durchgehend als Krisenmanager gefragt.
2025 – will Ingo Pfennings in Schleiden bleiben oder gehen?
Knapp zwei Jahre sind es noch bis zur Kommunalwahl. Doch Personalspekulationen werden spätestens seit Anfang des Jahres angestellt, seitdem Pfennings auch CDU-Kreisvorsitzender ist. Damit hat er, den politischen Gepflogenheiten entsprechend, qua Amt das erste Zugriffsrecht auf Kandidaturen. Fürs Kreishaus? Düsseldorf? Berlin? Nein. Nein. Und nein.
„Ich will mich 2025 in Schleiden wieder zur Wahl stellen.“ Das sagt Pfennings in diesem Dezember. Das Hintertürchen lässt er aber einen kleinen Spalt offen, wenn er anfügt: „Solange nichts Außergewöhnliches passiert – wovon ich aber nicht ausgehe.“
Warum will der Bürgermeister in Schleiden bleiben?
Auch wenn er sich selbst nicht gerade als Romantiker bezeichnet, ist das mit Pfennings und den Menschen in der Stadt doch eine ziemlich emotionale Sache, spätestens seit der Flut. „Ich kann hier nicht weg“, sagt Pfennings. Damit meint er nicht, dass kein anderer den Job machen könnte. Vielmehr sei es nicht sein Stil, Dinge abzubrechen.
Der Weg in Schleiden sei noch nicht beendet. Beim Wiederaufbau noch lange nicht. Und diese Entscheidung treffe er nicht nur für sich, sondern auch für rund 100 Mitarbeiter im Rathaus, für etwa 13.500 Bürger und für den Stadtrat, mit dem er sehr vertrauensvoll zusammenarbeite. Schön seien da wertschätzende Kommentare aus der Bevölkerung.
Heißt das also „Für immer Schleiden“? Wohl kaum. Zwei, drei Legislaturperioden wolle er machen – das habe er bereits vor fünf Jahren gesagt. „Aber ich will nicht 20 Jahre Bürgermeister sein.“ Eine Einführung von Maximal-Dienstzeiten hält Pfennings bei derartigen Ämtern für sinnvoll: „Häufig hat man bei Langgedienten das Gefühl, dass sie beratungsresistent werden.“
Könnte sich die Lage im Jahr 2030 ändern?
Wäre nach der zweiten Wahlperiode in Schleiden die Zeit reif für einen Wechsel? Das ist wirklich noch viel zu weit weg. Stattdessen gibt's grundsätzliche Überlegungen. „Ich kann jederzeit zurück in die Wirtschaft“, sagt Pfennings mit Blick auf seine Abschlüsse und Berufserfahrung. „Was im überregionalen Polit-Betrieb wahrlich nicht jeder von sich behaupten kann. Und was nicht unbedingt gut ist.“
Zwei Herzen schlagen schon in Ingo Pfennings' Brust. „Wenn ich sehe, was in Berlin passiert, kann man oft nur fassungslos mit dem Kopf schütteln.“ Da erscheine es schon mal reizvoll, dort mit Erfahrungen aus der Praxis hinzugehen: „In Bund und Land sind zu viele, die Dinge nur aus der Theorie kennen. Oft ist nicht durchdacht, was Entscheidungen vor Ort bedeuten.“
In den hinteren Abgeordneten-Reihen sind große Veränderungen aber kaum anzuschieben. Und die nicht ganz ernst gemeinte Frage nach dem Kanzleramt? „Puh! Wird man glücklich in dem Job? Wenn man nicht sagen kann, was man wirklich denkt?“
Was findet Ingo Pfennings so toll an seinem Beruf?
„Man setzt sich für Dinge ein, die dann auch passieren. Es ist Realpolitik in sehr pragmatischer Weise“, sagt Pfennings über den Job als Bürgermeister. Es gebe kaum eine Position, in der man stärker mit Menschen und Problemen konfrontiert werde – und positiv Einfluss nehmen könne, selbst wenn es „nur“ durch Vermittlung sei, weil man selbst nicht zuständig sei.
Die Arbeit mit der Rathaus-Crew nennt er ebenfalls: Wie die Mitarbeiter sich in all den Krisen aufopferten, um die Aufgaben zu bewältigen, für die das Team eigentlich zu klein sei. Oder wie sie ihm nach seinem Amtsantritt als Verwaltungsneuling geholfen und Sicherheit gegeben haben.
Und natürlich die Kombination mit Marcel Wolter, dem Beigeordneten: „Wir arbeiten in unterschiedlichen Themen, aber denken ähnlich. Mit seiner Kompetenz gibt er den nötigen Rückhalt.“ Er bevorzuge es, wenn einer in der Verwaltungsspitze „aus einer anderen Welt kommt“. Man könne sich nur gegenseitig guttun. Und: „Wenn jemand wie ich lieber machen statt überlegen möchte, verweisen die Verwaltungsexperten auf Dinge wie Verträge, Verordnungen, Versicherungen – am Ende findet man den idealen Mittelweg.“
Das Parteibuch spiele übrigens eine untergeordnete Rolle. Wichtig könne es beim Nutzen von Netzwerken sein. Aber sonst? „Man kann mit Parteidoktrinen auch auf der untersten Ebene rumlaufen. Dann kommt man aber nicht weiter.“
Die Bürokratie nervt den Bürgermeister am meisten
24/7 im Einsatz zu sein, kann belastend sein. Der Bekanntheitsgrad kann Fluch und Segen sein. Und die Bürokratie: „Das ist ganz furchtbar!“ Beim Kreis gehe es ja noch, doch danach – also bei Bezirksregierung, bei Land und Bund – werde es immer schlimmer.
Damit meint Pfennings lange Entscheidungswege und das Zurückschrecken vor Entscheidungen. Die Flut nennt er als Beispiel: „Überall da, wo die Leute den Hintern in der Hose hatten und entschieden haben, hat es funktioniert.“ Den deutschen Staat hält er für überreguliert.
Wie könnte Bürokratie abgebaut werden? Statt Hunderter Förderprogramme wünscht Pfennings sich Pauschalen für verschiedene Themen – Bildung oder Jugend etwa – plus Sondertöpfe, aus denen Mittel für besondere und teure Projekte beantragt werden können. Auch hier nennt er mit der Soforthilfe NRW ein Flut-Beispiel: „Das war ein Top-Instrument. Es gab schnell viel Geld, das ohne Restriktionen für verschiedene Bereiche eingesetzt werden konnte.“
Bedrohungen der Mitarbeiter und der raue Ton bereiten Sorgen
Die Krisen haben den Ton rauer werden lassen. Einmal habe er, wenige Tage nach seinem Amtsantritt, eine Morddrohung erhalten. Die habe von einem psychisch kranken Mann gestammt und sei recht einfach einzuordnen gewesen. Was das angehe, sei die Eifel doch noch die Insel der Glückseligen.
„Ein rotes Tuch sind für mich Unverschämtheiten und Beleidigungen gegen die Belegschaft. Das ist schlimmer geworden“, sagt Pfennings: „Sprüche im Bürgerbüro wie ‚Muss ich mit dem Messer wiederkommen?‘.“ Im Oktober habe er zum ersten Mal einen Mann des Rathauses verweisen und persönlich zur Tür geleiten müssen.
Dies, die wachsende Politikverdrossenheit und die Nachwuchssorgen der Parteien lassen ihn besorgt auf die übernächste Kommunalwahl 2030 schauen: „Wo sollen wir dann all die Kandidaten herbekommen?“ Die wichtige Alterskategorie der 30- bis 50-Jährigen fehle schon jetzt.
Ist eine kommunale Neugliederung die Ultima Ratio?
Immer mehr Aufgaben für die Verwaltungen, die immer mehr Spezialkenntnisse erfordern. Die gleiche oder eine geringere Mitarbeiterzahl. Plus Fachkräftemangel, der auch vor den Rathäusern nicht Halt macht. Die Gleichung gehe, so Pfennings, auf Dauer nicht mehr auf.
Lösung A: Mehr Geld für mehr Personal. Wenn's das nicht gibt, Lösung B: Eine noch deutlich stärkere Zusammenarbeit der Kommunen, die ohnehin schon in vielen Bereichen praktiziert wird. Und wenn das auch nicht reicht, Lösung C: Fusionen.
Ob es tatsächlich die Ultima Ratio einer Neugliederung sein soll oder vielleicht eine große Verwaltung mit mehreren Standorten? Wer mit wem und wie? Für Pfennings ist das alles offen: „Wir müssen jedes Szenario unemotional denken, um für die nächsten 10 bis 20 Jahre betriebsfähig zu sein.“ Kirchturmdenken sei da kein guter Ratgeber – jedoch sei es wichtig, dass die Wege für die Bürger kurz bleiben.
Was muss im Schleidener Rathaus wirklich weg?
„Die Stadt Schleiden ist noch sparsamer, als ich dachte.“ Das, so Pfennings, habe ihm Gregor Micus, von 1991 bis 1996 Stadtdirektor in Schleiden, zum Amtsantritt geschrieben. Er hat ein Foto von Pfennings in seinem „neuen“ Büro gesehen, dessen Einrichtung er noch bestens kennt.
Wirklich schön findet auch Pfennings das Interieur nicht, das er als „Kinderzimmermöbel“ bezeichnet: Weder repräsentativ noch schick und darüber hinaus unpraktisch. Auch wenn er es gerne vor fünf Jahren ausgetauscht hätte, Priorität hat das nicht erhalten. Doch nun ist's so weit, fast jedenfalls. Der Entschluss steht. Bestellt wird auch – wenn nicht wieder irgendetwas dazwischenkommt.
CDU will 2025 eigenen Landratskandidaten stellen
„Wir werden 2025 einen geeigneten Kandidaten für den Landratsposten stellen“, sagt Ingo Pfennings. Der ist nicht nur seit fünf Jahren Bürgermeister in Schleiden, sondern seit Februar auch Vorsitzender der Kreis-CDU. Er habe aktuell weder eine Kandidatin noch einen Kandidaten im Blick. „Wir wollen da möglichst breit rangehen, weil wir uns wirklich gar nichts verschließen wollen“, sagt Pfennings im Gespräch mit dieser Zeitung.
Es sei aktuell nicht so, dass man beispielsweise fünf Kandidaten für das Amt des Landrats im Blick habe. „Wir werden natürlich im geschäftsführenden Vorstand schon mal Gespräche führen. Allein schon, um ausschließen zu können, dass jemand sich nicht gefragt fühlt“, sagt der Kreis-CDU-Chef. Natürlich könne jeder, der sich für den Posten berufen fühle, sich beim Kreisvorstand der Christdemokraten melden.
„Die Voraussetzung sollte aber schon sein, dass er qualitativ ein Kreishaus mit dieser Anzahl an Mitarbeitenden leiten kann, mit allen Herausforderungen, die auf den Kreis Euskirchen zukommen. Es ist ja nicht so, dass der Job einfach ist“, so Pfennings.
Der Wahlkampf werde „extrem herausfordernd“ – unabhängig davon, ob der amtierende Landrat Markus Ramers (SPD) wieder antrete oder nicht. „Markus hat es sehr gut geschafft, sich als Bürger-Landrat zu präsentieren. Deswegen wollen wir keine Kritik an der Person üben, sondern vielmehr über eigene Inhalte kommen und dabei klar für eine Abgrenzung zwischen der CDU und den anderen Parteien sorgen“, so der Schleidener Bürgermeister im Gespräch. (tom)